Montag, Oktober 7

Alexander der Grosse, Trump und jetzt Berlusconi: Die Umbenennung von Flughäfen löst immer wieder Kontroversen aus. Eine Auswahl.

Aeroporto Silvio Berlusconi. Geht es nach der italienischen Regierung, soll der internationale Flughafen Mailand-Malpensa künftig so heissen. Ausgerechnet Berlusconi, jener skandalumwitterte frühere Regierungschef Italiens.

Berlusconi war gebürtiger Mailänder, er starb im Juni letzten Jahres im Alter von 86 Jahren. In Erinnerung bleiben vor allem die Affäre um die minderjährige Prostituierte «Ruby» und die «Bunga-Bunga»-Partys. Berlusconi scheffelte seine ersten Millionen als Baulöwe, baute ein Medienimperium auf. Später wurde er wegen Bilanzfälschung rechtskräftig zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, die er wegen seines hohen Alters nicht absitzen musste.

Nun also einen Flughafen nach ihm benennen?

Siziliens Flughafen ist nach Mafia-Jägern benannt

Der Entscheid des italienischen Luftfahrtamts Enac, Malpensa umzubenennen, löst in Italien Kopfschütteln und Empörung aus. Der rechte Verkehrsminister Matteo Salvini muss nur noch seine Unterschrift hinzufügen, was er gerne tun werde, wie er auf X schreibt.

Eine Petition gegen das Vorhaben hatte am Dienstagnachmittag bereits mehr als 43 000 Unterschriften gesammelt. Darin heisst es, der Flughafen Malpensa sei das Tor der Lombardei zur Welt, der Stolz Italiens. Deshalb könne er nicht «nach einer so zwiespältigen und umstrittenen Persönlichkeit benannt werden».

Für Nicola Di Marco von den oppositionellen Cinque Stelle ist der neue Name des Flughafens ein Zeichen des «totalen Verfalls der italienischen Institutionen». Italien habe den Flughafen von Palermo nach den legendären Mafia-Jägern Falcone und Borsellino benannt. Nun solle ein Flughafen den Namen eines Mannes tragen, der das Land jahrelang politisch blamiert habe.

Direkte Kontakte zur Mafia konnten Berlusconi nie nachgewiesen werden, doch soll der Cavaliere rund zwei Jahrzehnte unter dem Schutz der Cosa Nostra – der sizilianischen Mafia – gestanden haben.

Der Mitte-links-Bürgermeister von Mailand, Beppe Sala, beschuldigte die Luftfahrtbehörde, dem Druck konservativer Kreise, darunter auch jener des Verkehrsministers der rechten Liga, Matteo Salvini, nachzugeben. Es sei ohne Rücksprache mit der SEA, der Betreibergesellschaft der Mailänder Flughäfen, gehandelt worden.

Sala hatte noch mit Erfolg die Umbenennung des Mailänder Stadtflughafens Linate in Berlusconi verhindert. Er bestand auf einer Regelung, laut der öffentliche Gebäude und Plätze erst zehn Jahre nach dem Tod einer bekannten Persönlichkeit deren Namen bekommen dürfen. Erst im vergangenen Monat hatte der Stadtrat von Mailand Pläne für einen Silvio-Berlusconi-Platz blockiert. Doch gegen den Entscheid der Behörden, Malpensa umzubenennen, ist Sala machtlos.

Hat Washington bald den Trump International Airport?

Der Mailänder Flughafen ist zudem nicht der erste Flughafen, um dessen Benennung es eine Kontroverse gibt. Im April brachten in den USA einige Republikaner eine Gesetzesinitiative ein, um den Dulles-Flughafen in der Hauptstadt in «Trump International Airport» umzubenennen. Als Begründung sagt der Abgeordnete Guy Reschenthaler, es gebe «kein besseres Symbol für Freiheit, Wohlstand und Stärke, als bei der Ankunft auf amerikanischem Boden die Worte ‹Welcome to Trump International Airport› zu hören».

Einer Umbenennung des Flughafens müsste jedoch auch der amerikanische Senat zustimmen, und in diesem stellen die Demokraten derzeit die Mehrheit.

Eine Umbenennung zum Trump-Flughafen wäre einer der wenigen Fälle, in denen Flughäfen nach lebenden Personen benannt werden. Das ist derzeit auf der portugiesischen Insel Madeira der Fall. Ihr Flughafen wurde 2017 nach ihrem bekanntesten Sohn benannt: Cristiano Ronaldo.

In Deutschland heisst der grösste Flughafen schlicht «Flughafen Frankfurt», manchmal auch «Rhein-Main-Flughafen», nach den Flüssen der Region. Die anderen grossen Flughäfen des Landes sind nach männlichen, verstorbenen Ex-Politikern benannt: Franz Josef-Strauss in München, Willy Brandt in Berlin, Helmut Schmidt in Hamburg, Konrad Adenauer in Köln/Bonn, Johannes Rau in Düsseldorf.

Die Frankfurter CDU forderte 2021 bei den hessischen Kommunalwahlen, den Flughafen nach dem 2017 verstorbenen Ex-Kanzler Helmut Kohl zu benennen. Die Christlichdemokraten wiesen auf die grossen Verdienste Kohls um die Deutsche Einheit hin, die Opposition störte sich jedoch an Kohls Spendenaffäre und seinem angeblich fehlenden Bezug zu Frankfurt.

Und so bleibt alles beim Alten beim Flughafen Frankfurt.

Alexander der Grosse und Ruder Boskovic

In anderen Flughafen-Streitigkeiten geht es um länger verstorbene historische Persönlichkeiten. In dem jahrelangen Disput zwischen Griechenland und dem nördlichen Nachbarstaat Mazedonien um die Verwendung des Namens Mazedonien ging es auch um die Bezeichnung des Flughafens von Skopje, der Hauptstadt Mazedoniens. Die Regierung der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik hatte diesen 2006 nach dem antiken makedonischen Herrscher Alexander dem Grossen benannt. Doch Athen befürchtete dahinter einen Anspruch auf nordgriechische Gebiete. Als sich die Regierungen 2018 um eine Beilegung des Streits um den Namen des Landes bemühten, taufte die Regierung in Skopje den Flughafen als Zeichen des «guten Willens» in «Internationaler Flughafen von Skopje» um. Nach Alexander dem Grossen ist nun allein der Flughafen der nordgriechischen Hafenstadt Kavala benannt.

Auch andere Balkan-Staaten bieten Anschauungsmaterial für kontroverse Benennungen ihrer Flughäfen.

Der internationale Flughafen von Pristina heisst seit 2010 «Adem Jashari», nach dem Begründer der Befreiungsarmee Kosovos (UCK). Für viele Kosovo-Albaner ist der 1998 von der serbischen Armee getötete Kommandeur ein Held. Die Serben Kosovos kritisierten die Umbenennung als Angriff auf den multiethnischen Charakter des Landes.

Die serbische Hauptstadt Belgrad wiederum taufte 2006 ihren Flughafen in «Nikola Tesla» um, den legendären Erfinder und Elektrotechniker. Tesla wurde 1856 als Kind einer serbisch-orthodoxen Familie in Smiljan geboren. Das Dorf liegt im heutigen Kroatien, damals war es Teil der sogenannten Militärgrenze, die Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich trennte. Serbien reklamiert den Erfinder Tesla für sich. Kroatien ebenso. Tesla selbst verbrachte den Grossteil seines Lebens in den USA. 1936 schrieb er: «Ich bin gleichermassen stolz auf meine serbische Abstammung wie auf meine kroatische Heimat. Es leben alle Jugoslawen!»

So weit, so klar?

Komplizierter wird es beim Flughafen der kroatischen Küstenstadt Dubrovnik. Im vergangenen November wurde dieser benannt nach «Ruder Boskovic», einem Mathematiker und katholischen Priester. Boskovic wurde Anfang des 18. Jahrhunderts in der damals als Ragusa bekannten Stadt geboren. Seine Mutter war Italienerin. Doch um die ethnische Identität seines Vaters wird gestritten: Er stammte aus einem Dorf oberhalb Dubrovnik, das heute zu Bosnien-Herzegowina gehört. Einige Serben behaupten, dass Boskovics Vater Serbe gewesen sei, er sei nur konvertiert, um in die katholische Händlerfamilie in Ragusa einzuheiraten. Politiker der Republika Srpska – der serbischen Entität von Bosnien-Herzegowina –wollen in Trebinje, nahe Dubrovnik, einen eigenen Flughafen bauen – und ihn ebenfalls Ruder Boskovic Airport nennen.

Nach Frauen sind kaum Flughäfen benannt

Nur wenige der über 350 nach berühmten Persönlichkeiten benannten Flughäfen weltweit tragen die Namen berühmter Frauen. In Albanien ist es der Flughafen von Tirana: «Mutter Tereza». In Jordanien gibt es den Flughafen «Queen Alia» und im indischen Delhi den Indira Gandhi International Airport. In Little Rock im amerikanischen Gliedstaat Arkansas wurde der Flughafen nach Bill und Hillary Clinton bekannt.

Die Schweiz hingegen bleibt ihrem neutralen Image treu: Flughafen Zürich, Aéroport International de Genève, Euro-Airport Basel Mulhouse Freiburg. Das ist so schlicht wie unverfänglich.

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