Montag, September 30

Fische halten die hohen Temperaturen im Wasser momentan erstaunlich gut aus. Und wir?

Das Thermometer ist auf über 30 Grad geklettert, der Schweiss perlt, die Beine sind schwer. Zürich lechzt in diesen Tagen nach Abkühlung. Der Zürichsee und die Limmat glitzern verheissungsvoll. Doch der Sprung ins vermeintlich kühle Nass ist unbefriedigend. Von wegen erfrischend – das Wasser ist lauwarm.

Die Seen und Flüsse im Kanton Zürich sind derzeit so warm wie nur an wenigen Tagen im Jahr. Am Montagnachmittag war der Zürichsee bei Oberrieden 28,4 Grad warm. Das kantonale Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel) hat diesen Wert an der Oberfläche des Sees ermittelt. In den vergangenen fünfzehn Jahren hat die Behörde an diesem Standort nur an elf Tagen Temperaturen von über 28 Grad gemessen.

Auch andere Zürcher Gewässer haben sich aufgeheizt. Die Limmat beim Letten war am Mittwoch 26 Grad warm, der Greifensee 28,5 Grad, der Katzensee 28 Grad. Es sind Temperaturen, die eher ans Mittelmeer erinnern als an die Seen im Alpenland Schweiz.

Fische schwimmen tiefer

Die möglichen Folgen der hohen Wassertemperaturen im Sommer: Algen breiten sich aus, der Sauerstoffgehalt im Wasser nimmt ab, invasive Arten verdrängen die heimische Tier- und Pflanzenwelt. Das Ökosystem kann aus dem Gleichgewicht geraten.

Fische wie Forellen, Felchen und Äschen zeigen bei Wassertemperaturen in Flüssen ab 22 Grad Stresssymptome. Im schlimmsten Fall ersticken sie. Im Hitzesommer 2018 stiegen die Wassertemperaturen im Rhein auf über 27 Grad, über 90 Prozent der Äschen im Rhein verendeten.

Das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel) beobachtet die Situation im Kanton Zürich derzeit jedoch entspannt. Die Mediensprecherin Katharina Weber sagt, für das Ökosystem der Gewässer seien die gegenwärtigen Temperaturen unproblematisch.

Die Wassertemperatur eines Sees wird an der Oberfläche gemessen. Weiter unten ist der See deutlich kühler. Weber sagt: «Die Fische können sich im Zürichsee in tiefere Lagen zurückziehen.» Dazu kommt: Der Zürichsee ist nur an wenigen Tagen im Jahr so warm wie diese Woche.

Und auch in den anderen Zürcher Seen haben die Fische noch Sauerstoff zum Atmen. Im Greifensee beispielsweise wurde im Jahr 2009 eine Belüftung installiert, in Hitzesommern sammeln sich die Fische rund um die Anlage. Weber sagt: «In kleineren Seen wie dem Lützelsee oder dem Türlersee, die sich rasch erwärmen, kommen vor allem Fischarten vor, die höhere Temperaturen vertragen.»

Zwei Grad wärmer als vor dreissig Jahren

Mehr Sorge bereitet dem Awel die Entwicklung, dass sich der Zürichsee konstant erwärmt und das Wasser sich deshalb schlechter umschichtet. Der Zürichsee hat sich in den vergangenen dreissig Jahren um zwei Grad erwärmt, wie eine Auswertung des Awel zeigt.

Das hat Folgen für die Gewässerökologie. Ein See besteht aus verschiedenen Schichten. Eine Durchmischung ist wichtig für die Gesundheit des Sees, sie bringt Sauerstoff in tiefere Wasserschichten und verteilt die Nährstoffe.

Ein See durchmischt sich, wenn er in allen Tiefen die gleiche Temperatur hat. Dies geschieht, wenn sich das Wasser im Winter abkühlt und es etwa vier Grad erreicht. Doch die Winter werden wärmer.

Im Zürichsee reicht die Durchmischung in einem schlechten Jahr nur noch bis in 60 Meter Tiefe statt bis 120 Meter. Das Bundesamt für Umwelt rechnet damit, dass sich die Zirkulation des Wassers in den Schweizer Seen weiter verschlechtert.

Sonnenschein tötet Bakterien

Die Wasserqualität der Zürcher Gewässer bleibt bei der Hitze weiterhin ausgezeichnet. Der Kantonschemiker Martin Brunner sagt: «In Zürcher Gewässern gibt es erfahrungsgemäss kaum Schwankungen in der Wasserqualität.»

Mit einer gewissen Verunreinigung müssten Badegäste aber rechnen, sagt Brunner: «Seen und Flüsse sind natürliche Gewässer. Es gibt Fische, Enten, Schwäne, andere Leute.»

Wider Erwarten führen die warmen Wassertemperaturen laut Brunner nicht dazu, dass sich Bakterien übermässig vermehren. Im Gegenteil: Die UV-Strahlung tötet Keime an der Wasseroberfläche ab.

Am Wochenende wird es in Zürich kühler. Doch die Seen und Flüsse bleiben warm. Laut Prognose des Wasserforschungsinstituts Eawag wird der Zürichsee am Samstag durchschnittlich 26,9 Grad warm sein, der Katzensee 28,1 Grad, der Greifensee 28,7 Grad.

Wer Abkühlung sucht, badet besser im Thunersee, im Urnersee oder in der Aare bei Bern, wo sich die Temperaturen zwischen 20 und 22 Grad bewegen.

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