Montag, November 25

Die Preise am Schweizer Eigenheimmarkt steigen derzeit nur noch leicht, ab kommendem Jahr könnten sie rückläufig sein. Was laut Experten trotzdem gegen einen Preissturz spricht.

Die Preise von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern sind während 21 Jahren fast ohne Unterbrechung gestiegen. Die höheren Hypothekarzinsen und eine geringere Käufernachfrage bremsen nun aber den Preisauftrieb.

Ab 2024 rechnen die Ökonomen der Credit Suisse aufgrund der schrumpfenden Nachfrage mit Preisrückgängen im tiefen einstelligen Prozentbereich pro Jahr, wie sie in einer aktuellen Studie schreiben. Bis Ende Jahr sei noch ein knappes Plus bei der Preisentwicklung zu erwarten.

Zinskosten im Blick

Im ersten Quartal dieses Jahres ist die Jahreswachstumsrate der Preise für Eigentumswohnungen auf 3,5 Prozent zurückgegangen und lag damit unter dem seit dem Jahr 2000 gemessenen Mittelwert von 3,8 Prozent. Bei den Einfamilienhäusern betrug das Preisplus mit 3,6 Prozent hingegen noch mehr als das entsprechende Mittel von 3,4 Prozent.

Für erneute Bremsspuren könnten weitere Leitzinserhöhungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sorgen. Am 22. Juni könnte dies der Fall sein, denn dann findet die nächste geldpolitische Lagebeurteilung der SNB statt. Steigt der Leitzins ein weiteres Mal, werden sich Geldmarkthypotheken und allenfalls auch die langfristigen Hypothekarzinsen weiter verteuern. Es würde also noch kostspieliger, Immobilien zu finanzieren.

Experten rechnen nicht mit Preisrutsch

«Was hoch steigt, kann tief fallen», lautet eine alte Börsenregel. Gilt diese auch für den Schweizer Immobilienmarkt, der sich seit mehr als zwei Jahrzehnten im Hoch befindet? Steht nun ein regelrechter Preisrutsch bevor? Befragte Experten rechnen nicht damit, sie erwarten vielmehr überschaubare Preiskorrekturen. Dafür nennen sie mehrere Gründe.

Weiterhin geringes Angebot an Wohneigentum: Wie die Ökonomen der Credit Suisse ausführen, steigt das Angebot an Wohneigentum aufgrund der bisherigen Knappheit nur langsam. Im ersten Quartal sei die Anzahl ausgeschriebener Eigentumswohnungen um 2300 auf 21 750 Einheiten gestiegen. Bei den Einfamilienhäusern waren 16 650 Liegenschaften online inseriert – ein Plus von 970 Häusern gegenüber dem Ende des Vorjahres.

Auf das gesamte Angebot macht dieser Zuwachs wenig aus: Die Angebotsziffern seien mit 1,8 Prozent bei Eigentumswohnungen und 1,6 Prozent bei Einfamilienhäusern weiterhin auf niedrigen Niveaus, schreibt die CS. «Das Angebot an Immobilien in der Schweiz ist weiterhin sehr dünn», sagt Martin Neff, Chefökonom der Raiffeisen-Gruppe. Es sei auch nicht absehbar, dass sich das in naher Zukunft ändere. Es gebe weiterhin eine hohe Überschussnachfrage nach Liegenschaften, was sich an den noch steigenden Preisen zeige. Dies unterscheide den Schweizer Immobilienmarkt von anderen europäischen Märkten, wo die Preise schärfer auf die höheren Zinsen reagiert haben.

Vermarktungsdauer bleibt historisch tief: Die bisherige Stabilität des Schweizer Immobilienmarkts zeigt sich auch darin, dass die Vermarktungsdauer der Liegenschaften – also die Dauer, wie lange sie zum Verkauf ausgeschrieben sind – laut den CS-Ökonomen auf historisch niedrigen Werten verharrt. Im ersten Quartal waren Eigentumswohnungen laut der Studie im Mittel 68 Tage und Einfamilienhäuser 70 Tage lang ausgeschrieben.

Neubautätigkeit fällt weiter gering aus: Die Preise am Immobilienmarkt könnten stärker zurückgehen, wenn es eine hohe Neubautätigkeit in der Schweiz gäbe, sagt Robert Weinert, Partner beim Beratungsunternehmen Wüest Partner (WP). Dies sei aber nicht der Fall. «Das Land, um Wohneigentum zu erstellen, ist in der Schweiz knapp.»

Wie WP in einer diesjährigen Publikation mitgeteilt hat, nimmt die Zahl der Neubaubewilligungen seit 2018 hierzulande ab. Nur im Jahr 2021 sei für kurze Zeit eine stabilere Entwicklung zu verzeichnen gewesen. In den letzten 12 Monaten habe es Neubaubewilligungen für nur 42 000 Wohnungen gegeben, dies sei der niedrigste Wert seit dem Jahr 2004, sagt Weinert.

Als Gründe hierfür gelten die Umsetzung der revidierten Raumplanung, langwierige Bewilligungsprozesse und viele Einsprachen. Hinzu kommen laut WP die hohen Baupreise sowie attraktivere Alternativen zu Immobilienanlagen, seit die Zinsen gestiegen sind. Es gebe derzeit kaum Anzeichen dafür, dass bald eine dynamischere Entwicklung einsetze.

Knappheit am Schweizer Mietwohnungsmarkt: Laut Weinert ist zudem die Lage am Schweizer Mietwohnungsmarkt weiter sehr angespannt. «Die anhaltend starke Nachfrage auf dem Mietmarkt nach Wohnungen steigert indirekt die Attraktivität von Wohneigentum», sagt er. Der Aufwärtstrend bei den Mieten der inserierten Wohnungen, der Ende 2021 begonnen habe, dürfte sich fortsetzen, 2022 waren sie bereits um 1,6 Prozent gestiegen. Für dieses Jahr sei im Schweizer Durchschnitt ein Plus von 3,2 Prozent zu erwarten, heisst es bei WP.

Laut der Beratungsgesellschaft ist das Bevölkerungswachstum in der Schweiz einer der Hauptgründe für die grosse Nachfrage. Neben der Zuwanderung spielen hier Faktoren wie Trennungen, Individualisierungstrends und die demografische Entwicklung eine Rolle. Die Alterung der Bevölkerung führt dazu, dass mehr Menschen in Ein- und Zwei-Personen-Haushalten leben. Laut WP ist die Bevölkerung in der Schweiz im Zeitraum 2013 bis 2021 um insgesamt 8,7 Prozent gewachsen, während die Zahl der Haushalte sogar um 12,3 Prozent zugelegt hat.

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