Die Festtage verbringt man mit seinen Liebsten, und manchmal auch noch mit anderen Menschen. Will man die Stimmung am Tisch anheizen oder beruhigen, stellt man am besten eine dieser Fragen. Und im Zweifelsfall: Mehr Tiramisu, mehr Wein?
Was hast du von deiner Grossmutter über das Leben gelernt?
Die Frage ist garantiert kein Fettnäpfchen, denn alle lieben ihre Grossmutter und selbst die, die sie nicht lieben, haben etwas von ihr gelernt. Man taucht direkt ab in die Biografie des Gegenübers, zeigt Interesse und muss sich nicht langweilen – denn Familiengeschichten sind immer irgendwie berührend.
Rafaela Roth
Was ist das Kriminellste, was du je getan hast?
Schwarzfahren, beim Self-Checkout im Supermarkt das teure Bio-Weidebeef nicht scannen, auf den Strassen rasen oder Hotelgeschirr klauen? Meist liegen die Antworten auf diese Frage zeitlich weit zurück, aber aufschlussreich und unterhaltsam sind sie allemal. Erstaunlich ist, dass es oft niemanden am Tisch gibt, der noch nie kriminell war.
Ulrike Hug
Warum?
Fast alle haben diesen einen Onkel, der politisch so gar nicht auf derselben Linie ist. Statt zu streiten, besser Begründungen einfordern: Warum ist deiner Meinung nach der Klimawandel ein Märchen? Warum wird es Amerika unter Donald Trump besser gehen? Warum ist der Genderstern doof? Wichtig dabei: Geben Sie sich nicht Meinungen zufrieden, sondern verlangen Sie Argumente. So könnte das Gespräch sogar noch einigermassen spannend werden.
Lea Hagmann
Früher haben wir mehr gestritten an Weihnachten. Seit wann und vor allem warum sind wir eigentlich alle so brav und diplomatisch geworden?
Die ideale Frage, um Diskussionen anzuzetteln. Meine These: Streit ist gut, Ruhe ist ein Zeichen von Gleichgültigkeit.
Sacha Batthyany
Wenn du nicht wüsstest, wie alt du bist: Wie alt bist du?
Die Antwort sagt viel über einen Menschen aus; wie er sich fühlt, wie er sein Leben gestaltet, wie er ihm gegenüber eingestellt ist, wie selbstreflektiert er ist. Es geht auch oft um Sehnsucht, um Bereuen. Erfahrungsgemäss stimmt das «gefühlte Alter» selten überein mit dem tatsächlichen; die meisten der Befragten fühlen sich jünger, als sie tatsächlich sind, und erstaunlich wenig über 30.
Sonja Siegenthaler
Soll an der Volksschule eine Uniform eingeführt werden?
Oder andere Fragen, bei denen es bestimmt hoch hergehen wird: Frauenquote in Politik und Wirtschaft? Gesetzliche Mietzinsdeckelung? Stimm- und Wahlrecht für alle Steuerpflichtigen?
Patrizia Trebbi
Das Sprüngli-Café am Paradeplatz hat seine Identität verloren, nicht wahr?
Das neue Interieur des jüngst umgebauten Sprüngli-Cafés am Paradeplatz ist nun minimalistisch-edel, aber leider auch ziemlich auswechselbar. Dass man sich der schönen, alten Holztheke einfach entledigte, ist ein kleiner Skandal, war sie doch eine der schönsten Ecken zum Kaffeetrinken in ganz Zürich und gab dem Lokal seine Identität – zusammen mit den Goldspiegeln, den Kugelleuchtern, dem traditionellen Bistromobiliar und den Sitzbänken entlang der Fenster. Eben: Darüber kann man fast endlos sprechen. Genauso wie über den neuen Pizzaiolo im Dorf oder den kürzlich geschlossenen Kultkiosk.
Kim Dang
Welches war das beste Geschenk, das du je erhalten hast?
Diese Frage sorgt nicht nur für leuchtende Augen, sondern bringt garantiert Geschichten auf den Tisch, die man so noch nicht kannte. Ob es das selbstgestrickte Paar Socken von der Oma war, das erste eigene Fahrrad oder der überraschende Kurztrip nach Paris – solche Anekdoten sorgen für Herzlichkeit und lassen auch die ruhigeren Gesprächspartner glänzen. Perfekt, um das Eis zu brechen oder um ein Gespräch auf eine persönliche, schöne Note zu lenken. Sogar mit der Schwiegermutter.
Simone Lo Bartolo
Woher hast du dieses Paillettenkleid/diesen Samtblazer/diesen Ring?
Hat man mit entfernten Verwandten oder dieser einen Familienfreundin am Tisch so gar nichts zu besprechen, hilft immer ein Verweis aufs Outfit. Im schlimmsten Fall lautet die Antwort schlicht «aus irgendeiner Boutique» und man wendet sich wieder seinem Getränk zu. Aber im besten Fall gibt es eine Geschichte dazu von einem verrückten Ausverkauf oder einem verrückten Vorfahren. Oder zumindest von einem obskuren Trend aus den achtziger Jahren.
Jana Schibli
Und wie fühlst du dich damit?
Gleichzeitig eine Hand mitfühlend auf die des Gesprächspartners oder der Gesprächspartnerin legen. Das kann ernst gemeint sein, und es entwickelt sich ein schönes Gespräch. Oder es kann einfach dafür sorgen, dass das Gegenüber sehr viel redet, so dass man selbst nichts erzählen muss. Ein anderer möglicher Nebeneffekt, den man vielleicht begrüsst: Die Person wendet sich jemand weniger aufdringlichem zu.
Malena Ruder