Die jüngsten Zahlen der Swiss sind für die Passagiere eine gute Nachricht – mit einem Aber.
Fliegen kann, zumindest in der Economy-Klasse, etwas Entwürdigendes haben. Man verbringt Stunden eingezwängt im Sitz, kann die Beine kaum nach links und nach rechts bewegen, und wehe dem, der beim Essen das Messer auf den Boden fallen lässt. Um es sich wieder zu holen, fehlt schlicht der Platz.
Aber Fliegen bedeutet eben auch: Ferien, frei sein, die Welt erleben. Und weil das vielen Menschen in der Pandemie fehlte, waren sie danach bereit, viel Geld für ihre Reisen zu bezahlen. Die Fluggesellschaften haben davon profitiert, ihre Buchhaltungen waren im vergangenen Jahr voller Rekordzahlen.
Damit ist es vorbei, wie die Zahlen der Swiss zeigen. Die Fluggesellschaft hat im ersten Halbjahr einen Gewinn von 264,2 Millionen Franken erwirtschaftet, das sind 22 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Swiss-Finanzchef Dennis Weber sprach an der Präsentation der Zahlen am Mittwoch denn auch wenig euphorisch von einem «soliden Ergebnis».
Mit der Nachfrage lässt sich der tiefere Gewinn nicht erklären, die ist weiterhin am Steigen. 8,5 Millionen Menschen flogen im ersten Halbjahr mit der Swiss, das entspricht einer Zunahme von 12 Prozent. Auch der Umsatz ist um 5,5 Prozent gestiegen und liegt nun bei 2,7 Milliarden Franken. Swiss-Finanzchef Weber sagt: «Die Lust am Reisen ist weiterhin sehr gross.»
Was sich verändert hat, ist das Angebot. Die Zeiten sind vorbei, in der die Airlines viel höhere Ticketpreise verlangen konnten, weil die Nachfrage der Reisehungrigen das Angebot an Sitzplätzen stark übertroffen hat. Nun spielt der Wettbewerb zwischen den Fluggesellschaften wieder, und die Preissetzungsmacht der Airlines nimmt ab. Fliegen ist also wieder günstiger geworden. In Webers Worten: «Was auf die Preise drückt, ist der deutlich verschärfte Wettbewerb.»
Lufthansa und Ryanair stärker unter Druck
Andere Fluggesellschaften spüren das noch mehr. Bei Lufthansa, dem Mutterkonzern der Swiss, hat sich der Gewinn im Vergleich zur Vorjahresperiode fast halbiert. Vor allem in Richtung Asien seien wegen wachsender Kapazitäten der chinesischen Airlines die Preise unter Druck, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.
Ähnlich stark hat es Ryanair getroffen, wie die britische Billigfluggesellschaft vergangene Woche mitteilte. Ihr Reingewinn ist im zweiten Quartal um 46 Prozent auf 360 Millionen Euro gesunken. Der Grund dafür sei unter anderem, dass man die Ticketpreise um durchschnittlich 15 Prozent habe senken müssen, schrieb Ryanair.
Die Swiss hat ihre Preise laut Finanzchef Weber hingegen nur um durchschnittlich 4 Prozent gesenkt, wobei es grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Kategorien gebe. Insgesamt würden die Preise immer noch einen zweistelligen Prozentsatz über dem Niveau von 2019 liegen, sagt Weber.
Die fetten Jahre sind vorbei
Den jüngsten Entwicklungen vorangegangen ist eine Zeit, die manche Beobachter als «die fetten Jahre der Luftfahrt» bezeichnet haben. Laut der Iata, dem weltweiten Dachverband für Airlines, lag der Flugverkehr im vergangenen Jahr bei 95 Prozent des Niveaus vor der Pandemie. Die Airlines waren von der hohen Nachfrage überrascht und konnten ihre Kapazitäten nicht schnell genug ausbauen. Höhere Preise waren die Folge.
Preisüberwacher kritisierten die Preispolitik der Fluggesellschaften: Die Preise seien intransparent, hiess es, und es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Airlines solche Situationen ausnutzten und die Kapazitäten bewusst gering hielten, um höhere Preise zu verlangen. Die Swiss hatte das stets verneint. Dann flog sie den höchsten Gewinn in ihrer Geschichte ein.
Emissionszertifikate treiben Preise hoch
Diese «fetten Jahre» sind nun vorbei. Es muss aber auch gesagt werden, dass für den tieferen Gewinn nicht alleine die Preissenkungen verantwortlich sind. Laut Finanzchef Weber spielen auch höhere Personalkosten sowie höhere Gebühren für die Wartung der Flotte eine Rolle. Zudem würden geopolitische Entwicklungen ebenso wie extreme Wetterlagen den Flugbetrieb beeinflussen. Die Swiss sei dann gezwungen, ihre Kapazitäten zu reduzieren. Derzeit heben 66 Prozent ihrer Flüge pünktlich ab.
Wer in die Ferien fliegen will, sollte mit Blick auf die jüngsten Zahlen am besten bald buchen. Weber geht davon aus, dass die Ticketpreise der Swiss bald wieder steigen werden.
Grund dafür seien höhere Kosten zugunsten der Umwelt. Die Swiss muss ab nächstem Jahr dem herkömmlichen Kerosin nachhaltigen Treibstoff beimischen. Dieser kostet laut Weber mindestens drei Mal so viel. Ausserdem müssen ab dem Jahr 2027 alle Airlines entsprechend ihrer Emissionen sogenannte Emissionszertifikate kaufen.
«Das Fliegen wird in Zukunft teurer werden», sagt Weber. Was das bedeutet, zeigt sich spätestens bei der nächsten Ferienplanung.