US-Präsident Donald Trump könnte eine gebrauchte Boeing 747 aus Katar geschenkt bekommen. Den nötigen Sicherheitsstandards entspricht sie jedoch nicht.
Eigentlich wollten die USA die Maschine kaufen. Dreizehn Jahre alt, in flugtüchtigem Zustand, mit Luxus-Innenausstattung: Die gebrauchte Boeing 747 aus Katar soll als neues Regierungsflugzeug Air Force One demnächst den Präsidenten Donald Trump um die Welt fliegen. Jetzt verkündet das Herrscherhaus in Katar unverhofft, das Flugzeug an Trump und das Pentagon verschenken zu wollen, wie etwa der TV-Sender ABC News berichtet.
Die Katar-747 würde als temporäre dritte Air Force One neben den beiden bestehenden Maschinen zum Einsatz kommen. Neu hatte die als VIP-Maschine umgebaute 747-8 mehr als 400 Millionen US-Dollar gekostet, wie Experten für den Luxusumbau von Flugzeugen schätzen. Der Luxusjet diente bisher ausschliesslich dem Transport der königlichen Familie von Katar sowie weiterer VIP, wie auch ein weiteres Dutzend Airbus- und Boeing-Flugzeuge.
Die temporäre dritte Air Force One könnte nach Trumps Amtszeit womöglich auch seiner Präsidentenstiftung und nicht dem Pentagon gehören. Er könnte sie daher auch nach 2029 selbst nutzen oder an die amerikanische Regierung verleasen.
Die Maschine dient als Zwischenlösung
Eigentlich hätte Boeing schon längst neue Air-Force-One-Regierungsflugzeuge liefern sollen. Noch während seiner ersten Amtszeit hatte Trump einen Vertrag für zwei neuwertige Boeing 747-8 mit anschliessendem Umbau ausgehandelt. Dennoch scheint dies für alle Beteiligten ein ziemlich schlechter Deal zu sein.
Denn zwei neuwertige Boeing 747-8 sollen zu neuen Air-Force-One-Regierungsflugzeugen umgebaut werden. Ihre Anschaffungs- und Umbaukosten haben die ursprünglich von Trump vereinbarte Fixpreis-Summe von 3,9 Milliarden Dollar mittlerweile weit überschritten und werden nun auf mindestens 5,3 Milliarden geschätzt. Schlimm ist für den US-Präsidenten insbesondere, dass beide Flugzeuge frühestens im Jahr 2029, also nach seiner zweiten Amtszeit, fertig werden, womöglich sogar erst in den 2030er Jahren.
Das Rüstungsunternehmen L3 Harris aus dem Gliedstaat Florida soll das katarische Flugzeug möglichst rasch umbauen, so dass Trump es neben den bereits bestehenden Air Force One als weiteres Präsidentenflugzeug schon ab Herbst oder Winter dieses Jahres nutzen kann. Das Ganze am liebsten in einer von Trump vorgeschlagenen neuen Lackierung mit einem dunkleren Blauton. Der allerdings wird von Aviatik-Experten bereits abgelehnt, weil er das Flugzeug zu stark aufheizen würde.
Die Aufrüstung könnte lückenhaft sein
Luftfahrtexperten dürften ohnehin mit Stirnrunzeln reagieren, weil die dann dritte Air Force One einen Grossteil der Spezialausrüstung, die eigentlich in der Maschine verbaut sein müsste, aufgrund der Kürze der Zeit und vielfältiger technischer Herausforderungen gar nicht an Bord haben dürfte.
Bisher gab es immer gleich zwei dieser Regierungsflugzeuge. Die beiden baugleichen Maschinen werden per Rufzeichen entweder als Air Force One oder Air Force Two bezeichnet, je nachdem, ob Präsident Trump oder sein Stellvertreter J. D. Vance an Bord ist. Die bisherigen als Typ VC25A bezeichneten 747-200B sind heute mit einem Alter von mehr als dreissig Jahren regelrechte Oldtimer: Sie fliegen seit den frühen 1990er Jahren. Das macht sie anfällig in puncto zusätzlicher Wartung und benötigter Ersatzteile.
Ihre zahlreichen geheimen Umbauten machen sie allerdings nach wie vor zu den vermutlich bestgeschützten Airlinern der Welt. Trotz enormer Geheimniskrämerei um die Ausrüstung der Maschinen gilt als sicher, dass beide Flugzeuge mit einem hochmodernen Selbstschutzsystem ausgerüstet sind. Dieses schützt sie im Falle eines Terrorangriffs mit Raketen.
Derartige Abwehrsysteme sind nicht nur in der Air Force One vorhanden, sie finden sich auch in Jets von gefährdeten Persönlichkeiten, Regierungschefs oder Politikern. In der Schweiz bekommt das nagelneue Regierungsflugzeug Bombardier Global 7500 ein derartiges System ebenfalls demnächst nachgerüstet.
Beide Air Force One sind gegen elektromagnetische Impulse und damit einen Ausfall ihrer elektronischen Fähigkeiten geschützt, die durch eine Atombombenexplosion entstehen könnten. Die Maschinen können sogar in der Luft betankt werden. Dazu fliegt ein Tankflugzeug mit einem ausfahrbaren Tankstutzen leicht oberhalb der 747. Diese bekommt nun wie ein Jagdflugzeug in der Luft vom Tankflugzeug über eine Leitung das Kerosin zugeführt. Damit ist es für das Regierungsflugzeug theoretisch möglich, 70 Stunden nonstop in der Luft zu bleiben. Diese Eigenschaft wurde für die mögliche 747 aus Katar als temporäre dritte Air Force One aber als unnötig eingestuft.
Mehr als hundert Personen sind an Bord
Beide bisherigen und identisch ausgestatteten Präsidentenflugzeuge haben zudem modernste Kommunikationssysteme an Bord. Denn in Kriegs- oder Krisenzeiten sind sie fliegende Kommandostände für den US-Präsidenten. Er hat von dort Zugriff auf alle Informationen von Militär und Geheimdiensten und kann diese im Gegenzug instruieren.
Für den Präsidenten und seine Ehefrau sind Schlafräume vorhanden, dazu für seine Entourage Konferenz- oder Ruheräume sowie Plätze für mitreisende Journalisten. 26 Luftwaffenangehörige gehören zur Bord-Crew, maximal 102 Personen können mitfliegen. Die Reichweite der beiden bisherigen 747-200B liegt bei 12 500 Kilometern.
Das Ausgangsmuster, die 747, war über Jahrzehnte hinweg bis 2022 in Produktion und gilt bis heute als Königin der Lüfte – auch in mehreren Exemplaren bei der ehemaligen Swissair. Tatsächlich ist sie ein grosses Erfolgsmodell für Boeing. Im Rahmen der Modellpflege über ein halbes Jahrhundert hinweg erhielt die Maschine stärkere Triebwerke, eine modernere Bordelektronik (Avionik), mehr Zuladung und Reichweite. So fliegt die bis 2022 gebaute letzte 747-8i-Version 14 000 Kilometer weit, und das ohne Zwischenbetankung in der Luft. Mehr als 1500 Exemplare wurden produziert.
Beim Aus- und Umbau der neuen Air Force One, die der amerikanischen Luftwaffe unterstellt sein werden und wie bisher von deren Piloten geflogen werden, reissen die Verzögerungen allerdings seit Jahren nicht ab. Vor allem die vernetzte Elektronik für die vielen Systeme bereitet Probleme, ebenso die Kommunikationsanlagen. Auch das mittlerweile deutlich modernere und komplexere Selbstschutzsystem muss in die dafür nicht konzipierte 747-Struktur integriert werden.
Dass die mutmasslich verschenkte katarische 747 nach einem wenige Monate dauernden Umbau diese technischen Herausforderungen erfüllen wird, erscheint Aviatik-Experten ziemlich unwahrscheinlich. Es wäre aber möglich, dass diese neue Maschine, wenn sie tatsächlich kommt, nur bei Inlandsflügen des Präsidenten genutzt wird, um die beiden alten Air Force One zu entlasten.