Donnerstag, Mai 15

Bei seinem Staatsbesuch in Saudiarabien traf der amerikanische Präsident auf den neuen syrischen Präsidenten und verkündete grosse Geschäfte. Der saudische Kronprinz darf sich die Hände reiben – doch viele Probleme bleiben.

Die «Medienoase» ist ein angenehmer Ort. Während draussen die Sonne brennt, ist es hier drinnen kühl. In dem eigens für den Trump-Besuch errichteten Luxus-Pressezentrum in Riad laufen Videos von blühenden Landschaften über die Bildschirme. Männer in weissen Umhängen reichen Tässchen mit Kardamom-Kaffee. Beim Rausgehen verteilen sie Stofftaschen voller Prospekte, auf denen steht: «Saudiarabien: dieses Land ruft Dich».

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Achmed al-Sharaa hat diesen Ruf offenbar erhört. Syriens neuer Präsident, der im Dezember den Diktator Bashar al-Asad aus Damaskus verjagt hatte, versucht derzeit verzweifelt, sein kaputtes Land über Wasser zu halten. Der zum Staatsmann gewandelte Ex-Jihadist ringt mit den harten Sanktionen, die Syrien niederhalten. Doch alle Bitten um eine Aufhebung der einschneidenden Massnahmen waren bisher ungehört verhallt – das hat sich in Riad geändert.

Kehrtwende in Riad

In der saudischen Hauptstadt traf Sharaa am Mittwoch auf Donald Trump. Der amerikanische Präsident hatte Syrien vor ein paar Monaten noch als Problemfall abgetan, von dem man am besten die Finger lassen sollte. Nun gaben sich die sich die beiden lächelnd die Hände. Am Abend zuvor hatte Trump in einer Rede überraschend angekündigt, die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben.

Auf dem Bild, das ein Fotograf am Ende des Treffens von Sharaa und Trump machte, ist noch ein weiterer Mann zu sehen: Mohammed Bin Salman, der mächtige Kronprinz von Saudiarabien und offenbar der Initiator von Amerikas Syrien-Kehrtwende. Zuvor hatte Trump halb scherzhaft über sein neues Verhältnis zu Damaskus gesagt, er habe dies bloss für den Kronprinzen getan. Derweil ist Syrien über Nacht vom Paria zu einem potenziellen Handelspartner geworden.

Bin Salman lächelte das Lächeln eines Siegers. Der Kronprinz weiss, dass Trumps Besuch in Riad, der den Auftakt zu einer viertägigen Golfreise des Präsidenten bildete, ein grosser Erfolg war. Zwar verkündete der geschäftstüchtige Amerikaner vor allem Mega-Abkommen und Waffengeschäfte und keine diplomatischen Durchbrüche. Doch der grosse Auftritt des Präsidenten war ganz nach dem Geschmack des Gastgebers.

Der Showman Trump begeistert

Trump lobte Bin Salman und sein Reich in den Himmel. Saudiarabien sei ein Beispiel dafür, was die Leute im Nahen Osten erreichen könnten, sagte er. Zuvor war er geschlagene vier Minuten lang zu den Klängen des Patrioten-Schlagers «God bless the USA» vor einer riesigen Saudi-Flagge gestanden. «Sie haben es allein geschafft, ohne die Hilfe jener Staatenbauer, Neokonservativen und Liberalen, die Milliarden für nichts ausgegeben haben», fuhr Trump fort.

In den saudischen Medien wurde dieser Ausschnitt der Rede auf und ab gespielt. Wieder einmal zeigt sich: der Showman Trump, der in Europa auf Ablehnung stösst, ist in Arabien zumindest vordergründig ein Star. Er nervt nicht mit Menschenrechten und will vor allem gute Geschäfte machen. Zudem trifft er bei den Araberführern offenbar den richtigen Ton. Bin Salman bezeichnet er fast schon väterlich als guten Freund, die Huthi nennt er «tapfer». Ahmed al-Sharaa sei ein «attraktiver, junger und harter Kerl.»

Das kommt an. Gerade die machtbewussten Saudi fühlten sich vom Westen oft auf die Rolle einer zurückgebliebenen, autoritären Öltankstelle reduziert. Nun adelt sie Trump zum Zentrum der Welt. Dass bei dem zweitägigen Treffen in Riad für den blutigen Krieg in Gaza noch immer keine Lösung gefunden werden konnte und der Ausgang der amerikanischen Atomverhandlungen mit Iran ebenfalls ungewiss ist, tat der pompösen Feierstimmung deshalb keinen Abbruch.

Der grösste Bauunternehmer der Welt

Stattdessen führte Bin Salman den entzückten Trump durch eine Art Wanderaustellung der saudischen Zukunftsträume. Neom, die geplante Riesenstadt, ist ebenso zu sehen wie die gewaltigen Tourismusprojekte im Roten Meer. Die Ausstellung ist Teil einer Investorenkonferenz, an der sich nicht nur Superstars der Tech-Szene wie Elon Musk oder Sam Altman zeigten, sondern auch junge Unternehmer aus Texas oder kolumbianische Ingenieure, die Investoren für ihre Green-Energy-Projekte suchen.

Zwar will der Kronprinz Saudiarabien in Zukunft zum Ziel ausländischer Direktinvestitionen machen. Doch noch immer pilgern die meisten Besucher nicht nach Riad, um Geld auszugeben, sondern um es einzusammeln Dem Prinzen scheint das recht zu sein, solange sein Land an Weltgeltung gewinnt. Längst setzt er aber auch auf andere Mittel und positioniert sich als Staatsmann, indem er etwa zwischen der Ukraine und Russland vermittelt oder Syrien einen Teil seiner Staatsschulden bezahlt.

Sein einst konservatives Land baut er derweil immer schneller um. Inzwischen fährt in Riad eine Metro. Wer abends ausgeht, kann in teuren Asian-Fusion-Restaurants essen, wo saudische Frauen an alkoholfreien Cocktails nippen, das Haar kaum mehr bedeckt. Überall blinken die Lichter neu errichteter Hochhäuser. Kein Wunder, hat der aus der Immobilienbranche stammende Donald Trump so viel Gefallen an Bin Salman gefunden: der Prinz ist der grösste Bauunternehmer der Welt.

Von der neuen Zeit profitieren nicht alle

Als Trump am Mittwoch nach Katar weiterreist, um dort über weitere Mega-Verträge zu verhandeln, kehrt in Riad wieder etwas Normalität ein. Strassen, die eben noch gesperrt waren, sind wieder offen. Nur die amerikanischen Flaggen erinnern an den Staatsbesuch. Und mit einem Mal sind auch all die gewaltigen Schwierigkeiten wieder da, mit denen Bin Salman konfrontiert ist. Trotz aller Bemühungen hängt Saudiarabien immer noch am Tropf des Erdöls. Der wirtschaftliche Wandel geht nur langsam vonstatten.

Von der neuen Zeit profitieren zudem nicht alle. Sie müsse Taxi fahren, um zu überleben, erzählt eine der wenigen weiblichen Uber-Fahrerinnen in Riad, die wie viele Saudi zur Unterschicht gehört. «Ich bekomme 3000 Rial Hilfe vom Staat. Aber das reicht nicht. Alles wird teurer, wir zahlen jetzt auch für Strom und Wasser» sagt sie, während sie ihren Wagen durch den Abendverkehr von Riad steuert. Die Trump-Rede hat sie am Radio gehört. «Natürlich ist es toll, dass er da war. Aber viel verändern tut es trotzdem nicht.»

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