Mittwoch, April 30

Es wird immer weniger Wein getrunken. Im Restaurant bestellen nur vereinzelte Gäste eine ganze Flasche. Gefragt sind daher edle Tropfen, die glasweise angeboten werden. Wir haben fünf Restaurants in und um Zürich aufgespürt, die ein gutes Offenwein-Sortiment pflegen.

Eine schön kuratierte Weinkarte ist neben einer feinen Küche und zuvorkommender Bedienung ein Grund, ein bestimmtes Restaurant zu besuchen. Leider lassen nicht alle Lokale den edlen Tropfen die gleiche Aufmerksamkeit angedeihen. Erst recht dann nicht, wenn es um das Offenwein-Sortiment geht. Zu langweilig, zu wenig innovativ, zu klein, zu teuer: Fallstricke gibt es genügend.

Dabei gewinnen meiner Meinung nach die glasweise ausgeschenkten Weine zunehmend an Bedeutung. In Zeiten, in denen viele ihren Weinkonsum reduzieren, lohnt es sich, dieses Angebot gezielt auszubauen. Restaurants können sich damit profilieren. Und der geneigte Gast kommt in den Genuss eines hochwertigen Crus.

Vielleicht gönnt man sich glasweise auch einmal einen teuren Wein, den man sonst nicht kaufen würde. Ich mag mich erinnern, dass vor Jahren auf der Skipiste im österreichischen Nobelort Lech der exzellente Bordeaux Château Léoville Las Cases 2007 per Deziliter ausgeschenkt wurde. Da gönnt man sich gerne einmal ausnahmsweise ein Glas für 50 Euro.

Was hat Zürich zu bieten? Wir haben fünf Restaurants ausgewählt, die viel Wert auf eine gepflegte Offenwein-Karte legen. Hier ist unsere Selektion:

Restaurant Wunderbrunnen, Opfikon

Vor den Toren Zürichs ist ein Restaurant zu finden, welches wohl eines der umfangreichsten Angebote an offenen Weinen hat. Ein kleines Wunder: Über 130 verschiedene Preziosen aus vielen Ländern stehen zur Auswahl. Da fällt die Wahl nicht leicht. Berühmte Namen sind ebenso vertreten wie aufstrebende Winzer und Winzerinnen. Bei den Weissen lohnt es sich, etwa den Chardonnay Tradition 2018 des Bündner Spitzenweinguts Donatsch zu versuchen (Fr. 10.50), bei den Roten den klassischen Rioja Vina Tondonia Reserva 2010 von López Heredia (13 Franken). Beim Besuch darf man die Bordeaux-Raritäten nicht verpassen. Wie wäre es mit dem Château Léoville-Poyferré 1975 aus dem St-Julien für faire 30 Franken?

Restaurant Chez Smith, Zürich

Definitiv lohnt sich ein Umweg ins trendige Zürcher Binz-Quartier. Das Ziel sind das Restaurant und die Weinbar Chez Smith, die gut 30 Weine glasweise ausschenkt – von der alkoholfreien Variante über Schaumweine, Weisse und Rote bis hin zu Natur- und Süssweinen. Wo kann man sonst den genialen, komplexen, tiefgründigen Château d’Yquem 2021 aus dem Sauternes per Deziliter verkosten? Klar, 66 Franken sind kein Schnäppchen.

Es geht selbstverständlich auch preiswerter. Erste Wahl bei den Weissen ist der mineralische, elegante Saumur blanc Brezé 2020 der Domaine Guiberteau aus dem Loiretal, ein Chenin blanc der Extraklasse (20 Franken). Bei den Roten ist der Langhe Nebbiolo 2022 von Bruno Rocca aus Piemont ein sicherer Wert (10 Franken).

Restaurant Carlton, Zürich

Ein kleines Gastro-Imperium hat der Unternehmer Markus Segmüller aufgebaut, der bekannterweise einem guten Tropfen nicht abgeneigt ist. Schon lange zu seinem Portfolio gehört das «Carlton» mitten in Zürich. Die Weinkarte ist vorzüglich. Rund 20 Positionen werden im Offenausschank angeboten, die meisten im Preisbereich von 12 bis 14 Franken. Man versuche den Grünen Veltliner am Berg 2023 des Weinguts Ott aus dem österreichischen Wagram (13 Franken) oder den eleganten Crianza 2021 des Guts Arrocal aus dem spanischen Ribera del Duero, das von zwei engagierten Brüdern geleitet wird (14 Franken).

Trattoria Freilager, Zürich

In dem Restaurant in Albisrieden führt seit einiger Zeit der Spitzenkoch Antonio Colaianni das Zepter. Wer authentische italienische Küche mag, ist hier gut aufgehoben. Entsprechend liegt auch bei der Weinkarte der Schwerpunkt auf den Gewächsen des südlichen Nachbarlands. Knapp 20 Weine gibt es glasweise. Zum Einstieg empfiehlt sich der famose Schaumwein Franciacorta Cuvée Prestige Extra brut der Spitzenkellerei Ca’ del Bosco für 14 Franken je Dezi. In Sachen Rot ist der Carmignano Riserva 2021 von Mauro Vanucci aus der Toskana eine gute Wahl (14 Franken).

Restaurant Ameo, Zürich

Eine in jeder Beziehung lohnende Adresse ist das «Ameo» im Zürcher Quartier Wiedikon, kulinarisch und önologisch. Die Weinkarte ist phänomenal, mit Schwerpunkten Schweiz und Frankreich. Am besten fragt man den Sommelier nach seinen Empfehlungen. Rund ein Dutzend Weine werden glasweise ausgeschenkt. Das ist zwar nicht viel, aber angesichts der grossartigen Weinauswahl hat es immer tolle Beispiele darunter.

Wer Glück hat, erhält einen meiner derzeitigen Favoriten, ein Glas des charaktervollen Predappio 2020 von Chiara Condello aus der Emilia-Romagna, ein Sangiovese, der manchen Chianti classico hinter sich lässt. Gegenwärtig empfiehlt sich der elegante Bourgogne blanc 2022 von Arnaud Baillot (14 Franken) oder der charaktervolle Pinot noir 2022 des Genfers Jean-Pierre Pellegrin von der Domaine Grand’Cour (20 Franken).

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