Die wenigsten Menschen schaffen es, Gewicht zu verlieren. Vielleicht sind sie einfach zu zufrieden mit ihren Kilos.
Meinen wichtigsten Neujahrsvorsatz scheine ich nur mit wenigen Menschen zu teilen. Ich möchte im neuen Jahr öfter Ausflüge in die Natur oder ins Museum unternehmen.
Als ich mir die häufigsten Neujahrsvorsätze der Deutschen, erhoben in einer Umfrage des Statistikportals Statista, angesehen habe, war kein solcher Vorsatz aufgeführt. Viele der Befragten wollen mehr Sport treiben, sich gesünder ernähren und abnehmen. Es sind die altbekannten Vorsätze, die jedes Jahr aufs Neue formuliert werden.
Was man sich selbst und anderen wünscht, ist ja für gewöhnlich ein gesundes und glückliches neues Jahr. Zweifellos ist es aus gesundheitlicher Sicht eine gute Idee, abzunehmen, wenn man übergewichtig ist. Denn wer zu viel wiegt, entwickelt eher chronische Krankheiten wie zum Beispiel Diabetes Typ 2. Wer vor allem ein gesundes Jahr 2025 will, kann also gern aufs Gewicht achten. Doch wenn es um Glück und Lebenszufriedenheit geht, ist es weniger eindeutig, ob Übergewicht dem im Weg steht.
Was man bis jetzt weiss: Gesundheitliche Probleme haben einen negativen Einfluss auf die Lebenszufriedenheit. Und wie erwähnt, begünstigt Übergewicht verschiedene Erkrankungen. Aber kann man daraus schon schliessen: Wer dick ist, ist automatisch unglücklich? Offenbar nicht.
Der Soziologe Felix Bittmann vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe in Bamberg hat eine Untersuchung veröffentlicht, in der er die Forschungslage rund um Gewicht und Glück darstellt. Sein Fazit: Übergewicht allein führt nicht zu Unzufriedenheit.
Bittmann zeigt sich in seiner Studie überrascht von seinen Resultaten. In westlichen Gesellschaften gelte Übergewicht nicht als attraktiv. Er hätte deshalb erwartet, dass die Menschen zufriedener seien, wenn sie dünner seien. Eventuell mache der Genuss eines kalorienreichen Essens glücklich. Aber das ist nur eine Vermutung von Bittmann. Woran es liegt, dass Menschen mit hohem Body-Mass-Index keine Einbussen in ihrer Lebenszufriedenheit haben, ist nämlich bis heute unklar.
Kann man denn umgekehrt aus seiner Untersuchung schliessen, dass die Zufriedenheit mit den Kilos ansteigt? Sollte man sich womöglich fürs neue Jahr vornehmen, dicker zu werden, sofern man vor allem glücklich sein will? Nein, auch diesen Schluss kann man nicht ziehen. Vermutlich spielt die Zahl auf der Waage ganz allgemein keine grosse Rolle, wenn es um die Zufriedenheit geht.
Das könnte erklären, weshalb Menschen mit Übergewicht die Motivation fehlt, abzunehmen, vermutet der Forscher. Wieso etwas ändern, wenn man weitgehend zufrieden ist? Vermutlich werden also auch in diesem Jahr viele Menschen ihr hohes Gewicht behalten, obwohl sie sich etwas anderes vorgenommen hatten.
Ich aber frage mich, warum es dennoch immer dieselben Vorsätze sind, die ich in Statistiken sehe und von Freunden und Bekannten höre. Wobei, so ganz stimmt das nicht. Eine Freundin nahm sich einmal vor, im neuen Jahr mehr zu rauchen. Aber selbst das hat sie nicht geschafft. In dem Fall hat das Verfehlen des Vorsatzes eher zu ihrer Lebensqualität beigetragen, würde ich einmal behaupten.
Und wie wird es in meinem Fall sein? Was, wenn ich es nicht schaffen werde, mehr Ausflüge zu unternehmen? Eins nehme ich mir ganz fest vor: Ich will darüber nicht unglücklich sein.
Bereits erschienene Texte unserer Kolumne «Hauptsache, gesund» finden Sie hier.