Freitag, November 22

Eine Initiative will die Baselbieter Kantonalbank (BLKB) zwingen, ihre Aktivitäten auf den Heimatkanton zu konzentrieren. Der Zwist zwischen Lokalpolitikern und Kantonalbank spitzt sich zu.

Die Beziehung zwischen der Baselbieter Politik und ihrer Kantonalbank ist angespannt. Diese Woche hat ein überparteiliches Komitee um den SVP-Kantonalparteichef Peter Riebli eine Initiative lanciert, die «risikoreiche Projekte» und einen «überzogenen Gestaltungswillen in gesellschaftspolitischen Themen» der Baselbieter Kantonalbank zurückbinden will.

Damit ist in erster Linie das Digitalprojekt Radicant gemeint. Das ist ein Fintech, welches im Besitz der BLKB steht und 2023 eine neue Finanz-App eingeführt hat. Die Initiative will das Kantonalbankgesetz dahingehend ändern, dass die Bank fortan ihren Fokus auf das Kerngeschäft und das Baselbiet legen muss. Die negativen Schlagzeilen wegen Radicant hätten zu einem Vertrauensverlust geführt.

BLKB verzettelt sich mit Radicant

Der Vorwurf von Lokalpolitikern, die BLKB verzettle sich mit Radicant, nimmt damit wieder Fahrt auf. Im Frühjahr musste das Staatsinstitut einen Abschreiber in Höhe von 22 Mio. Franken auf das Fintech vornehmen, was die Kritiker des Projekts erneut auf den Plan gerufen hat. Insgesamt hat die Kantonalbank 90 Millionen in ihre Digitaltochter investiert.

Dass Radicant nicht etwa im Kantonshauptort Liestal, sondern im noblen Zürcher Seefeld beheimatet ist, wird gewisse Lokalpolitiker zusätzlich irritieren. Rund die Hälfte der rund 90-köpfigen Belegschaft der Digitalbank arbeitet in Zürich. Die Initiative dürfte aber auch das Produkt eines kleinen Skandals sein, der Anfang 2023 stattfand.

Damals setzte die BLKB den Chef von Radicant, Anders Bally, unverzüglich ab, weil er sich in einer internen E-Mail abschätzig über ältere Baselbieter Lokalpolitiker geäussert hatte: Sie würden das digitale Geschäftsmodell von Radicant nicht verstehen. Dass sich die Kritik an Strategie und Führung der BLKB in einer Initiative entladen würde, hatte sich nach einer Parlamentsdebatte im Juli abgezeichnet.

Die Initiative zielt aber auch auf die Bankleitung ab. So soll der Lohn des BLKB-Chefs John Häfelfinger gekürzt werden. Er dürfe nicht mehr als das Doppelte des Gehalts eines Regierungsrats betragen. Häfelfinger bezog 2023 eine Vergütung mit Sozialleistungen von über einer Million Franken. Weiter soll die Politik auch bei der Wahl der Bankräte stärker Einfluss nehmen können. Ziel ist «mehr Baselbiet» im Bankrat.

Redimensionierung oder Verkauf

Weitere Kritikpunkte sind der grüne Anspruch der Kantonalbank und ihrer Digitaltochter. «Es ist nicht die Aufgabe einer Staatsbank, die gesellschaftspolitische Diskussion zu gestalten», sagt Peter Riebli, der Kopf des Initiativkomitees und SVP-Landrat. Riebli spricht den Fokus von Radicant auf nachhaltige Investments an, die auch auf das Mutterhaus «abfärbe».

Die BLKB hat auf die Kritik aus der Politik reagiert. Nach einem Führungswechsel Ende des Jahres ist das grüne Profil von Radicant in den Hintergrund getreten. Nun wird die Finanz-App vor allem als preisgünstige Alternative zu Konkurrenten wie Revolut, Yuh oder Neon vermarktet. Im Oktober folgte die Ankündigung, dass Radicant sich mit dem Fintech Numarics zusammenschliessen wolle, um KMU mit digitalen Lösungen zu versorgen.

Bei Radicant sieht man sich auf dem richtigen Weg. Das Kundenwachstum habe sich erfreulich entwickelt. «Radicant wird auf dem eingeschlagenen strategischen Kurs weiterfahren», sagt ein Sprecher. Riebli begrüsst derweil die «Abkehr von der grünen Strategie». Aber um als Digitalbank erfolgreich zu sein und genug Kunden zu gewinnen, sei die Bank sehr spät dran. Er sei von Anfang an skeptisch gewesen, ob das Geschäftsmodell von Radicant funktioniere. Für ihn ist eine Redimensionierung angebracht, oder dann sollte durch einen Verkauf ein Schlussstrich gezogen werden.

Aus Sicht des Initiativkomitees, dem auch Mitglieder von FDP, Mitte und EVP angehören, hält Radicant die Kantonalbank vor allem zurück. So sei gemäss Riebli die Ertragskraft der BLKB im Vergleich etwa zur Bündner oder Thurgauer Kantonalbank in den letzten Jahren «nicht sehr überzeugend», sicher auch wegen Fehlern des Managements. Er zeigt sich überzeugt, dass die BLKB mit einem stärkeren regionalen Fokus mehr Erfolg hätte und zudem stärker bei lokalen KMU und in der Bevölkerung verankert wäre.

Zurück nach Liestal

Die Kantonalbank hält derweil fest, dass eine mögliche Umsetzung der Initiative und damit eine Fokussierung auf das Baselbiet einen Rückgang des Geschäftsumfangs nach sich ziehen würde. «Dieser würde Grösse und Ertragskraft der Bank negativ beeinträchtigen», schreibt die Kantonalbank in einer Stellungnahme. Auch einen Vertrauensverlust, den die Initianten vorbringen, sieht man bei der BLKB nicht. In einer Umfrage sei die Bank als beste Bank der Region Nordwestschweiz ausgezeichnet worden.

Ob die Initiative zustande kommt, ist offen, die Unterschriftensammlung hat eben erst begonnen. Somit wird sie vorerst keinen Einfluss auf das Geschäft nehmen. Dennoch ist vorauseilend bereits eine Regionalisierung der Aktivitäten festzustellen. So soll nach dem geplanten Zusammenschluss von Radicant und Numarics die neue Holdinggesellschaft ihren Hauptsitz in Liestal haben. Die bisherigen Standorte seien vom Zusammenschluss aber nicht betroffen. Die Radicant-Büros im Zürcher Seefeld bleiben also vorerst bestehen.

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