Der Autoverkehr soll künftig über die Nordumfahrung umgeleitet werden. Ob diese Rechnung aufgeht, ist allerdings fraglich.
Erst eineinhalb Wochen ist es her, da machte die NZZ Pläne der Stadt bekannt, den Hauptbahnhof im grossen Stil umzugestalten: Tramlinien sollen aufgehoben, ein Tunnel soll gebaut und der Autoverkehr komplett verlagert werden. Nun zeigt sich, dass die Stadt ein Teilprojekt konkret vorantreibt.
Die Urania- und die Sihlstrasse, heute mehrspurig und mit Tempo-50-Regime, sollen massiv verkleinert werden – oder ganz verschwinden.
Dass es entsprechende Ideen gibt, haben die Tamedia-Zeitungen bereits im August publik gemacht. Überraschend ist, dass sie bereits jetzt öffentlich aufliegen. Ein Zeichen dafür, dass die Stadt das Vorhaben vorantreibt.
Bereits die dritte Planauflage
Das Vorhaben ist zwar Teil der HB-Pläne der Stadt, es hat aber auch eine eigene Vorgeschichte. Bereits seit 2012 versucht sich die Stadt an diesen beiden Strassenabschnitten. Sowohl unter der Tiefbauvorsteherin Ruth Genner (Grüne) als auch unter ihrem Nachfolger Filippo Leutenegger (FDP) versandeten die Vorhaben. Es ist bereits die dritte Planauflage an diesem Ort, nun unter der amtierenden Tiefbauvorsteherin Simone Brander (SP).
In der Planauflage wird das Projekt damit begründet, dass der heutige Zustand unattraktiv sei. Wörtlich heisst es: «Die Innenstadt ist von hoher Bedeutung für den Tourismus, die Wirtschaft und die Kultur. Die Gestaltungs- und Aufenthaltsqualität fördert die Attraktivität des Ortes und verlangt nach effizienter Mobilität.»
Die heute zweispurige Uraniastrasse soll künftig nur noch einspurig im Gegenverkehr geführt werden. Von der Sihlstrasse würden die Autos ganz verbannt: Sie sollen einer Fussgängerzone weichen. Insgesamt entfallen von heute 76 gebührenpflichtigen Parkplätzen «nahezu alle», wie es in der Planauflage heisst. 87 neue Bäume sollen gepflanzt werden.
Im Sommer hat das Tiefbauamt gesagt, das Projekt werde bis ins Jahr 2030 realisiert. Die Planauflage, jeweils der erste Schritt auf dem Weg zu einem Bauprojekt, erscheint somit aussergewöhnlich früh.
Am Fahrplan der Stadt habe sich nichts geändert, versichert der Projektleiter Markus Graf. Es sei jedoch wichtig, das Vorhaben voranzutreiben. Auch um es mit den Bauarbeiten für das Projekt Cool City abzustimmen, damit nicht Strassen mehrmals neu gestaltet werden müssten. Cool City ist ein Fernwärmeprojekt: Das Stadtzentrum soll mittels Zürichseewasser gekühlt und geheizt werden. Dafür werden in den nächsten Jahren zahlreiche Strassen aufgerissen.
Zum grössten Teil kein Durchgangsverkehr
Die Unbekannte bei der grossen Verkehrsverlagerung weg von der City ist und bleibt der Kanton. Der Anti-Stau-Artikel in der Kantonsverfassung verbietet den Abbau von Autokapazitäten, wenn keine Ausweichroute angeboten wird.
In der Planauflage heisst es dazu, die Autos sollten künftig über die Nordumfahrung gelenkt werden: «Die Kapazitätserhöhung durch den Ausbau der Nordumfahrung Zürich gibt der Stadt Zürich die einmalige Chance, den heutigen Durchgangsverkehr aus der Innenstadt auf die Nationalstrasse zu lenken.»
Allerdings wird der Anteil des Durchgangsverkehrs durch die Innenstadt auf zwischen 10 und 20 Prozent geschätzt. 80 bis 90 Prozent des heutigen Verkehrsaufkommens von täglich 24 000 Fahrzeugen blieben also erhalten. Wie dies aufgehen soll, wenn mehr als die Hälfte der Verkehrsinfrastruktur abgebaut wird, ist unklar.
Vorderhand offen ist auch das Verdikt des Kantons. Bei der zuständigen Volkswirtschaftsdirektion heisst es, der Regierungsrat äussere sich erst nach Abschluss des Verfahrens zum Projekt.