Sonntag, Oktober 6

Das Parlament bewilligt 5 Millionen Franken aus dem Lotteriefonds. Trotz Zweifeln, ob der Anlass gemeinnützig ist.

So schnell geht es in der Politik selten. Am 11. Mai gewann Nemo den Eurovision Song Contest in Malmö. Damit findet der nächste ESC in der Schweiz statt. Am vergangenen Mittwoch beschloss das Stadtparlament einen Kredit von 20 Millionen Franken, damit der Mega-Event in Zürich durchgeführt wird. Am Montag steuerte der Kantonsrat nun 5 Millionen dazu bei.

Das Geld kommt aus dem von Lotteriegeldern gespeisten gemeinnützigen Fonds. Für den Regierungsrat sind die Bedingungen, um daraus Geld zu sprechen, eingehalten. Das Vorhaben, den ESC nach Zürich zu holen, sei gemeinnützig, schrieb er in seinem Antrag. Ausserdem bestehe ein klarer Bezug zum Kanton Zürich, und der Anlass komme dessen Bevölkerung zugute.

Gemeinnützig? Ertragreich!

Das sah die SVP anders, die den Antrag ablehnte. Gemeinnützigkeit sei nicht zu erkennen, sagt Elisabeth Pflugshaupt (SVP, Gossau). Für die SVP werde auch die Ausnahmeregelung zu stark strapaziert. In anderen Voten wurde darauf hingewiesen, dass Gesetz und Verordnung zum gemeinnützigen Fonds ausdrücklich auch die finanzielle Unterstützung für einmalige Grossvorhaben in den Bereichen Sport, Kultur und Denkmalpflege ermöglichten.

Genau für ein Ereignis wie den ESC sei diese Bestimmung da, sagte André Müller (FDP, Uitikon), der nicht daran zweifelt, dass dessen Durchführung viel Geld in die Kassen von Stadt und Kanton Zürich zurückspülen werde. René Isler (SVP, Winterthur) empörte sich hingegen, der Rat halte sich nicht an Gesetze, die er vor gar nicht langer Zeit erlassen habe.

Die Debatte zeigte, dass der ESC die politischen Abläufe in der Schweiz sprengt. Unbestritten war, dass ein normaler Kredit wie für ein Standortmarketing auf dem normalem Weg viel zu spät beschlossen worden wäre. Denn die SRG als Veranstalterin muss bereits im August den Ort der Austragung bestimmen, um die sich auch Genf, Basel und Bern bewerben.

Farid Zeroual (Mitte, Adliswil) sagt unmissverständlich, weder sei die Gemeinnützigkeit erfüllt, um den Betrag zu bewilligen, noch bestehe eine Grundlage, um einen Beitrag zur Wirtschaftsförderung zu beschliessen. Um dann den Antrag doch «im Sinne einer Ausnahme» zu unterstützen.

Die Grünen waren wie die EVP geteilter Meinung. Selma l’Orange Seigo sagte, der ESC sei als Friedensprojekt gegründet worden, heute biete er die Chance, die Sichtbarkeit queerer Menschen zu erhöhen. Auf der anderen Seite pochten die Grünen auf eine möglichst nachhaltige Durchführung.

Der beste Auftritt in Malmö

Relativ wenig war von der Botschaft die Rede, die Nemo mit dem siegreichen Song in Malmö in die Welt trug. Die SP-Sprecherin Hannah Pfalzgraf erwartet aber von der Zürcher Regierung, dass sie sich für das Anliegen einsetzt, die Möglichkeit zu einem dritten Geschlecht zu schaffen. Tumasch Mischol (SVP, Hombrechtikon) gab sich als langjähriger Anhänger des ESC zu erkennen und erwiderte, Nemo habe nicht deswegen den ESC gewonnen. Sondern mit dem musikalisch überzeugendsten Beitrag und der beste Performance.

Grundlegende Ablehnung gab es kaum. Nur Hans Egli (EDU, Steinmaur) befürchtet angesichts des Protests gegen den Beitrag aus Israel im Mai auch in Zürich Antisemitismus und attestierte dem ESC generell einen Hang zu Okkultismus und Satanismus. Sonja Rueff-Frenkel (FDP, Zürich) entgegnete, der Contest sei sicher nicht antisemitisch. Sie erwarte aber bei einer Durchführung in Zürich, dass gegen jeden Antisemitismus eingestanden werden.

Finanzdirektor Ernst Stocker zeigte sich überrascht über das Tempo des Kantonsrats. Möglich sei eine so schnelle Finanzierung aber nur über den gemeinnützigen Fonds. Nach dem Grundsatz, dass aussergewöhnliche Situationen auch aussergewöhnliche Massnahmen erfordern, genehmigte der Rat den Beitrag von 5 Millionen Franken mit 105 gegen 62 Stimmen klar.

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