Montag, Oktober 7

An einem Fest der deutschen Stadt Solingen tötete ein Mann am Freitagabend mindestens drei Personen mit einem Messer und verletzte mehrere schwer. Der Syrer hätte offenbar längst ausgeschafft werden sollen, tauchte jedoch unter. Gegen ihn wurde von der Bundesanwaltschaft ein Haftbefehl erlassen.

Menschen trauern am Tag nach dem Messerangriff um die Opfer.

Volker Hartmann / EPA

Rund 24 Stunden nach dem Messerangriff in Solingen, der am Freitagabend drei Todesopfer gefordert hatte, stellte sich der mutmassliche Täter. Dabei handelt es sich um einen 26-jährigen Syrer, der in der Nacht auf Sonntag die Polizei aufsuchte. Der Mann sei geständig, teilte die Polizei Düsseldorf am frühen Sonntagmorgen mit.

Gegen den Syrer wurde inzwischen Haftbefehl erlassen. Ihm werden die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, dreifacher Mord sowie versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung in acht weiteren Fällen vorgeworfen. Die Ermittlungen hat der Generalbundesanwalt übernommen.

Zur Begründung hiess es, Issa al-H. teile die Ideologie der ausländischen terroristischen Vereinigung Islamischer Staat und habe sich der Vereinigung zu einem derzeit nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 23. August 2024 angeschlossen.

«Aufgrund seiner radikal-islamistischen Überzeugungen fasste er den Entschluss, am 23. August 2024 auf dem Solinger Stadtfest eine möglichst grosse Anzahl aus seiner Sicht ungläubiger Menschen zu töten.» Dort habe er mit einem Messer hinterrücks wiederholt und gezielt auf den Hals- und Oberkörperbereich von Besuchern des Festivals eingestochen. Drei Menschen kamen ums Leben, acht weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt.

Zuvor hatte der «Spiegel» berichtet, der Mann aus der syrischen Stadt Deir al-Zur sei Ende Dezember 2022 nach Deutschland gekommen und habe einen Antrag auf Asyl gestellt. Den Sicherheitsbehörden sei er bisher nicht als islamistischer Extremist bekannt gewesen. Er habe in einer Flüchtlingsunterkunft in Solingen gelebt. Nach Aussage eines Zeugen soll der Angreifer während der Tat «Allahu akbar» («Gott ist gross») gerufen haben.

Die Terrormiliz Islamischer Staat hatte die Tat zuvor schon für sich reklamiert. In einer Mitteilung auf der IS-Website Amak hiess es, der Angreifer sei IS-Mitglied und habe die Attacke aus «Rache für Muslime in Palästina und anderswo» verübt. Der Angriff habe einer «Gruppe von Christen» gegolten.

Tatverdächtiger entzog sich der Ausschaffung

Nach «Spiegel»-Informationen hätte der mutmassliche Täter längst ausgeschafft werden sollen. Nach den sogenannten Dublin-Regeln des europäischen Asylsystems wäre Bulgarien für ihn zuständig gewesen. Die Abschiebung sei gescheitert, weil der Syrer am Tag der geplanten Ausreise in seiner Flüchtlingsunterkunft nicht angetroffen worden und danach untergetaucht sei. Eine Ausschreibung zur Festnahme habe es wohl nicht gegeben. Ende 2023 sei dem Syrer von Deutschland subsidiärer Schutz gewährt worden.

Die Polizei geht bis jetzt von einem Einzeltäter aus. Laut Videoauswertung soll der Tatverdächtige seine Opfer gezielt in den Hals gestochen haben. Anschliessend entkam er im Tumult. Die mutmassliche Tatwaffe, offenbar ein Küchenmesser aus einem Messerblock, stellte die Polizei sicher.

Merz verlangt Aufnahmestopp für Afghanen und Syrer

Der CDU-Chef Friedrich Merz verlangte nach dem Attentat von Bundeskanzler Olaf Scholz eine Kehrtwende in der Migrationspolitik. So sollten illegal eingereiste Migranten nach Syrien und Afghanistan abgeschoben werden, weitere Flüchtlinge aus diesen Ländern sollten nicht mehr aufgenommen werden. Grenzkontrollen müssten dauerhaft eingerichtet werden. «Wir ändern das Aufenthaltsrecht und nehmen jeden ausreisepflichtigen Straftäter in zeitlich unbegrenzten Abschiebegewahrsam», so Merz weiter.

Am Samstagmorgen wurde ein 15 Jahre alter Jugendlicher festgenommen, den die Polizei aber nicht für den Täter hält. Als möglicher Vorwurf gegen ihn steht die Nichtanzeige geplanter Straftaten im Raum. «Nach vorliegenden Zeugenaussagen soll eine bislang unbekannte Person kurz vor dem Angriff mit dem Jugendlichen über Absichten gesprochen haben, die zur Tatausführung passen würden», sagte Oberstaatsanwalt Markus Caspers. Das Gespräch habe demnach kurz vor dem Anschlag am Fest stattgefunden. Laut dem «Spiegel» soll es sich bei dem 15-Jährigen um einen Kirgisen handeln, der mit seinen Eltern in einer Flüchtlingsunterkunft lebt.

Laut Polizei gingen am Freitag um 21 Uhr 37 die ersten Notrufe ein, dass vor der Bühne Fronhof ein Mann mit einem Messer auf Besucher einsteche. Rettungskräfte waren schnell vor Ort. Gegen 22 Uhr trat Philipp Müller vom Organisationsteam des Festes zu 650 Jahren Solingen auf die Bühne, um die Veranstaltung abzubrechen. Tausende Besucher folgten der Aufforderung, den Platz ruhig zu verlassen und nicht in Panik zu verfallen. Zu diesem Zeitpunkt haben sich nach Schätzungen rund 15 000 Menschen in der Innenstadt aufgehalten.

Bundeskanzler Scholz verlangt harte Bestrafung

Deutschlandweit löste die Tat von Solingen grosse Betroffenheit aus. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einem «furchtbaren Verbrechen». «Wir dürfen so etwas in unserer Gesellschaft nicht akzeptieren und uns niemals damit abfinden. Mit der ganzen Härte des Gesetzes muss hier vorgegangen werden», sagte Scholz bei einem Termin in Brandenburg.

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser besuchte den Tatort am Samstag und sprach den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus. «Lassen Sie nicht zu, dass ein solch furchtbarer Anschlag die Gesellschaft spaltet», sagte die Sozialdemokratin. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst, der ebenfalls nach Solingen gereist war, sagte: «Dieser Anschlag hat unser Land ins Herz getroffen, dieser Anschlag sollte Terror verbreiten.»

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