Alain Sutter beerbt Stephan Schwarz als GC-Sportchef – nun muss sich der 57-Jährige als Erstes mit der Trainerfrage beschäftigen.

Wenn sie in letzter Zeit einen Posten zu besetzen hatten – und die Grasshoppers hatten in letzter Zeit immer wieder einmal einen Posten zu besetzen –, dann warteten sie gerne mit einem überraschenden Namen auf. Zuerst musste dieser Name dann in die Suchmasken der einschlägigen Internetportale eingetippt werden. Das war bei Thomas Oral so, dem Deutschen, der seit November Trainer der Zürcher ist. Und war bei Stephan Schwarz so, dem Deutschen, der im Frühling des vergangenen Jahres zum Sportchef ernannt worden war.

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Seit Montag ist Schwarz nicht mehr der Sportchef von GC. Der Klub hat ihn nach dem 0:2 in Winterthur, das GC endgültig in den Abstiegskampf beförderte, entlassen. Bei der Wahl von Schwarz’ Nachfolger überraschen die Grasshoppers, da sind sie sich treu geblieben. Aber ein Fall für die Suchmaschine ist sein Name nicht. Sie haben Alain Sutter zu ihrem neuen Sportchef gemacht, den 57-Jährigen, der im Schweizer Fussball seit 40 Jahren seine Spuren hinterlässt.

Sutter, der vielfache Nationalspieler, der einst für Bayern München spielte, später die Partien des Nationalteams im Fernsehen analysierte und dann den FC St. Gallen jahrelang als Sportchef prägte. Sutter, der, das vor allem, 262 Mal für die Grasshoppers auflief, mit ihnen zwei Meistertitel holte und zwei Cup-Siege. Der später zum Klub zurückkehrte, als Berater des Verwaltungsrats, als Sportchef des Frauenteams. Und der jetzt zurückkehrt, mit einem langfristigen Vertrag, wie es in einer Medienmitteilung heisst, und sich «riesig» darüber freut.

Die Verpflichtung Sutters ist ein bemerkenswerter Zug der amerikanischen Besitzer. Sie holen mit ihm Kompetenz und ein Stück der alten, erfolgreichen Grasshoppers zurück. Sie haben auch schon verlauten lassen, dass sie von diesem GC mit seinem Rekordmeister-Etikett eigentlich nichts mehr wissen wollen. Sutter soll nun laut Stacy Johns, der Präsidentin, «ein wichtiger Grundbaustein» für die Zukunft des Klubs sein.

Vielleicht ist Sutter tatsächlich genau das, was die Grasshoppers in Zukunft brauchen. Aber ist ein Wechsel auf dem Posten des Sportchefs wirklich auch das, was sie angesichts des drohenden Abstiegs im Moment brauchen?

Die klägliche Bilanz von Schwarz

Wie tief die Grasshoppers in der Krise stecken, war zuletzt am Samstag gegen Winterthur zu besichtigen. 0:2 verlor GC, eine Mannschaft ohne Plan und vor allem ohne Willen, den Konkurrenten gegen den direkten Abstieg auf Distanz zu halten. Nach dem Match war klar, dass das Momentum auf die Seite der Winterthurer gekippt war. Während die ausverkaufte Schützenwiese ihre Helden feierte, trotteten die GC-Spieler vor ihre Anhänger und mussten sich Schimpftiraden anhören. Aber auch diese wirkten ohne Energie und matt wie die Vorstellung von GC. Der GC-Auftritt war der eines Absteigers.

Mit den Journalisten wollte niemand reden. Der Trainer Oral machte sich stehenden Fusses auf die Reise zur Hochzeit seiner Schwester, ohne etwas zu sagen. Der Sportchef Schwarz spazierte eine halbe Stunde nach dem Abpfiff zu seinem Auto und fuhr davon. Für immer, wie sich zeigen sollte. Vor 14 Monaten war Schwarz für Bernt Haas gekommen, die erste Amtshandlung von Schwarz war die Entlassung von Bruno Berner. Mit dessen Nachfolger Marco Schällibaum gelang der Ligaerhalt. Sonst aber ist die Bilanz von Schwarz kläglich.

«Besser als in der vergangenen Saison», lautete das bescheidene Ziel von Schwarz für diese Saison. Das wäre der 10. Rang. Genauso bescheiden ist auch die Transferbilanz von Schwarz. Benno Schmitz und Sonny Kittel zeigten nie, warum sie in einem früheren Leben in der ersten Bundesliga gespielt hatten. Leihspieler wie Nestory Irankunda stagnierten. Mathieu Choinière, Tomas Veron Lupi oder Lee Young-jun blieben den Grasshoppers so fremd wie Schwarz selber, der nie den Eindruck machte, mit den hiesigen Gegebenheiten zurechtzukommen. Zuletzt soll Schwarz vor allem schlechte Stimmung im Team und im Staff verbreitet und einzelne Spieler blossgestellt haben.

Mit dem Trainer Oral präsentierte Schwarz im Herbst als Nachfolger von Schällibaum einen Trainer ohne Erfahrung in einer höchsten Liga. Das machte schon damals klar, dass sich das «grosse Netzwerk», auf das sich Schwarz und sein Vorgesetzter Harald Gärtner stets berufen haben, eher bescheiden ausnimmt. Oral sprach denn auch schon am ersten Tag vom «Abstiegskampf». Ausser Abstiegskampf-Fussball war dann auch nichts zu sehen: keine Spielidee, keine Entwicklung, keine Konstanz und hektische Formationswechsel von Spiel zu Spiel.

Ähnlich wie Schwarz hatte auch Oral nie den Eindruck widerlegt, bei GC mehr als einen Feuerwehr-Job zu erledigen. Im öffentlichen Auftritt bediente sich der Coach meistens im Stehsatz-Vokabular. Als er nach der letzten Derby-Niederlage davon sprach, wahrscheinlich die elf falschen Spieler auf den Platz geschickt zu haben, versuchte er sich in Ironie – Ironie als Zeichen, dass es ihm eigentlich auch ein wenig egal ist. Zuletzt in Winterthur tobte er an der Seitenlinie herum und kassierte eine Verwarnung. Für das Derby gegen den FC Zürich ist er gesperrt.

Sutters Verpflichtung könnte ein Zeichen aus Los Angeles sein

Ob Oral dann überhaupt noch GC-Trainer sein wird, ist die erste grosse Frage, mit der sich Alain Sutter in Absprache mit den GC-Besitzern in Los Angeles wird befassen müssen. Hat Sutter bereits einen Namen im Kopf für die Mission Ligaerhalt und für die Zeit danach? Der Mannschaft für vier Spiele und allenfalls zwei Barrage-Matches einen neuen Übungsleiter zuzumuten, ist mit Risiken verbunden. Andererseits wäre die Ausgangslage für Sutters Aufgabe eine ganz andere, müsste er die kommende Saison in der Challenge League anfangen. Es wäre jedenfalls keine Überraschung, wenn Oral gehen müsste.

Auf längere Sicht könnte die Verpflichtung von Sutter ein Zeichen sein, dass die Besitzer in Los Angeles gemerkt haben, dass sie mit GC in Zürich nicht vorankommen. 15 Millionen Franken haben sie im ersten Jahr bezahlt, ohne einen Schritt voranzukommen. Eine Geschäftsstelle in der Stadt statt in Niederhasli, eine neue Stadion-Hymne, ein paar Hopp-GC-Fähnchen oder ein Wurststand hinter dem Stadion bringen nichts. Der einzige Weg für den Rekordmeister sind Investitionen in die erste Mannschaft. Es ist anzunehmen, dass Sutter sich ohne entsprechende Zusicherungen GC nicht antun würde.

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