Die Super League bietet neben unterschiedlichen Vereinsmodellen derzeit auch querbeet volatile Leistungskurven. Beides unterlegt am Sonntag der Match zwischen dem FC Luzern und dem FC Basel in einer ausverkauften Arena.
Kevin Carlos ist ein Musterbeispiel für die Schweizer Fussballliga, die sich gleichzeitig als Ausbildnerin und Sprungbrett definiert. Der bald 24-jährige Spanier spielte zuerst auf Leihbasis, alsbald definitiv für den Kleinklub Yverdon, erzielte dort überdurchschnittlich viele Tore – und wechselte für über drei Millionen Franken zum FC Basel. Er erklomm die nächste Stufe, in der Hoffnung, später in einer grösseren Liga unterzukommen.
Der bullige Carlos ist einer der Gründe, weshalb sich die Basler, die in der letzten Saison Untiefen erreicht haben, stabilisiert haben. Der FC Basel hat plötzlich wieder Torschützen. Und als Folge davon die mit Abstand meisten Tore der Liga (56). Manchmal erklärt sich Fussball mit einfachster Statistik. Carlos hat bereits neun Mal getroffen. Wie Xherdan Shaqiri. Daran war vor einem Jahr nicht zu denken.
Traoré steht für die neue Basler Offensiv-Lust
Wenn Carlos abermals Präsenz und Verdrängung im Strafraum zeigt wie am Sonntag in der ersten Halbzeit in Luzern, aber den Ball nicht am jungen Luzerner Goalie Pascal Loretz vorbeibringt, übernimmt stattdessen der Ivoirer Bénie Traoré. Der 22-jährige Offensivspieler hat ebenfalls ein paar Millionen gekostet, weist ein bisschen Ligue-1- und noch weniger Premier-League-Erfahrung vor, kam vor allem in der schwedischen Liga zum Einsatz – und ist jetzt in Basel.
Er erzielt in Luzern mit seinem 7. Meisterschaftstor das 1:0 und versinnbildlicht neben Carlos und Shaqiri die neue Basler Offensiv-Lust. Diese vermag sich in der zweiten Halbzeit allerdings nicht wie erhofft zu entfalten. Am Ende müssen die Basler dem FC Luzern ein 1:1-Remis zugestehen. Shaqiri wird in der Pause wegen muskulärer Probleme im Oberschenkel ausgewechselt, später verlässt auch Traoré vorzeitig das Terrain.
Von ihm ist im zweiten Teil kein Torschuss mehr zu sehen, dafür aber ein mit den Füssen und dem Ball vollführter Zaubertrick. An der Grundlinie, im Strafraum und unmittelbar vor der gegnerischen Fankurve.
So etwas ist in der Super League selten zu sehen, bringt aber mit Ausnahme von heimlicher Ehrfurcht unter den gegnerischen Fans nichts. Der FC Basel verpasst es abermals, ein starkes Signal zu setzen. Er muss dem Widersacher in der Schlussphase das 1:1 zugestehen und findet sich deshalb nicht an der Spitze, sondern im schwammigen Spitzenbereich der Liga wieder.
Basel ist Schwankungen unterworfen
Noch immer ist viel möglich. Das ist das eine Fazit des Wochenendes. Und das andere: Man sollte Vorsicht walten lassen mit Bezeichnungen wie «Spitzenspiel» oder «Reifeprüfung». Auch der FC Basel ist zu labil, Licht wechselt sich mit Schatten ab. Der Trainer Fabio Celestini tut sich schwer mit Erklärungen und muss sich dagegen wehren, dass die Schwankungen ausschliesslich mit dem Rendement Shaqiris begründet werden.
Das Kräftemessen zwischen dem FC Luzern und dem FC Basel ist umkämpft und voller Energie, aber kein Augenschmaus und nicht von höchster Güteklasse. Trotz Shaqiri, trotz Traoré, trotz Carlos. Trotz willigen Luzernern, die nicht aufgeben und dafür belohnt werden. Sie können sich wieder einmal in einem ausverkauften Stadion (15 500) präsentieren, was in Anbetracht des überraschend sinkenden Publikumszuspruchs nicht unbedeutend ist.
Bisweilen wirken sie ungestüm, etwas gar wild und kopflos, legen aber den Beweis vor, dass sie mit dem grossen FC Basel mithalten können. Sie gehören zu den Überraschungen der Liga und gehen ihren Weg der Jugend kompromisslos weiter. «Alle im Stadion haben gesehen, dass Basel individuell stärker ist als wir», sagt der Luzern-Trainer Mario Frick danach, «wir funktionieren über das Herz, die Laufbereitschaft und die Organisation.»
Der FC Luzern ist der Klub der Jugend
Der FC Luzern lässt sich nicht mit Basel vergleichen, er kann nicht Carlos oder Traoré für ein paar Millionen verpflichten, er kann keine spekulative Trading-Organisation sein und nicht mit Transfermillionen um sich werfen. Er ist anders und führt auch in dieser Saison die U-21-Trophy der Super League an. Diese belohnt die Klubs, die am meisten einheimische Spieler einsetzen. In dieser wenig beachteten Kategorie ist der FC Luzern seit Jahren Schweizer Meister. Auch jetzt liegt er wieder unangefochten an der Tabellenspitze.
Der Goalie Loretz und eingesetzte Spieler wie Tyron Owusu, Levin Winkler, Bung Meng Freimann und die am Sonntag eingewechselten Lars Villiger und Severin Ottiger belegen die Zentralschweizer Jugendlichkeit eindrücklich. Dass die Richtung erfolgversprechend sein kann, zeigt sich am Tabellenrang. Und an den letzten zwei Transfererlösen, die für Luzerner Verhältnisse erheblich sind und das Klubdefizit vermindern.
Im Sommer wechselte Ardon Jashari für über fünf Millionen nach Brügge, wo er schnell zum Stammspieler wurde und in der Champions League unterwegs ist. Anfang Jahr siedelte Luca Jaquez für über sechs Millionen zum VfB Stuttgart über, wo er bis jetzt noch nicht zum Einsatz gekommen ist.
In der U-21-Trophy liegt Basel weit hinter Luzern. Dank Leon Avdullahu ist er im Mittelfeld klassiert. Er ist der einzige Spieler, der dem Basler Nachwuchs zeigt, dass die Türe gegen oben nicht ganz verschlossen ist. Für die jungen Luzerner sind dagegen gleich mehrere Türen sperrangelweit offen.
Resultate. Samstag: Yverdon – Winterthur 2:1 (1:1). Young Boys – Lausanne-Sport 3:0 (1:0). St. Gallen – Grasshoppers 3:1 (1:1). – Sonntag: Zürich – Servette 1:3 (0:2). Sion – Lugano 2:1 (1:1). Luzern – Basel 1:1 (0:1).
Rangliste. 1. Servette 48. 2. Basel 46. 3. Luzern 44. 4. Lugano 42. 5. Young Boys 40. 6. St. Gallen 39. 7. Zürich 39. 8. Lausanne-Sport 37. 9. Sion 33. 10. Yverdon 28. 11. Grasshoppers 26. 12. Winterthur 20.