Donald Trump drohte als Präsident bereits in seiner ersten Amtszeit damit. Nun soll die Meistbegünstigungsklausel doch noch kommen. Aber tiefere Medikamentenpreise bedeuten auch weniger Innovation – zum Nachteil der Patienten.

Donald Trump meint es nicht gut mit der Pharmabranche. Am Montag erlitten die Kurse der Aktien von Medikamentenherstellern weltweit empfindliche Kursverluste. Auch die Schweizer Branchenschwergewichte Roche und Novartis kamen nicht ungeschoren davon. So verloren die Genussscheine von Roche am Vormittag um rund 3 Prozent und die Dividendenpapiere von Novartis um gut 2 Prozent an Wert.

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Bisherige Preisunterschiede sind eklatant

Auslöser für den Kurszerfall waren mehrfache Ankündigungen des US-Präsidenten in den letzten Tagen, die Preisfestsetzung für Medikamente neu auf dem Prinzip der Meistbegünstigung zu basieren. Damit ist gemeint, dass Patienten in den Vereinigten Staaten neu nur noch so viel für Arzneimittel zahlen sollen, wie diese im Minimum in anderen grossen Märkten kosten.

Bis anhin war es zumindest bei neuen Medikamenten so, dass sie in den USA weltweit am teuersten waren. Eine Untersuchung der Denkfabrik Rand Corporation beispielsweise kam für 2022 zum Schluss, dass die durchschnittlichen Bruttopreise für Arzneimittel fast das Dreifache des Niveaus in den übrigen OECD-Industriestaaten betragen.

Trump, der Dealmaker, will diesen eklatanten Unterschied, der bei einzelnen Produkten oft noch deutlich höher liegt, nicht länger hinnehmen. Er hat nicht unrecht, denn tatsächlich ist nicht einzusehen, warum Amerikaner so viel mehr für Medikamente bezahlen sollen als Schweizer, Deutsche oder Japaner.

Zwielichtige Rolle der Krankenversicherer

In der amerikanischen Bevölkerung sind die hohen Medikamentenpreise, wenig überraschend, ausgesprochen unbeliebt. Sie lassen Haushalte im Krankheitsfall, beispielsweise bei Krebs, nicht selten in ernste finanzielle Schwierigkeiten geraten. Viele Amerikaner sind gezwungen, Pharmaprodukte aus der eigenen Tasche zu berappen. Und selbst jene, für deren Medikamentenkosten die Versicherung aufkommt, müssen oft hohe Selbstbehalte in Kauf nehmen.

Allerdings haben sich die Vereinigten Staaten auch selbst zuzuschreiben, dass sie die höchsten Medikamentenpreise der Welt haben. Eine unrühmliche Rolle spielen seit Jahren die Krankenversicherer zusammen mit ihren Einkaufsorganisationen. Sie geben die hohen Rabatte, die sie kraft ihrer Einkaufsmacht auf den Bruttopreisen herausschlagen, nur zu einem geringen Teil an die Versicherten weiter. Die Pharmaindustrie fordert die amerikanischen Behörden seit langem zu Recht auf, an diesem Hebel anzusetzen.

Ohnehin ist fraglich, wie die neue US-Administration eine Senkung der Medikamentenpreise auf breiter Front erzwingen kann. Anders als in Europa, Japan oder China bestimmt in Amerika nicht die Regierung für das gesamte Gesundheitssystem, wie viel Arzneimittel kosten dürfen. Der Einfluss der Behörden beschränkt sich, und auch dies erst seit jüngerem, auf die Tarife, die für die beiden staatlichen Krankenversicherer Medicare (für Personen ab 65) und Medicaid (für Amerikaner mit stark eingeschränkten finanziellen Mitteln) gelten.

Druck auf Preise in Europa wird steigen

Anders gesagt: Bei privaten Krankenversicherern bleibt die Pharmabranche in der Preisfestsetzung frei. Sie dürfte denn auch versuchen, in diesem Segment noch mehr auf höhere Preise zu drängen, falls der Senat die Meistbegünstigungsklausel gutheissen sollte und die Reform auch absehbare Gerichtsprozesse überstehen sollte.

Zudem werden Medikamentenhersteller wohl grosse Anstrengungen unternehmen, ausserhalb der USA mehr für ihre Produkte einzunehmen. Die Zeiten, in denen Regierungen in Europa dank Quersubventionen aus Amerika pharmazeutische Innovationen der eigenen Bevölkerung vergleichsweise günstig zur Verfügung stellen konnten, neigen sich dem Ende zu.

Allen Versprechungen Trumps zum Trotz dürfte es ohnehin kaum Gewinner geben. Denn selbst wenn die Medikamentenpreise wider Erwarten auf breiter Front fallen sollten, wäre der Preis für alle Beteiligten hoch. Managern und Aktionären blühten sinkende Erträge. Auch die Perspektiven für Patienten wären nicht mehr dieselben. Die Medikamentenhersteller hätten weniger Mittel für die Entwicklung neuer Therapien zur Verfügung. Der Innovation drohten Abstriche. Daran kann niemand ein Interesse haben.

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