Mittwoch, Oktober 2

«Aus verletzter Männlichkeit und Ehre» habe ein 49-jähriger Türke 2021 in Zürich Altstetten seine Frau erstochen, so die Richter. Der Beschuldigte stürmt während der Urteilseröffnung schimpfend aus dem Gerichtssaal.

«Inszenieren Sie hier kein Theater!», ruft der beschuldigte 49-jährige Türke der Gerichtsvorsitzenden zu, nachdem er vom Obergericht wie von der Vorinstanz wegen Mordes und Drohung zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren und 15 Jahren Landesverweis verurteilt worden ist. Er schimpft zum Teil unverständlich, zum Teil in gebrochenem Deutsch, man wolle ihn kaputtmachen, weil er Ausländer sei. Nichts sei bewiesen. Er weigert sich zu bleiben, steht auf und verlässt aufgebracht mit den Polizisten den Saal, ohne sich die Begründung anzuhören.

Das Obergericht hat das Urteil des Bezirksgerichts Zürich voll und ganz bestätigt. Für das Gremium aus zwei Richterinnen und einem Richter ist der Sachverhalt, so wie er in der Anklage beschrieben ist, erstellt. Schon im Mai 2021 seien Drohungen des Beschuldigten gefallen, nachdem seine 30-jährige Ehefrau ihm mitgeteilt habe, dass sie einen neuen Lebenspartner habe, erläutert die Gerichtsvorsitzende.

Zum Vorfall vom 9. Oktober 2021 habe der neue Partner konstant und glaubhaft ausgesagt: Damals erschien der Beschuldigte überraschend vor dem Schlafzimmerfenster der Hochparterrewohnung seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau. Er versuchte in die Wohnung einzudringen, stiess Todesdrohungen aus und versetzte dem neuen Partner durch das Fenster einen Faustschlag ins Gesicht.

Stich in eigenen Bauch erst nach der Tötung

Es sei auch erstellt, dass der Beschuldigte am Tag des Tötungsdelikts, am 13. Oktober 2021, bereits am Morgen am Wohnort der Ehefrau gewesen sei. Die Frau hatte dies ihrem neuen Partner erzählt. Auch die Handydaten lassen darauf schliessen. Am Mittag liess der Beschuldigte sein Natel dann zu Hause. Um 20 Uhr 30 tötete er die Frau vor der Haustüre zu ihrer Wohnung in Zürich Altstetten mit zehn Messerstichen. Drei Nachbarn hätten übereinstimmend geschildert, wie er mit einem silbrigen Gegenstand auf seine Ehefrau eingeschlagen und eingestochen habe.

Es gebe für das Gericht keinen Grund zu der Annahme, dass die Frau das Messer in ihrer Tasche selbst mitgeführt und zuerst den Ehemann in den Bauch gestochen habe, wie es der Beschuldigte behauptet habe. Er habe das Messer zum Tatort mitgenommen. Nur dann sei es sinnvoll, dass er die Tatwaffe nach der Tötung habe verschwinden lassen.

Das Gericht gehe in Übereinstimmung mit dem psychiatrischen Gutachten davon aus, dass seine geltend gemachten Erinnerungslücken prozesstaktisch motiviert seien. Er erinnere sich zwar an Details, aber ausgerechnet nicht an jene Dinge, die ihm strafrechtlich negativ angelastet werden könnten. Das Gericht nehme an, dass der Messerstich in seinen eigenen Bauch nach der Attacke auf die Ehefrau mit Suizidabsicht erfolgte.

Kein Affekt, sondern geplanter Mord

Es handle sich um Mord. Der Beschuldigte sei bei der Tatausführung gezielt und perfid vorgegangen. Er habe weiter auf die Frau eingestochen, als sie bereits tödlich verletzt am Boden gelegen habe. Zum Tatmotiv sagt die Gerichtsvorsitzende: «Der Beschuldigte fühlte sich in seiner Männlichkeit und Ehre verletzt», als er realisiert habe, dass seine Beziehung mit der Ehefrau zu Ende gewesen sei. Er habe das nicht akzeptieren können und sie für ihr Verhalten mit dem Tod bestrafen wollen.

Das Gericht stelle nicht in Abrede, dass der Beschuldigte auch von seiner Ehefrau psychisch verletzt worden sei. Dies könne aber in keiner Art und Weise zur Rechtfertigung der Tat herangezogen werden. Es sei kein Affekt, sondern eine geplante Tat gewesen, spätestens ab dem Zeitpunkt, als er am Mittag sein Handy zur Verschleierung seines Standortes zu Hause gelassen habe.

Der Beschuldigte habe keinerlei Reue und Einsicht gezeigt. Eine lebenslängliche Freiheitsstrafe, wie von der Staatsanwältin gefordert, sei aber nicht angebracht, weil es noch schlimmere Fälle, zum Beispiel Mehrfachmorde, gebe.

Der Beschuldigte erhält den maximal möglichen Landesverweis von 15 Jahren. Er sei klar kein Härtefall, stellte die vorsitzende Richterin fest. Der Kurde sei zwar aufgrund seiner früheren politischen Tätigkeit ein anerkannter Flüchtling. Das Gericht gehe aber davon aus, dass er die Bedrohung selber nicht ernst nehme. Denn er sei nachweislich mehrfach wieder in der Türkei gewesen, nachdem er in der Schweiz bereits den Asylstatus erhalten habe.

Urteil SB230597 vom 2. 10. 2024, noch nicht rechtskräftig.

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