Im August entscheiden die katarischen Besitzer, wie es mit dem «Waldhotel», das zum Bürgenstock-Resort gehört, weitergeht. Auf dem Spiel stehen auch Reha-Plätze für Allgemeinversicherte.
Auf dem Bürgenstock hoch über dem Vierwaldstättersee suchen Gäste die totale Erholung. Sei es im luxuriösen Spa, in einem der zahlreichen Restaurants oder schlicht beim Geniessen der grossartigen Aussicht.
Doch das Resort selber erlebt einen aufgeregten Sommer. Die Luxus-Tourismusanlage bekam am 1. April einen neuen Chef, der auch wieder Schweizerdeutsch versteht. Die Ukraine-Friedenskonferenz Mitte Juni katapultierte den Bürgenstock in die Weltmedien. Und im August steht im «Waldhotel» auch noch ein Neuanfang an.
«Waldhotel»? Wem der Name nichts sagt, muss sich nicht hinterfragen. Es ist quasi der kleine Bruder der berühmten Bürgenstock-Hotels und deshalb weniger bekannt. Zwar liegt es etwas unterhalb des Gipfels, und Seeblick bietet es auch keinen. Doch in Sachen Luxus hat es dennoch einiges zu bieten. Die grösste Suite ist 151 Quadratmeter gross. Entworfen wurde das Hotel vom italienischen Stararchitekten Matteo Thun, und es verfügt über einen riesigen Spa-Bereich. Die Besonderheit des «Waldhotels»: Es hat – beziehungsweise hatte – nicht einfach Hotelgäste, sondern Patienten im Visier.
Das «Waldhotel» verfügt über hochwertige und moderne medizinische Einrichtungen für Wellness, allerlei Untersuchungen und Behandlungen. 2017 eröffnet, beherbergte es von Anfang an auch allgemein versicherte Reha-Patienten des Kantons Nidwalden. Der Kanton mit rund 45 000 Einwohnern verfügt zwar über ein Spital, welches aber keine Rehabilitationen anbietet.
Das «Waldhotel» bewarb sich deshalb darum, auf die Spitalliste des Kantons zu kommen. Eine Win-win-Situation: Das Bürgenstock-Management sicherte sich eine Grundauslastung seines neuen Spitalhotels, und die Nidwaldner Bevölkerung hatte plötzlich luxuriöse Reha-Plätze zum Krankenkassentarif vor der Haustür.
Von den 160 Zimmern sind 23 ausgestattet wie in einem Spital. Gebaut wurde das Hotel bewusst so, dass sich Patienten und normale Feriengäste nicht in die Quere kommen. Denn der Anblick von verarzteten oder gebrechlichen Personen wollte man der Fünfsterneklientel möglichst ersparen.
Doch ob Gesundheit auf dem Bürgenstock noch eine Zukunft hat, ist unsicher. Chris Franzen, seit April Chef auf dem Bürgenstock, bestätigt: «Das ‹Waldhotel› ist ein relativ grosses Hotel. Nun wollen wir seine Rolle auf dem Bürgenstock neu definieren. Das ist eine spannende Ausgangslage.»
Das neue Management unter Franzen ist daran, ein Konzept für das «Waldhotel» auszuarbeiten. Es liegen alle Optionen auf dem Tisch: etwa ein Rückbau der medizinischen Anlagen, um aus dem Haus entweder ein konventionelles oder auch ein Konferenzhotel zu machen. Das wäre allerdings mit einem grossen Abschreiber verbunden. Denn die Investitionen in die medizinischen Einrichtungen gingen in die Millionen.
«Wir sind Hoteliers»
Oder aber: weiterhin Gesundheitsleistungen anbieten, aber mit einem anderen Profil als bisher. «Wir sind Hoteliers. Wenn wir die medizinischen Leistungen auf dem Bürgenstock weiter anbieten wollen, dann mit einem Partner», sagt der Bürgenstock-Direktor Franzen. Gegenwärtig befinde man sich in Verhandlungen, um zu schauen, ob jemand interessiert sei.
Dabei ist das «Waldhotel» derzeit gut gefüllt. Es verzeichnet eine Auslastung von 80 Prozent – dies allerdings dank «normalen» Hotelgästen. Wenn auf dem Bürgenstock Grossevents wie Konferenzen oder luxuriöse Hochzeiten stattfinden, dann ist man froh um die zusätzlichen Zimmer. Das «Waldhotel» lässt sich zudem wie ein ganz normales Hotel buchen. Die Tarife sind günstiger als im Fünfsterne-Superior-Haus weiter oben.
Aber: Dafür wurde das «Waldhotel» nicht gebaut. Sondern für hochwertige Gesundheitsdienstleistungen in einem naturnahen Ambiente. Klassische Patienten sind jedoch fast keine mehr vor Ort. Nur noch ein paar langjährige Stammgäste werden medizinisch betreut. Mit der Luzerner Professorin ist Verena Briner immer noch eine Spitzenmedizinerin auf der Lohnliste. Viel zu tun hat sie nicht mehr. Wie konnte es so weit kommen?
«Wir müssen ehrlich zu uns selber sein: Wir waren zu unerfahren in diesem Bereich», sagt German Grüniger, Implenia-Kader sowie Verwaltungsrat des Bürgenstock-Resorts. Das Gesundheitswesen sei ein ganz anderer Markt als das Gastgewerbe. «Dazu kam die Pandemie, die uns beim Aufbau des Health-and-Medical-Geschäfts auch nicht geholfen hat.» Vergangenes Jahr habe man deshalb damit begonnen, den Gesundheitsbereich herunterzufahren, sagt Grüniger.
Er möchte eigentlich weiterhin auf Medizin und Wohlbefinden setzen. Das Bürgenstock-Resort baue auf fünf Pfeilern auf: Hotellerie (vier und fünf Sterne), Tagestouristen, Meetings und Konferenzen, Ferienresidenzen sowie eben Medical, sagt Grüniger. Gerade die letzten drei Bereiche helfen mit, die über sechzig Hektaren grosse Anlage auch in den Nebensaisons mit Besuchern zu versorgen.
Reha-Plätze auf der Kippe
Doch wie auch immer die Zukunft des Waldhauses aussieht: Die Reha-Plätze von Nidwalden stehen auf der Kippe. Schon seit letztem Jahr werden keine allgemein versicherten Reha-Patienten mehr aufgenommen, was im Kanton für Diskussionen sorgt. Fallen die Reha-Plätze auf dem Bürgenstock weg, muss sich der Kanton um neue Lösungen in anderen Kantonen bemühen. Der Nidwaldner Bevölkerung drohen dann unter Umständen lange Wege.
«Der Kanton Nidwalden ist interessiert daran, dass auf dem Bürgenstock eine gut geführte Rehaklinik besteht, in welcher die regionale Bevölkerung in die Rehabilitation gehen kann», teilt der Kanton mit. Man befinde sich im Austausch mit den Verantwortlichen des Bürgenstock-Resorts. Bis Ende Jahr wolle man wissen, wie es weitergehe.
Nur: Der Kanton ist wahrscheinlich mehr auf die Betten angewiesen als das Bürgenstock-Resort auf die Nidwaldner Patienten. Denn dass sich zur Not das Waldhaus auch mit anderen Besuchern füllen lässt, zeigt die momentane Auslastung. Zudem brachte der Umstand, dass man auf der Spitalliste des Kantons steht, regelmässig politische und mediale Aufmerksamkeit mit sich, welche auf dem Bürgenstock nicht besonders geschätzt wird. Das Luxusresort beherbergt weltberühmte und sehr vermögende Gäste. Diese suchen die Diskretion.
Der Bürgenstock-Verwaltungsrat German Grüniger verspricht: «Ende August werden wir mehr wissen, damit wir auch den Kanton Nidwalden darüber informieren können, wie es mit den Reha-Plätzen weitergeht.» Der Entscheid liege bei den Eigentümern.
Gemeint ist Katara Hospitality, die weltweit agierende Hotelentwicklungsfirma, welche vom katarischen Staat kontrolliert wird. Ihr gehören in der Schweiz auch noch der Schweizerhof in Bern sowie das Savoy in Lausanne. Die Gruppe hat rund eine Milliarde Franken in den Bürgenstock investiert und ist daran interessiert, das «Waldhotel» finanziell wieder zum Laufen zu bringen. Ob nun als Hotel oder als luxuriöses Gesundheitszentrum, wird sich diesen Sommer weisen.
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