Mittwoch, April 16

Immer mehr Städte und Gemeinden greifen zu Regulierungen, um die Kurzzeitvermietung einzudämmen. Doch viele der Massnahmen greifen zu kurz oder setzen am falschen Ort an – das kritisiert nicht nur Airbnb.

Spanien zieht die Notbremse: Wer ab Juli Touristen beherbergen will, muss sein Objekt registrieren, eine Identifikationsnummer angeben und sämtliche Buchungen digital an die Behörden melden. Plattformen wie Airbnb sind verpflichtet, Inserate ohne Nummer zu löschen – spätestens 48 Stunden nach einem behördlichen Entscheid.

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Das Land setzt damit als erster EU-Mitgliedstaat die neue Verordnung zur Kurzzeitvermietung um. Grund ist die eskalierende Wohnungsnot in beliebten Ferienregionen wie Barcelona oder Mallorca, wo Normalverdienende kaum noch bezahlbaren Wohnraum finden.

Umstrittene Plattform

In der Schweiz herrschen andere Verhältnisse, doch auch hier wächst der politische Druck, gegen Kurzzeitvermietungen vorzugehen. Städte und Gemeinden versuchen, Airbnb und ähnliche Anbieter mit neuen Regeln einzudämmen. Denn so sehr Reisende die flexible Unterkunftsform schätzen: Nicht alle sehen darin ein charmantes Geschäftsmodell, das Privaten ein Zusatzeinkommen verschafft. Für viele ist es ein Symbol der Verdrängung. Sie machen Plattformen wie Airbnb verantwortlich für steigende Mieten, schrumpfenden Wohnraum und Lärmbelästigung in Wohnquartieren.

In Luzern dürfen Wohnungen seit Anfang 2025 nur noch 90 Tage pro Jahr über Plattformen wie Airbnb vermietet werden – eine Regel, die auch in Genf und der Waadt gilt. In Basel, Bern, Thun, Zermatt und Interlaken sind strengere Vorschriften in Arbeit. Einige Gemeinden setzen zusätzlich auf Mindestaufenthaltsdauern oder Quoten für Erstwohnungen. In Davos, Klosters und dem Tessin besteht bereits eine Registrierungspflicht. In Zürich wollen die Sozialdemokraten das Geschäftsmodell von Anbietern wie Airbnb ebenfalls einschränken, um Wohnraum zu schützen.

Florierendes Geschäft

Trotz strengeren Vorgaben floriert das Geschäft. Airbnb verzeichnete in der Schweiz im vergangenen Jahr über 2 Millionen Gästeankünfte. Das entspricht einem Wachstum von mehr als 50 Prozent in zwei Jahren. Zum Vergleich: Hotels und Kurbetriebe zählten 2024 laut Bundesamt für Statistik 21 Millionen Gästeankünfte, ein Anstieg von nur 18 Prozent seit 2022.

Die neuen Zahlen stammen aus einer Mitteilung, die Airbnb am Dienstag gemeinsam mit einer Analyse zur Marktentwicklung veröffentlicht hat. Darin widerspricht das Unternehmen dem Vorwurf, Wohnraum zu vernichten. Laut eigenen Angaben machen Inserate der Kategorie «gesamte Unterkunft», die länger als 90 Tage im Jahr gebucht werden, schweizweit nur 0,14 Prozent aller Wohnungen aus. In Genf sind es 0,4 Prozent, in Zürich 0,27, in Bern und Basel weniger als 0,2 Prozent.

Nur diese Angebote gelten als potenziell problematisch für den Wohnungsmarkt. In den übrigen Fällen handelt es sich meist um einzelne Zimmer oder um das temporäre Teilen der eigenen Wohnung. Ellen Madeker, Leiterin Public Policy von Airbnb für den deutschsprachigen Raum, sagt: «Gastgeben auf Airbnb hat keinen signifikanten Einfluss auf den Schweizer Wohnungsmarkt.»

Für die Schweizer Städte mag das stimmen. Tatsächlich ist die Airbnb-Dichte dort vergleichsweise gering. Eine NZZ-Auswertung zeigt: In Zürich kommen auf 1000 Einwohner rund 3,9 Angebote, in Genf 3. In Paris, Venedig oder Florenz liegt der Wert bei über 20. Die Aussage, dass Airbnb in Schweizer Grossstädten nicht zur Wohnungsnot beiträgt, ist damit nachvollziehbar.

Das grössere Problem liegt in den Tourismusregionen, doch auf diese geht Airbnb in seiner Analyse nicht ein. In Lauterbrunnen etwa, das seit 2023 als Instagram-Hotspot gilt, ist laut einer Auswertung der Tamedia-Zeitungen fast jede vierte Wohnung auf Airbnb. Gemeindepräsident Karl Näpflin spricht von «Fluch und Segen»: Die Plattform bringe Einnahmen – aber auch Verdrängung. Investoren kauften Wohnungen gezielt auf, um sie touristisch zu vermieten. Für Einheimische bleibe zu wenig übrig.

Behörden setzen Grenzen

Thomas Egger, Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), beurteilt die Situation ähnlich: «Mittlerweile ist Airbnb in den touristischen Regionen das grössere Problem als in den Städten.» Egger betont aber auch, dass Plattformen wie Airbnb sehr willkommen seien, um kalte Betten in Zweitwohnungen in warme Betten zu verwandeln. Problematisch werde es, wenn Erstwohnungen durch die Vermietung dauerhaft dem Markt entzogen würden. Und gerade dies passiere derzeit gehäuft in den touristischen Destinationen im Alpenraum. In Saas-Fee, Davos oder St. Moritz wird laut Egger jede fünfte Wohnung über die Plattform angeboten. Ein Drittel der Angebote stamme von kommerziellen Anbietern.

Die Schweiz kennt bis jetzt keine nationale Regulierung, aber viele lokale Massnahmen, wie Egger in einer Studie analysiert hat. Diese reichen von Mietzeitbeschränkungen (z. B. in Luzern oder Genf) über Registrierungspflichten (z. B. in Davos oder im Tessin) bis zu Bewilligungspflichten, Mindestaufenthaltsdauern und Tourismusabgaben. Gemeinden wie Interlaken und Unterseen gelten als Vorreiter – kämpfen aber mit Schwierigkeiten bei der Durchsetzung.

Die EU macht es vor

Laut Egger zeigt besonders die 90-Tage-Regel wenig Wirkung, da sie kaum kontrolliert werden kann. Die Durchsetzung bleibe eine Schwachstelle – technische Lösungen wie in London, wo Angebote nach 90 Tagen automatisch gesperrt würden, existierten in der Schweiz nicht.

Egger sieht das Problem allerdings weniger bei Airbnb als bei den Behörden. Airbnb habe Bereitschaft signalisiert, Angebote auf der eigenen Plattform nach 90 Tagen zu sperren. Aber das bringe nichts, wenn die Wohnungen danach einfach auf anderen Plattformen wie Booking oder Interhome erneut auftauchten. Um solche Verlagerungseffekte zu verhindern, brauche es eine gemeinsame Dateninfrastruktur und eine nationale Registrierungspflicht – nach dem Vorbild der eingangs erwähnten EU-Verordnung.

Diese Art von Regulierung entspricht im Übrigen auch der Linie von Airbnb. Kathrin Anselm, Europa-Chefin der Plattform, äusserte sich kürzlich gegenüber der NZZ kritisch zur Luzerner 90-Tage-Regel als nicht zielführend. Stattdessen empfehle sie Städten ein digitales Registrierungssystem, wie es die neuen EU-weiten Regeln vorsähen. Damit herrsche volle Transparenz darüber, wer welche Unterkunft vermiete – und wie aktiv diese tatsächlich genutzt werde.

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