Der britische Erdölmulti strebte eine Pionierrolle in der Energiewende an – und ist damit gescheitert. Befördert hat den abrupten Strategiewechsel ein aktivistischer Hedge Funds aus den USA.
Vor fünf Jahren kündigte der britische Erdölriese BP einen markanten Strategiewechsel an. Der damalige BP-CEO Bernard Looney erklärte zur Verblüffung von Beobachtern und Marktteilnehmern, er wolle das Unternehmen «zu einer Kraft des Guten in einer klimaneutralen Welt» machen.
Konkret versprach Looney, Förderung von Kohlenwasserstoffen bis 2030 um 40 Prozent zu senken. Demgegenüber sollten die Investitionen in umweltfreundlichere Technologien von 500 Millionen auf 5 Milliarden Dollar verzehnfacht, und die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen von 2,5 auf 50 Gigawatt hochgefahren werden.
«Fundamentaler Reset»
Diese Woche nun vollzog BP erneut eine spektakuläre Kehrtwende. CEO Murray Auchincloss erklärte, er wolle die Investitionen in die Öl- und Gasförderung um rund 10 Milliarden Dollar aufstocken – mit dem Ziel, die Produktion bis 2030 auf 2,5 Millionen Fass pro Jahr zu erhöhen. Die Investitionen in erneuerbare Energieträger hingegen sollen plötzlich nicht mehr erhöht, sondern um 70 Prozent reduziert werden.
«Unser Optimismus in die Energie-Transition war unangebracht, und wir gingen zu schnell und zu weit», erklärte der seit rund einem Jahr amtierende Auchincloss. «Öl und Gas werden noch mehrere Jahrzehnte lang notwendig sein.»
Der abrupte Strategiewechsel hat mehrere Gründe. So wurde Auchincloss› Vorgänger Looney vor rund einem Jahr wegen problematischer Liebesaffären am Arbeitsplatz abgesetzt. Auchincloss hatte zwar als Looneys Finanzchef gedient, doch verkörperte er die grüne Strategie weniger stark als sein Ziehvater. Dass ökologische und gesellschaftliche Nachhaltigkeit seit der Wahl von Donald Trump generell nicht mehr in Mode ist, dürfte den Entscheid aus PR-Sicht zusätzlich erleichtert haben.
Unzufriedene Aktionäre
Hauptgrund für den Sinneswandel ist aber die Unzufriedenheit der Investoren, die immer weniger an die grüne Strategie glaubten. In den letzten Jahren lag die Performance der BP-Aktien deutlich unter jener der Konkurrenten Shell, Exxon Mobil oder Chevron. Allein im letzten Jahr brach der Wert der BP-Aktie um 16 Prozent ein.
Den Todesstoss versetzte der grünen BP-Strategie der aktivistische Hedge Funds Elliot aus den USA. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass der Investor fünf Prozent der BP-Aktien erworben hatte. Sogleich forderte der Elliot von der Unternehmensführung eine markante Abkehr von der grünen Strategie.
Elliot ist bekannt für sein unzimperliches Vorgehen und für Druckversuche gegen Firmen, an denen sich der Hedge Funds beteiligt. In der Vergangenheit setzten die Amerikaner beispielsweise auch den deutschen Mittelständler Scout 24, Bayer oder ThyssenKrupp massiv unter Druck.
Auchincloss erklärte, BP werde die hohen Kosten senken und bis Ende 2027 Vermögenswerte im Wert von rund 20 Milliarden Dollar verkaufen, um die hohen Schulden abzubauen. Abstossen könnte die Firma ganze Unternehmensteile sowie Teile des Tankstellennetzes oder der Infrastruktur zur Ölproduktion.
Marktwert soll sich verdoppeln
In einem Interview mit der «Financial Times» zeigte sich Auchincloss zuversichtlich, dass der Marktwert des Unternehmens dank der strategischen Neuausrichtung steigen wird. Im Zuge der Pandemie war die Bewertung des Unternehmens eingebrochen. Zudem stiess BP nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine die Beteiligung von 20 Prozent am russischen Riesen Rosneft ab, was Abschreibungen von 25 Milliarden Dollar zur Folge hatte.
Heute beläuft sich der Marktwert von BP auf 89 Milliarden Dollar. Auchincloss erklärte, sein Ziel sei es, den Wert des Unternehmens in den nächsten fünf Jahren auf rund 200 Milliarden Dollar mehr als zu verdoppeln. So viel wert gewesen war der Erdölriese zuletzt vor der Explosion auf der Bohrinsel «Deepwater Horizon» im Golf von Mexiko, als BP für die Bewältigung der Schäden der verheerenden Ölkatastrophe Zahlungen von über 60 Milliarden Dollar leisten musste.
Während Analysten verhalten positiv auf die geplante Rückkehr zu fossilen Brennstoffen und die versprochenen Kostensenkungen reagierten, zeigten sich die Anleger von der neuen Strategie noch nicht überzeugt: Die BP-Aktie verlor nach den Ankündigungen von Auchincloss leicht an Wert.
Fraglich ist auch, ob der aktivistischen Hedge Funds Elliot den Optimismus der BP-Führung teilt. Wie Bloomberg mit Verweis auf informierte Quellen berichtet, sind die Amerikaner mit dem Strategiewechsel nicht restlos zufrieden. Daher könnten sie auf weitere Korrekturen oder auch auf personelle Veränderungen im Verwaltungsrat oder in der Unternehmensleitung drängen.