Widerhandlungen gegen das Strafgesetz sind in den letzten neun Jahren um gut 40 Prozent angestiegen.

Im Sommer 2023 wird in Wil ein 13-Jähriger verhaftet. Die Polizei verdächtigt ihn, mit einem Messer bewaffnet eine Tankstelle ausgeraubt und dabei mehrere tausend Franken erbeutet zu haben. Das zarte Alter des mutmasslichen Täters mag aussergewöhnlich sein. Aber grundsätzlich steigt die Jugendgewalt in der Schweiz stetig an. Seit 2015 hat auch die Zahl der Verurteilungen von Jugendlichen zugenommen. Gemäss den soeben publizierten Zahlen des Bundesamts für Statistik wurden im Jahr 2023 insgesamt 23 080 Jugendurteile ausgesprochen. Das sind 11 Prozent mehr als im Vorjahr. 2022 war die Zahl der Urteile zwar geringfügig zurückgegangen. Doch das war eine Ausnahme. Der langfristige Trend zeigt nach oben.

Mehr schwere Körperverletzung

Besonders stark zugenommen haben die Urteile wegen schwerer Körperverletzung, Raufhandel oder Hinderung einer Amtshandlung. Sie sind in den letzten neun Jahren fast auf das Dreifache angestiegen, wie das Bundesamt für Statistik schreibt. 2015 waren es 29 Jugendurteile gewesen, 2023 hat sich die Zahl auf 72 erhöht. Experten weisen darauf hin, dass Jugendliche vermehrt mit Messern unterwegs sind. Vor dem Hintergrund der vielen gegenwärtigen Krisen hätten etliche junge Menschen einen düsteren Blick auf die Welt. Das könne zu Gewaltbereitschaft führen. Der Grossteil der Verurteilungen erfolgte aber wegen leichter Vergehen. Auch die Opfer von Gewalttaten sind oftmals noch im Jugendalter.

Ebenfalls um etwa einen Drittel zugenommen haben die Verurteilungen wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität. Besonders oft ging es dabei um verbotene Pornografie. Gemäss Studien sind besonders weibliche Jugendliche in Beziehungen öfters mit Gewalt konfrontiert. Laut einer Studie zur Jugendgewalt in Zürich geht es dabei nicht um einen #MeToo-Effekt sondern um eine tatsächliche Zunahme.

Zwar werden junge Männer öfter straffällig als Frauen. Der Anstieg zeigt sich aber sowohl bei den männlichen als auch bei den weiblichen Jugendlichen in vergleichbarem Ausmass. Vergleicht man Personen mit Schweizer und solche mit ausländischer Staatsbürgerschaft, so fällt die Zunahme bei den Ausländern deutlich stärker aus.

Vermehrt unter 15-Jährige

Besorgniserregend ist der starke Anstieg bei den unter 15-Jährigen, die wegen eines Verstosses gegen das Strafgesetzbuch verurteilt wurden. Seit 2015 ist ihre Zahl um 60,2 Prozent gestiegen. Abgenommen haben Urteile in Bezug auf das Betäubungsmittelgesetz. Angestiegen sind aber die Verurteilungen im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr.

In der Schweiz können Kinder bereits ab dem zehnten Geburtstag für eine Straftat belangt werden. Dabei gelten die gleichen Delikte als strafbar wie bei Erwachsenen. Zum Beispiel Verstösse gegen das Strafgesetzbuch. Allerdings haben solche Vergehen andere Konsequenzen als bei Erwachsenen. Die Hauptziele des Jugendstrafrechts sind Erziehung und Schutz der Jugendlichen. Die Täter sollen nicht nochmals straffällig werden. Daher können Jugendgerichte oder Jugendanwaltschaften neben Strafen auch sogenannte Schutzmassnahmen aussprechen. Zum Beispiel kann ein Jugendlicher für eine Weile in einer Pflegefamilie untergebracht werden.

Bei den Erwachsenen hingegen ist die Zahl der Urteile leicht zurückgegangen gegenüber dem Jahr 2022.

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