Während über siebzig Jahren galt in Saudiarabien ein striktes Alkoholverbot. Doch zumindest für nichtmuslimische Gesandte soll damit nun Schluss sein.
Die Botschaftsmitarbeiter in Riad müssen bis jetzt ihr Diplomatengepäck nutzen, um alkoholische Getränke nach Saudiarabien einzuführen. Auch Angehörige der saudischen Elite verwenden dafür das Diplomatengepäck, da die Behörden es nicht kontrollieren dürfen. Wenn sie sich in dem konservativen Königreich ein Gläschen gönnen, dann umwickeln sie es mit einer Serviette. Zudem existiert ein Schwarzmarkt für Alkohol. Doch nun ist Schluss mit der Geheimniskrämerei.
Saudiarabien soll erstmals seit über siebzig Jahren die Eröffnung eines Alkoholgeschäfts erlaubt haben. Der Laden, der in den kommenden Wochen eröffnet werden solle, befinde sich im Diplomatenviertel von Riad, heisst es in Agenturberichten. Er ähnle einem gehobenen Duty-free-Shop an einem internationalen Flughafen.
Allerdings werde nur «nichtmuslimischen Diplomaten» gestattet werden, dort einzukaufen. Und die Mengen sollen kontingentiert sein. Kundinnen und Kunden müssen sich dafür über eine mobile App registrieren. Pro Monat ist der Kauf von 40 Litern Spirituosen, 80 Litern Wein oder 240 Litern Bier erlaubt.
Bin Salman möchte das Land für den Tourismus öffnen
Kronprinz Mohammed bin Salman verfolgt eine ehrgeizige Agenda, um das Land als Handels-, Finanz- und Tourismuszentrum zu entwickeln. So hat Saudiarabien in den letzten Jahren Kinos eröffnet, Frauen das Autofahren erlaubt und grosse Musikfestivals veranstaltet. 2029 richtet das Land die asiatischen Winterspiele in Neom aus, einer Retortenstadt, die derzeit am Roten Meer entsteht. Immer wieder gab es Spekulationen, ob der Verkauf von Alkohol bis dann erlaubt sein würde.
Bei der Eröffnung des Ladens in Riad könnte es jedoch auch darum gehen, die Einfuhr von Alkohol durch diplomatische Vertretungen strenger zu überwachen. So heisst es in der Tageszeitung «Arab News», mit den Massnahmen wolle die Regierung auch dem «unsachgemässen Alkoholhandel» innerhalb des Königreichs einen Riegel vorschieben. Eine offizielle Bestätigung der saudischen Behörden gab es dafür zunächst nicht.
Saudiarabien ist neben den Emiraten Kuwait und Sharja eines der wenigen Länder der Welt, in denen Alkohol streng verboten ist. Wer Alkohol konsumiert oder besitzt, kann mit einer Geld- oder Gefängnisstrafe bestraft werden. Früher war auch öffentliches Auspeitschen möglich. Ausländer können bei Verstössen ausgewiesen werden.
In anderen Golfstaaten ist der Verkauf von Alkohol für Nichtmuslime teilweise in Hotels oder bestimmten Restaurants erlaubt. In Saudiarabien bieten viele Cafés, Restaurants und auch Händler inzwischen eine breite Auswahl an nichtalkoholischen Cocktails sowie nichtalkoholischen Bier- und Weinsorten an.
Ein Prinz erschoss einen britischen Diplomaten im Rausch
Saudiarabien war nicht immer so streng. Die Familie des Staatsgründers Abdelaziz ibn Saud soll sogar ziemlich trinkfreudig gewesen sein – bis einer seiner Söhne 1951 im Rausch den britischen Vizekonsul Cyril Ousman erschoss. Bei einer Party im Haus des Diplomaten in Jidda war dem bereits betrunkenen Prinzen Mishari das Nachschenken verweigert worden. Darauf verliess er die Villa und kam mit einer Schrotflinte zurück. Der König liess daraufhin 1952 Alkohol verbieten.