Donnerstag, Januar 30

Zum fünften Mal in den vergangenen sechs Jahren erreichen die Kansas City Chiefs das Finalspiel der National Football League. Ihre Dominanz hat etwas Erdrückendes.

Sean McDermott klang wie ein gebrochener Mann, als er am späten Sonntagabend vor die Medien trat. «Ich habe der Mannschaft gesagt, dass sie sich nicht schämen muss. Und dass ich sie liebe», sagte der Coach der Buffalo Bills.

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Soeben war sein Team zum vierten Mal in den vergangenen fünf Jahren im Play-off an den Kansas City Chiefs gescheitert. Meist auswärts, oft war es knapp. Aber Buffalo findet einfach kein Mittel, diese Nemesis zu überwinden. Und langsam wird das zum Trauma. 65 Jahre existieren die Bills bereits, und bisher endete jede Saison in Herzschmerz – sie sind eine von zwölf NFL-Organisationen, die noch nie einen Super Bowl haben gewinnen können.

Mahomes wandelt auf den Spuren von Tom Brady

McDermotts Resignation ist nachvollziehbar. Aber McDermott trägt dieses Kreuz nicht alleine. Denn die Bills sind nicht das einzige Football-Team, das sich der Phalanx der Chiefs in dieser Dekade beugen musste. Am Sonntag absolvierte Kansas City das siebente AFC Championship Game in Serie. Sie erreichen die Sphäre der New England Patriots und von dessen intergalaktischem Quarterback Tom Brady, von der man dachte, sie bleibe in einer Liga mit Salär-Obergrenze und Draft-System für immer unerreichbar. Brady, mittlerweile ein obszön überbezahlter TV-Kommentator, stand mit den Patriots zwischen 2011 und 2018 in jedem Jahr in der Vorschlussrunde. An seinen Fingern kleben sieben dieser protzigen Super-Bowl-Ringe.

Doch Patrick Mahomes, Bradys erst 29 Jahre alter Nachfahre als Superstar, omnipräsenter Werbeträger und Posterboy der NFL, greift nun auch schon nach dem vierten Titel. In zwei Wochen kann er in New Orleans Geschichte schreiben: drei Super-Bowl-Triumphe in Folge – das hat es noch nie gegeben.

Mahomes und die Chiefs scheint die gleiche Aura des Unbesiegbaren zu umwehen wie einst Brady und die Patriots. Je länger ihre Dominanz fortbesteht, desto weniger überzeugend wirkt ihre Spielweise, werden ihre Siege. Und exakt das ist so desillusionierend für die Gegner: dass selbst uninspirierende, minimalistische Auftritte genügen. In dieser Saison gewann das Team 17 von 19 Partien. In der Qualifikation verspielten die Widersacher sicher geglaubte Erfolge teilweise mit Slapstick-Charakter.

Vielleicht besteht die wichtigste Qualität der Chiefs darin, dass sie den Konkurrenten Zuversicht, Stabilität und Selbstvertrauen rauben. Ihre Dominanz ist eine Art sich selbst erfüllende Prophezeiung, ähnlich wie einst mit Deutschland im Fussball, das Bonmot lässt sich umdichten: Football ist, wenn Kansas City gewinnt. Das Internet und die Kommentarspalten sind voll mit Verschwörungstheorien darüber, dass die Liga ihren Refs befehle, die Chiefs zu bevorteilen, weil niemand bessere Quoten bringe – Mahomes, Travis Kelce und dessen Partnerin Taylor Swift sei Dank.

Schaffen es die Chiefs, den Eagles-Superstar Saquon Barkley zu stoppen?

In den vergangenen Jahren hat es tatsächlich zuhauf bizarre Entscheidungen gegeben. Aber das Phänomen ist sportartenübergreifend immer wieder zu beobachten: im Zweifelsfall für die Stars, die Favoriten. Was feststeht: Eine Serie wie jene der Chiefs lässt sich alleine mit umstrittenen Schiedsrichterentscheiden nicht erschaffen.

Im 59. Super Bowl werden sich den Chiefs erneut die Philadelphia Eagles entgegenstellen. Die Affiche gab es schon vor zwei Jahren, damals siegte Kansas City 38:35. Die Chiefs sind nur noch leicht favorisiert, die Eagles mittlerweile ein starker Gegner. Am Sonntag demontierten sie das Überraschungsteam Washington Commanders gleich mit 55:23. Gegen den im Sommer verpflichteten Runningback Saquon Barkley hat bisher niemand eine erfolgreiche Verteidigung gefunden, gegen Washington gelangen ihm drei Touchdowns. Barkley fehlen noch 30 Yards Raumgewinn, dann hat er auf seiner Position die produktivste Saison in der Geschichte der Liga gespielt.

Es ist diese Qualität, die es in diesen Jahren braucht, um Kansas City ernsthaft fordern zu können. Unter geschichtsträchtigen Meriten läuft da nichts.

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