Montag, September 30

Seit zehn Jahren fordern Kritiker, dass Flüge für Verwaltungsangestellte verboten werden. Jetzt handelt die Stadtregierung.

Die Stadt Zürich hat ambitionierte Klimaziele: Sie will bis 2040 völlig klimaneutral sein. Damit der Plan aufgeht, hat der Stadtrat zuletzt an die Privaten appelliert. Diese sollten insbesondere bei ihren Liegenschaften Massnahmen ergreifen und so ihren CO2-Fussabdruck verringern.

Nun nimmt der Stadtrat auch die eigene Verwaltung in die Pflicht. Weil diese schon bis 2035 klimaneutral sein soll, hat die Exekutive am Mittwoch eine Revision des Spesenreglementes ankündigt. Sie zielt darauf ab, die Zahl der Dienstreisen möglichst tief zu halten.

Wie der Stadtrat mitteilt, werden Dienstreisen künftig nur noch dann als Spesen vergütet, wenn «der Austausch nicht über digitale Kommunikationsmittel erfolgen kann». Das heisst konkret: Angestellte der Stadt sollen telefonieren und E-Mails schreiben, statt durch die Gegend zu fahren.

Sollte eine Dienstreise indes für «unbedingt notwendig» befunden werden, dann sind dafür die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Flugreisen müssen in allen Fällen bewilligt werden und sind bloss noch in der Economy-Class möglich. Bis dato wurden für Langstreckenflüge jeweils Sitze in der Business-Class gebucht.

Damit folgt der Stadtrat einer politischen Forderung, die in den vergangenen Jahren immer wieder und von unterschiedlichster Seite gestellt wurde.

600 000 Franken für Flugtickets – in einem Jahr

Dass die Änderung der städtischen Spesenbestimmungen in ökologischer Hinsicht grosses Potenzial hat, beweist ein Blick in die Statistik.

So buchten im Jahr 2013 Angehörige der Stadtverwaltung insgesamt 676 Flüge. Dabei handelte es sich in 219 Fällen um Kurzstrecken von weniger als 500 Kilometern Distanz. 360 Mal wurde eine Distanz zwischen 500 und 1000 Kilometer zurückgelegt. Knapp 100 Flüge gingen also zu Destinationen, die mehr als 1000 Kilometer von Zürich entfernt liegen. Dies ging damals aus der stadträtlichen Antwort auf eine Anfrage der Grünen hervor.

Diese Zahlen empörten die Grünen so sehr, dass sie 2014 einen Vorstoss im Stadtparlament einreichten. Die Forderung: Sämtliche Flüge bis 500 Kilometer sollten pauschal verboten, jene zwischen 500 und 1000 Kilometern «maximal eingeschränkt» werden.

Schon damals argumentierten Matthias Probst und Bernhard Piller, die den Vorstoss eingereicht hatten, mit den ambitionierten städtischen Klimazielen. Sie bezeichneten die Flugstatistik der öffentlichen Verwaltung als «inakzeptabel» und als inkompatibel mit den 2000-Watt-Plänen der Stadt.

Zudem machten die Gemeinderäte darauf aufmerksam, dass effizientes Arbeiten auch von unterwegs möglich ist: «Ein Sitzplatz im Zug ist heute auch ein Arbeitsplatz», schrieben sie. Das Gegenargument, dass Zugreisen länger dauerten als Flüge, wollten sie deshalb nicht gelten lassen.

Das Postulat von Matthias Probst und Bernhard Piller wurde zwar an den Stadtrat überwiesen, passiert ist danach allerdings nichts. Oder vielmehr: Die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung flogen sogar noch mehr. Bis 2018 stieg die Zahl der Flüge von 676 auf 962. Das ist eine Zunahme um beinahe 50 Prozent.

Und nicht nur das: Nebst der Häufigkeit der Flüge stiegen auch deren Kosten. 2015 schlugen die Flugreisen der Stadtverwaltung im Schnitt noch mit etwas über 400 Franken pro Flug zu Buche. 2018 waren es 676 Franken. Die Fliegerei der Stadt kostete die Steuerzahler im Spitzenjahr 2018 somit rund 600 000 Franken.

Ab 2019 nahmen die Flugreisen des städtischen Personals langsam ab – im vergangenen Jahr kosteten alle Flüge zusammen «nur» noch 286 368 Franken. Dies teilte das Finanzdepartement am Mittwoch auf Anfrage der NZZ mit.

Flüge sogar nach Freiburg im Breisgau

Die Zunahme der Flüge ist insofern erstaunlich, als es schon vor der heute angekündigten neuen Regelung recht strenge Richtlinien bei den Dienstflügen gab. Flugreisen waren nämlich bisher nur dann erlaubt, wenn die Fahrt mit dem Zug länger als sechs Stunden dauerte.

Doch diese Regel wurde häufig mit einem einfachen Trick ausgehebelt. Die Reisezeit wurde so angegeben, dass die Anreise zum Hauptbahnhof Zürich und die Reise vom Zielbahnhof zum Zielort mit eingerechnet waren.

So lässt sich erklären, warum Angehörige der Stadtverwaltung regelmässig auch nach Frankfurt oder Köln geflogen sind, obwohl die beiden Städte mit der Bahn in vier beziehungsweise fünfeinhalb Stunden erreichbar sind. Offenbar gab es sogar Flüge nach Freiburg im Breisgau – in eine Stadt also, die bloss zwei Zugstunden von Zürich entfernt liegt.

Auf diese Praxis machten die Gemeinderäte Florian Utz (SP) und Felix Moser (Grüne) aufmerksam. Sie forderten im Oktober 2021 ein zweites Mal die Reduktion der Dienstflüge. 2022 nahmen Martin Götzl (SVP) und Felix Moser (Grüne) die Forderung ein drittes Mal auf.

Die neuen Spesenbestimmungen gelten ab dem 1. Januar 2025 – das sind zehn Jahre seit dem Zeitpunkt, als die Forderungen zum ersten Mal vorgebracht worden sind.

Exit mobile version