Mittwoch, Oktober 9
Nachgewürzt

Wolfgang Fassbender


Renaissance in der Gastronomie

Selbstbedienung im Restaurant wirkt nicht mehr zeitgemäss. Bei genauerem Hinsehen aber spricht so einiges für die Installation eines Buffets.

Ein Essen unter dem Motto «all you can eat» geniesst einen schlechten Ruf. Sich den Magen vollzuschlagen, gilt in Kreisen von Gourmets als unfein, es wird dem angeblich einfachen, kulinarisch ungebildeten Volk überlassen. Kenner zelebrieren das Essen in kleinen, wohldosierten Portionen, die von der Küche à la minute zubereitet und anschliessend vom Kellner an den Tisch serviert werden. Beim Buffet mögen sich andere vollstopfen!

Doch bei genauerem Hinsehen wird das Bild fadenscheinig. Buffets und All-you-can-eat-Angebote werden von Feinschmeckern gern einmal wahrgenommen, nur nennen sie sich anders. Die Küchen- oder Gartenparty feiner Hotels etwa, zu der Gastköche eingeladen werden und für die manche ein paar hundert Franken berappen, ist bei genauem Hinsehen nichts anderes als ein All-you-can-eat-Event – allerdings eines, das Kaviar, Steinbutt und jede Menge Grandezza umfasst.

Quasi unbestritten ist das Frühstücksbuffet

Auch beim Frühstück ist das Buffet gern gesehen, selbst in den besten Hotels. Was in der Pandemie noch kritisch beäugt und bisweilen für einige Monate des Lockdowns zugunsten des Service à la carte eingeschränkt wurde, ist längst wieder Standard. Mögen Gäste in der Fünf-Sterne-Hotellerie auch Egg Benedict und frisch gebackene Waffeln zusätzlich bestellen können, so ist Selbstbedienung à discrétion fast überall unerlässlicher Teil des morgendlichen Angebotes.

Anders sieht die Sache schon am Mittag und am Abend aus. Wer nach Buffet-Angeboten sucht, findet sie vor allem in der asiatisch geprägten Gastronomie, und dort, wie etwa beim abendlichen Thai Night Market Buffet im Restaurant Himmapan, auf beachtlichem Niveau. Die schweizerisch orientierten Betriebe scheuen dagegen diesen Weg oft, wollen allenfalls Teilsegmente umstellen. Das Salatbuffet hat sich zwar bisweilen durchgesetzt, aber weitergehende Selbstbedienung wird oft speziellen Gelegenheiten – etwa Silvester, vielleicht das Metzgete-Buffet im Gasthof Ochsen – vorbehalten.

Es spricht viel fürs Buffet

Bei genauerem Hinsehen spricht allerdings auch jenseits spezieller Anlässe oder der indisch beziehungsweise chinesisch geprägten Gastronomie viel für die Installation eines Buffets – und immer mehr Restaurants erkennen dies. Das in vielen Regionen immer knappere Personal lässt sich halt besser zur Beratung und zum Verkauf von Getränken einsetzen, wenn es nicht ständig gefüllte Teller herbeitragen muss.

Der gefürchtete Food Waste hingegen lässt sich auf unterschiedliche Weise bekämpfen – etwa durch Kommunikation und Preissteuerung. Ein Buffet muss am fortgeschrittenen Abend nicht mehr in allen Segmenten aufgefüllt werden, kann dafür mit einem Rabatt auf den Preis angeboten werden. Gegen jene Gäste, die sich den Magen über alle Massen vollschlagen, hilft eine Abrechnung per Gewicht, wie sie etwa das Zürcher «Hiltl» anbietet; auch Strafgebühren für alle, welche die Teller nicht leer essen, wären denkbar.

Abwechslung muss sein – auch für Gourmets

Ob aber Buffets und die All-you-can-eat-Angebote auch für die gehobene und die Gourmet-Gastronomie taugen? Wer sich als Gastronom nicht sicher ist, wie er auf diese Frage antworten soll, kann ja einfach einmal klein anfangen. Ein Brotbuffet für den Anfang und ein Käsebuffet als fakultative Ergänzung des Menus sind auch den meisten an Tischservice gewöhnten Gästen zu vermitteln.

Auch das Dessertbuffet käme wohl im Sternerestaurant gut an – und was spräche dagegen, hier und da sogar den Hauptgang als Minibuffet mit verschiedenen Kreationen zu offerieren? Dass die Kunden ihre Konsumation nach individuellem Hungergefühl steuern können und zudem Abwechslung geniessen, lässt das Teilbuffet doppelt attraktiv werden.

Mein Buffet-Highlight war, im vergangenen Jahr genossen, übrigens das Essen im «Feuerberg Mountain Resort» im österreichischen Kärnten. Antipasti und regionale Vorspeisen, Brot-Bar und Käsebuffet, Schinken von der Prosciutto-Maschine, Essig-Öl-Bar und Gewürzmarkt beinhalteten eine so hohe Qualität, dass auch fortgeschrittene Gourmets glücklich geworden wären.

Exit mobile version