Die Erhöhung der Wohneigentumsbesteuerung im Kanton Zürich wirft ein Licht auf die Saumseligkeit des Bundes.
Am nächsten Mittwoch versuchen die eidgenössischen Räte, eine Einigung über die Abschaffung des umstrittenen Eigenmietwerts zu erzielen. Just eine Woche vorher gab die Zürcher Regierung bekannt, wie diese Zahl im Kanton künftig berechnet wird. Die angekündigte Anhebung kann für Besitzerinnen und Besitzer eines Einfamilienhauses oder von Stockwerkeigentum die Steuerrechnung bis zu einem vierstelligen Betrag erhöhen.
Der Zeitpunkt ist kein Zufall und dem zuständigen Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP) nicht anzukreiden, im Gegenteil. Vielmehr will er damit ein Signal ins Bundeshaus schicken. 2019 sprach sich die Zürcher Regierung dafür aus, den Eigenmietwert abzuschaffen – und zwar konsequent, was auch richtig wäre: Indem gleichzeitig alle steuerlichen Abzüge wegfallen, die heute für Schuldzinsen, den Gebäudeunterhalt und Investitionen möglich sind.
Kaum verständlich
Seit nunmehr sieben Jahren ist die Bundespolitik unfähig, einen klaren Entscheid ohne Ausnahmeregelungen zu treffen. In der Hoffnung auf eine Lösung in Bern hatte es Stocker in Zürich nicht eilig mit der steuerlichen Neubewertung der Liegenschaften. Seit der letzten Anpassung 2009 sind die Immobilienpreise jedoch derart in die Höhe geschossen, dass heute kein rechtmässiger Zustand mehr besteht, wie Gerichte feststellten.
An der Neuberechnung der Wohneigentumsbesteuerung führt, auch wenn der Hauseigentümerverband eine Sistierung fordert, deshalb kein Weg vorbei. Neben dem Ärgernis Eigenmietwert geht es ebenso um den Steuerwert einer Liegenschaft. Selbstbewohntes Eigentum ist ein Teil des Vermögens und als solches zu versteuern. Das ist einsichtig und weitgehend unbestritten.
Problematisch ist, dass daraus ein zusätzliches Einkommen abgeleitet wird, eben der Eigenmietwert. Steuersystematisch wird dieser zwar, kombiniert mit der Möglichkeit für Abzüge, von Fachleuten als sachgerecht beurteilt. Doch die anstehende Neubewertung im Kanton Zürich zeigt, dass politische Gründe für eine Abschaffung sprechen.
So wird der Eigenmietwert schlicht nicht verstanden. Dass für das Eigenheim, für das jemand vielleicht lange gespart hat, ein steuerlicher Zuschlag auf das Einkommen fällig wird, ist schwer nachvollziehbar. Wenn nun wie in Zürich nach 15 Jahren auf einen Schlag eine happige Erhöhung folgt, ist das noch weniger der Fall.
Ausserdem setzt die heutige Besteuerung einen falschen Anreiz zur privaten Verschuldung. Mit den jährlich anfallenden Schuldzinsen lässt sich der Eigenmietwert ein Stück weit ausgleichen. Das senkt die Bereitschaft, die Belastung des Wohneigentums zu reduzieren. Besonders auf das Alter hin ist es alles andere als verkehrt, die Hypothek teilweise oder ganz abzuzahlen. Mit der Pensionierung sinkt das Einkommen, andere Abzüge als der Schuldzins fallen in der Steuererklärung weg. Nur der Eigenmietwert bleibt.
Regelmässige Anpassung
Der Zürcher Regierungsrat will Härtefälle abfedern. Eine solche Regelung gab es bis vor kurzem, sie wurde aber aufgrund von Gerichtsurteilen aufgegeben. Das hat auch Nebenwirkungen. Selbst wenn es relativ wenige Einzelfälle sind, entsteht noch mehr bürokratischer Aufwand, als die Berechnung des Eigenmietwerts ohnehin verursacht. Eigentlich sollte der Staat das Steuerwesen so regeln, dass gar keine Härtefälle entstehen. Das ist mit der heutigen Wohneigentumsbesteuerung kaum möglich.
Zwar besteht eine kleine Chance, dass des Bundesparlament den Eigenmietwert abschafft. Andernfalls sollte Zürich ihn wie andere Kantone in Zukunft periodisch anpassen, etwa alle fünf Jahre, und nicht wieder so lange warten. Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass die Immobilienpreise einmal sinken und sich eine Reduktion der Steuerwerte aufdrängt. Auf jeden Fall würde eine einzelne Erhöhung geringer ausfallen und wäre eher zu erklären, als das nun der Fall ist.