An der Ernennung des neuen Geschäftsleiters der Filmstiftung ist dessen Geschäftspartner Kaspar Winkler beteiligt. Das führt im Stiftungsrat zu Streit.
Der Stiftungsrat der Zürcher Filmstiftung hat bei der Ernennung ihres neuen Geschäftsführers Hercli Bundi grobe Fehler gemacht. Das berichten die Tamedia-Zeitungen am Freitag unter Berufung auf eine interne Notiz der Filmstiftung, die auch der NZZ vorliegt.
Mit einem Budget von 13 Millionen Franken ist die Zürcher Filmstiftung eine der grössten Filmförderinnen der Schweiz. Sie unterstützte die Serie «Davos 1917», die Kinofilme «Bon Schuur Ticino» oder «Platzspitzbaby». Finanziert wird sie vom Kanton Zürich und von der Stadt, dazu kommt Geld aus dem kantonalen Finanzausgleich. An der Spitze der Stiftung: Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) als Präsidentin und Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP) als Vizepräsidentin.
Der erste Fehler des Stiftungsrats: Er entzog dem Filmproduzenten und Stiftungsrat Kaspar Winkler sein Stimmrecht bei der Ernennung des Geschäftsführers Hercli Bundi nicht, obwohl Winkler befangen ist. Winkler und Bundi arbeiten zusammen, seit zehn Jahren sind sie beim Filmverleiher Vinca Film neben anderen Produzenten Geschäftspartner. Trotzdem entschied Winkler über Bundis Berufung.
Der zweite Fehler des Stiftungsrats: Bundis Ernennung delegierte er an eine Findungskommission. Deren Mitglieder sind die Präsidentin Corine Mauch, die HR-Verantwortliche Heidi Burch und der befangene Kaspar Winkler. Normalerweise dürften die drei nur empfehlen. Diesmal trägt der Stiftungsrat ihnen auf, den Geschäftsführer gleich selbst zu ernennen.
Beide Fehler – Winklers Befangenheit und das Delegieren der Ernennung an die Findungskommission – stellte der Stiftungsrat schon im Juni fest, vier Monate bevor der neue Geschäftsführer seine Stelle antrat. Das zeigt die interne Notiz zu einer Diskussion während dieser Sitzung.
An der Sitzung waren auch Corine Mauch und Jacqueline Fehr. Beide griffen nicht ein, hiessen das Vorgehen gar gut. In der Notiz steht: Jacqueline Fehr «fühlt sich weiterhin wohl mit dem Verfahren».
Winkler «hätte in den Ausstand treten müssen»
Andere Stiftungsräte störte das Auswahlverfahren schon im Juni, auch das steht in der Notiz. Die Juristin Annatina Menn sagte, dass Kommissionen des Stiftungsrats nur empfehlen dürften, das schreibe das Geschäftsreglement vor. Dort steht: «Soweit nicht anders bestimmt, sind die Ausschüsse vorberatend tätig.»
Bei der Auswahl Bundis sei gegen diese Regel verstossen worden, sagte Menn in der Notiz. Der Stiftungsrat habe der Findungskommission aufgetragen, einen Geschäftsführer zu ernennen.
Bundi wurde also nur von den Stiftungsräten der Kommission ernannt, von Mauch, Burch und Winkler. Eine der drei Stimmen, die zwischen Bundi und seinem letzten Konkurrenten entschieden, hatte einen Interessenkonflikt.
Im Geschäftsreglement der Filmstiftung steht: «Alle Mitglieder sind verpflichtet, unaufgefordert in den Ausstand zu treten.» Dies sei der Fall, «wenn Geschäfte behandelt werden, die ihre eigenen Interessen oder die Interessen von ihnen nahestehenden [. . .] Personen berühren». Menn sagt deshalb in der Notiz, Winkler «hätte nicht in der Findungskommission bleiben dürfen».
Gegenüber dieser Zeitung richten Fehr und Mauch gemeinsam aus, dass Kaspar Winklers Expertise für Bundis Ernennungsprozess wichtig und ein Ausstand nicht angezeigt gewesen sei. Ausserdem sei Hercli Bundi einstimmig ernannt worden. Kaspar Winklers Stimme habe also nicht entschieden.
Die Beziehung zwischen Bundi und Winkler sei im Bewerbungsverfahren angemessen geprüft worden, sagte Fehr bei der Diskussion im Juni laut der Notiz. Bundi könne «reflektiert den erforderlichen Abstand wahren», habe man im Verfahren festgestellt.
Corine Mauch sagte in der Sitzung vom Juni, dass sich Kaspar Winkler im Bewerbungsverfahren «korrekt verhalten» habe. Gegenüber dieser Zeitung bestätigen Fehr und Mauch diese Aussage. Die HR-Verantwortliche Burch hingegen sagte den Tamedia-Zeitungen, Winkler habe sich während Bundis Bewerbungsgesprächen durchaus beteiligt.
Stiftungsrat erfährt erst nach Ernennung von Befangenheit
Auch der Stiftungsrat Ernst Wohlwend kritisiert das Verfahren. Ihn stört an der Sitzung im Juni, dass der gesamte Stiftungsrat erst nach Bundis Berufung erfahren habe, dass Kaspar Winkler befangen war. Winkler habe seine Beziehung zu Bundi zwar per E-Mail gegenüber der HR-Verantwortlichen Heidi Burch und der damaligen Leiterin der kantonalen Kulturfachstelle, Madeleine Herzog, offengelegt. Der ganze Stiftungsrat habe aber erst nach Bundis Ernennung davon erfahren.
Hätte er von der Verbandelung gewusst, sagt Wohlwend, hätte er sich im Verfahren anders verhalten.
In der Medienmitteilung, in der über Bundis Ernennung informiert wurde, stand, dass der ganze Stiftungsrat diese Entscheidung getroffen habe. Wohlwend sagt, dass schon dort hätte mitgeteilt werden sollen, dass nur die Findungskommission Bundi ernannt hat. «In einer Krisenkommunikation», sagt Wohlwend, solle man «nah an der Wahrheit bleiben und die Fakten nicht verschleiern».
Trotz der Kritik von Wohlwend und Menn beschloss der neunköpfige Stiftungsrat Bundis Ernennung. Der Stiftungsrat entschied sich dagegen, die Stelle neu auszuschreiben.
Trotzdem räumt der Stiftungsrat Fehler ein. Deshalb soll bei künftigen Stellenbesetzungen «im Besonderen auf die Zusammensetzung der Ausschüsse» geachtet werden. Regierungsrätin Fehr und Stadträtin Mauch schreiben: «Der Stiftungsrat wird daraus lernen.»