Freitag, Oktober 4

Alle drei Jahre lädt Peking zum grossen Afrika-Gipfel. China geht es darum, seinen Rohstoffhunger zu stillen – für die Probleme des Kontinents interessiert es sich wenig. Afrika wird als blosses Objekt wahrgenommen, auch weil es nicht mit geeinter Stimme auftritt.

Das medienwirksame Händeschütteln in Peking schien diese Woche kein Ende zu nehmen: Delegationen aus fast allen 54 afrikanischen Staaten waren auf Einladung des Staats- und Parteichefs Xi Jinping zum neunten China-Afrika-Gipfel angereist. An unverbindlichen Freundlichkeiten wurde während der dreitägigen Veranstaltung nicht gespart. Ihr haftete damit auch etwas Absurdes an. Denn gleichzeitig bekriegen sich im Sudan zwei rivalisierende Generäle und ihre Armeen – eine Tragödie, die in Peking weitgehend verdrängt wurde.

Dem seit eineinhalb Jahren andauernden Krieg sind schon mehr als 15 000 Menschen zum Opfer gefallen; laut der Uno hat er inzwischen die weltweit grösste Flüchtlingskrise ausgelöst. Internationale Organisationen warnen vor einer Hungersnot, auch weil die Kriegführenden Hilfe bewusst verunmöglichen.

Natürlich ist es nicht primär an China, diesen Krieg zu stoppen. Aber als der mit Abstand wichtigste Geldgeber und grösste Handelspartner Afrikas sollte es seinen Einfluss nutzen, um die sudanesischen Kriegsführer – und die in Peking versammelten afrikanischen Staatschefs – zu einer unverzüglichen Beendigung des Krieges zu drängen.

Stattdessen hat Xi mit General Abdelfatah al-Burhan dieser Tage auch einen der sudanesischen Kriegsverbrecher feierlich empfangen. Chinesische Firmen schlossen am Donnerstag mit dem Sudan mehrere Investitionsabkommen über AKW-, Hafen- und Flughafenprojekte.

Geschäfte, die in erster Linie China nutzen

Deutlicher könnte Peking nicht demonstrieren, dass es bei seinem Werben um Afrika nicht um Friedensförderung, sondern ums Geschäft geht. Ein weiterer Beleg dafür ist, dass China im Unterschied zu westlichen Gebern seine Unterstützung frei von politischen Bedingungen wie Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und anderen Formen guter Regierungsführung leistet.

Gegen Geschäfte an und für sich ist nichts einzuwenden. Immerhin hat das seit dem Jahr 2000 stark gestiegene chinesische Interesse an Afrika dazu beigetragen, dass für viele Milliarden Dollar Strassen, Häfen und Eisenbahnlinien gebaut werden konnten. Wenigstens ein Teil dieser Infrastrukturprojekte erleichtert den Alltag von Millionen von Afrikanern und trägt zur Entwicklung einiger Regionen bei.

Es handelt sich aber eben auch um Geschäfte, die China mehr nützen als den Afrikanern, erleichtern sie doch den Abtransport der vom Reich der Mitte so dringend benötigten Rohstoffe wie Erdöl, seltene Erden, Kupfer, Kobalt oder Gold.

Ausserdem werden die chinesischen Investitionen meist in Form von Krediten vergeben. Für die kommenden drei Jahre bis zum nächsten China-Afrika-Gipfel hat Peking dem Kontinent nun weitere gut 42 Milliarden Franken versprochen. Für mehrere Staaten, darunter Sambia, Malawi, Ghana und Äthiopien, haben sich diese Kredite als Schuldenfalle entpuppt. Ihnen droht die Zahlungsunfähigkeit.

Verlockende Märkte

Wenn Ökonomen dennoch von potenziell hohen Wachstumsraten der afrikanischen Wirtschaft sprechen, dann hat das stark mit dem Bevölkerungswachstum zu tun. Leben heute 1,4 Milliarden Menschen auf dem Kontinent – ungefähr so viele wie in ganz China oder in Indien – sollen es laut den Uno-Prognosen im Jahr 2050 bereits 2,5 Milliarden sein.

Nicht nur China schielt auf diesen enormen Absatzmarkt. Auch die EU und Staaten wie Indonesien, Grossbritannien, Südkorea oder Russland laden zu Afrika-Gipfeln. Die USA ihrerseits schickten Anfang Jahr niemand Geringeres als die Vizepräsidentin Kamala Harris auf eine Charmeoffensive durch Ghana, Tansania und Sambia.

Über so viel Interesse können sich die afrikanischen Staatschefs freuen. Sie sollten sich aber auch fragen, ob es nicht sinnvoll wäre, wenn sie vermehrt gemeinsame Positionen verträten. Sprächen sie öfter geeint, zum Beispiel als eine auf die drängendsten Probleme des Kontinents fokussierte Afrikanische Union, würde das ihren politischen Einfluss stärken. Das käme am Ende auch der Bevölkerung in den afrikanischen Staaten zugute.

Diese Idee mag utopisch sein. Doch die Realität, in der afrikanische Staaten untereinander rivalisieren, grausame Kriege führen und Spielball fremder Mächte bleiben, ist eine schlechte Alternative.

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