Sonntag, September 29

Dem Turboladerhersteller Accelleron läuft es derzeit prächtig. Er wächst überdurchschnittlich schnell und verbessert die Rentabilität noch stärker. Die Qualität überzeugt.

Da hat ABB wirklich eine Perle in die Unabhängigkeit entlassen: Accelleron, das auf die Herstellung von Turboladern spezialisierte Spin-off, hat sich seit dem Börsengang am 3. Oktober 2022 prächtig entwickelt. Der Kurs der ehemaligen ABB-Sparte hat sich mehr als verdoppelt und die Bewertung gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) hat sich von 11 auf 24 noch stärker ausgedehnt.

Scharte wieder ausgewetzt

Das über den Erwartungen ausgefallene Ergebnis des ersten Halbjahrs hat dem Aktienkurs erneut Auftrieb gegeben. Temporär notierte er fast 4% höher, bevor Gewinnmitnahmen einsetzten. Der rund 10%-ige Rückgang Anfang August ist bereits wettgemacht worden, was die Qualität und Widerstandsfähigkeit des Unternehmens beweist.

Die operativ gute Leistung steht auf einem soliden Fundament. Zum einen gelingt es dem Accelleron-Management, aus einem traditionell stabilen, aber nur langsam wachsenden Geschäft mehr herauszuholen. Ein rigoroses Kostenmanagement sowie Grössenvorteile, die die Kapazitäten besser auslasten, erhöhen die Rentabilität. Trotz einem Umsatzwachstum von 14,5% blieb die Zahl der Mitarbeitenden im Turboladergeschäft unverändert und in den erweiterten Aktivitäten (Einspritzsysteme) wuchs das Volumen stärker als die Belegschaft.

Das organische Wachstum in der Berichtsperiode von 6,5% ist in einer üblicherweise 2 bis 4% expandierenden Branche vor allem deshalb beeindruckend, weil Accelleron in seinen wichtigsten Absatzmärkten bereits über einen hohen Marktanteil verfügt.

Accelleron kauft geschickt ein

Zum anderen zeigt die bisherige Akquisitionsstrategie des Unternehmens rasche Erfolge. Mit dem Kauf des Turiner Herstellers von Einspritzsystemen OMT hat Accelleron ihr Sortiment in ein angrenzendes Feld erweitert. OMT wiederum hat mit dem Kauf von OMC2 (70 Mitarbeitende, Umsatz im tiefen zweistelligen Millionenbereich) bereits weitere Produktionskapazitäten erschlossen.

Vor rund einer Woche hat Accelleron die Übernahme von True North Marine angekündigt. Das im kanadischen Montreal beheimatete Unternehmen ist auf die Optimierung von Schiffsverkehrsrouten spezialisiert. Rund 800 Schiffe sind mit ihrer Software ausgerüstet. Künftig soll sie als gebündeltes Angebot mit Accellerons digitaler Lösung (Tekomar Xpert), die zur Einsparung von Treibstoffen auf rund 2500 Schiffen installiert ist, angeboten werden.

Auch dank den drei Neuerwerbungen rechnet Accelleron für das laufende Geschäftsjahr mit einem Umsatzwachstum von 9 bis 12%. Organisch sollen 4 bis 7% drinliegen, deutlich mehr, als noch Anfang Jahr erwartet worden war.

Robuste Rentabilität

Accelleron wird jedoch nicht nur grösser, sondern auch (noch) rentabler. In der Sparte High Speed, das Turbolader für Notstromaggregate und Gaskompressionsanlagen umfasst, ging der Umsatz zwar organisch 2,5% zurück, weil amerikanische Kunden von Gaskompressoren, die vor allem im Abbau von Schieferöl/-gas zum Einsatz kommen, auf zu hohen Lagerbeständen sitzen. Laut Accelleron-Konzernchef Daniel Bischofberger wird sich die Lage ab dem vierten Quartal jedoch normalisieren. Trotzdem verbesserte sich die operative Ebita-Marge im Berichtszeitraum um 20 Basispunkte auf 26%.

Sogar 180 Basispunkte mehr oder 25,4% betrug die operative Marge im Segment Medium & Low Speed, dem traditionellen Geschäft mit den riesigen Zweitaktmotoren, die im Marinebereich zum Einsatz kommen, aber neu auch die Kraftstoffeinspritzung von OMT umfasst. Accelleron spielte in die Hände, dass die Frachtschiffe die sichere, aber viel längere Route um den afrikanischen Kontinent, wodurch die Distanzen länger werden und die Frachtraten steigen. Zudem läuft es auch im Servicegeschäft, das generell gute Margen kennt, derzeit sehr gut. Und sogar die Kreuzschifffahrt zeigt Wachstum, nachdem sie rund vier Jahr eher darbte. Laut Bischofberger wird sich die Inbetriebnahme neuer Kreuzfahrtschiffe ab 2026 im Umsatz bemerkbar machen.

Für das Gesamtjahr peilt das Accelleron-Management eine Ebita-Marge von 25% (i. V. 24,4) an. Dieses Niveau entspricht ungefähr dem, was laut Management auch mittelfristig drinliegt (23 bis 26%). Das Geschäftsmodell funktioniert, was sich daran zeigt, dass Renditen auf dem investierten Kapital (ROIC) von über 45% die Regel sind.

Dividendenerhöhung ist in Sicht

Auch die Erwirtschaftung eines attraktiven freien Cashflows hat Bestand. Die FCF-Conversion, also möglichst viel des freien Cashflows in Gewinn umzuwandeln, soll bei 90 bis 100% liegen. 2023 waren es 99%. Das erlaube, auch künftig eine stabilen bis leicht höhere Dividende auszuschütten, hiess es. Bleiben dann noch Mittel übrig, sollen sie für Aktienrückkäufe eingesetzt werden. Mit Blick auf die drei Akquisitionen seien diese für das laufende Jahr indes aufgebraucht, fügt der Finanzchef an. Aktienrückkäufe kommen also frühestens im kommenden Jahr auf die Agenda.

Accelleron ist eine Industrieperle. Sie ist nicht sehr gross (4 Mrd. Fr. Börsenkapitalisierung), aber robust und in der Lage Jahr für Jahr eine attraktive Dividende auszuschütten. Für 2024 liegt eine deutliche Erhöhung drin. Die Analysten rechnen im Schnitt mit 1.20 Fr. je Aktie, was eine Dividendenrendite von derzeit 2,9% ergäbe. Im vergangenen Jahr wurde sie bereits von 73 auf 85 Rp. pro Aktie angehoben.

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