Franziskus war auch ein Mann der Versöhnung. Bei seinem Besuch 2018 in der Calvin-Stadt Genf setzte er nicht nur ein Zeichen für die Einheit der Christenheit. Er eroberte auch die Herzen der Schweizer.

Am 21. Juni 2018 besuchte Papst Franziskus die Schweiz. Der «Blick» begleitete ihn und berichtete nahezu ohne Zeitversetzung über das Programm. Mit Doris Leuthard, Alain Berset und Ignazio Cassis kündigten gleich drei Mitglieder der Landesregierung an, den Papst in Genf persönlich treffen zu wollen. Die NZZ schrieb nach dem Besuch, Franziskus sei in Genf wie ein Popstar gefeiert worden.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Für den Papst war der Besuch nicht ohne Risiko. Denn er setzte damit ein Zeichen für die Reformer in der römisch-katholischen Kirche. Dass er ausgerechnet zum 70-Jahr-Jubiläum des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in die Schweiz reiste, sorgte bei den konservativen Kräften für Kritik.

Denn der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK), der 1948 in Genf gegründet wurde, und über 500 Millionen Christen in über 110 Ländern, vertritt, ist eine Art UNO der christlichen Kirchen. Er strebt die Einheit der Kirchen an. Die römisch-katholische Kirche war sein prominentestes Nicht-Mitglied. Gleichwohl: der ÖRK und der Vatikan betreiben Friedensarbeit in Kriegsgebieten, kämpfen gegen den Klimawandel und setzen sich weltweit für den interreligiösen Dialog ein. Daher kam dem Besuch von Papst Franziskus in Genf auch ohne Ankündigung eines ÖRK-Beitritts eine aussergewöhnliche Bedeutung zu.

Überwindung historischer Differenzen

Historisch betrachtet fand der Besuch also in einer Stadt statt, die als Symbol der internationalen Diplomatie und des interkonfessionellen Dialogs gilt. Bereits in der Reformationszeit spielte Genf eine zentrale Rolle, und mit dem Wirken Johannes Calvins wurde die Stadt zu einem wichtigen Zentrum des Protestantismus.

Vor diesem Hintergrund war der Besuch von Papst Franziskus auch als bedeutender Schritt hin zur Überwindung historischer Differenzen zwischen den christlichen Konfessionen zu sehen.

Wie umstritten der Besuch war, zeigte eine gezielt gestreute Indiskretion. Im Vorfeld des Besuchs wurde ein eigentlich geheimes Schreiben zwischen dem Papst und Kardinal Reinhard Marx, dem Vorsteher der einflussreichen Deutschen Bischofskonferenz, bekannt. Darin bekannte sich Franziskus zwar zur Ökumene, sprach sich aber gegen ein gemeinsames Abendmahl aus.

Der erwartete Eklat und die Empörung der Reformer blieb aus. Der Vatikan kündigte an, der Papst wolle an einem ökumenischen Gebet teilnehmen und eine Predigt halten. Der Besuch habe den Zweck, den Dialog unter den christlichen Kirchen stärken. Mehr sei nicht zu erwarten.

In den Mittelpunkt seiner Genfer Rede setzte Franziskus schliesslich die Botschaft, dass die Einheit der Christen eine Priorität seines Pontifikats sei. Gesellschaftlichen Herausforderungen wie Armut, soziale Ungerechtigkeit und Migration müssten die Christen gemeinsam angehen.

40 000 Menschen an der Palexpo

Die klare Botschaft stiess in der Schweiz, die traditionell eine vielfältige konfessionelle Landschaft aufweist, auf grosse Zustimmung. Dass Papst Franziskus den Dialog und das gemeinsame Handeln in den Vordergrund rückte und damit ein starkes Signal für die Zusammenarbeit zwischen den Kirchen setzte, bescherte ihm in der Schweiz grosse Sympathien. Rund 40 000 besuchten die Messe an der Palexpo.

Der Besuch in Genf wird nicht nur in der Schweiz als Meilenstein in den ökumenischen Beziehungen wahrgenommen. Die Botschaft des Papstes hallt bis heute in der ökumenischen Zusammenarbeit der Kirchen in der Schweiz nach.

Exit mobile version