Mittwoch, April 23

Mehr als tausend amerikanische Soldaten sollen den Sahelstaat verlassen. Die USA verlagern ihre Aufmerksamkeit beim Anti-Terror-Kampf in Afrika.

Die USA werden in den nächsten Monaten mehr als tausend Soldaten aus Niger abziehen. Sie schliessen auch eine Drohnenbasis im Norden des Sahelstaats, die mehr als 100 Millionen Dollar gekostet hat und dazu dient, Aktivitäten von jihadistischen Gruppen im Sahel zu überwachen. Das ist am Wochenende bekanntgeworden.

Die USA geben damit der Forderung einer Militärjunta nach, die sich im Juli 2023 an die Macht geputscht hat. Die Junta hat seither 1500 französische Soldaten aus dem Land gewiesen und sucht die Nähe zu Russland. Mitte März hat die Junta die militärische Zusammenarbeit mit den USA aufgekündigt. Die Zusammenarbeit ist seit dem Putsch ohnehin faktisch gestoppt, die USA suspendierten Militär- und Entwicklungshilfe, die US Air Base 201 war weitgehend inaktiv.

Niger galt bis zum Putsch als einer der letzten westlichen Verbündeten in der Sahelzone, in der Islamisten riesige Landstriche der Kontrolle der Staaten entrissen haben. Die Region ist so zum Epizentrum des globalen Jihadismus geworden. In einer Reihe von Ländern haben sich Militärs an die Macht geputscht und versprochen, die katastrophale Sicherheitslage zu verbessern. Mali und Burkina Faso, wo die Rebellionen mehrere Millionen Menschen vertrieben haben, haben russische Kämpfer ins Land geholt, die die einheimischen Armeen im Kampf gegen die Jihadisten unterstützen sollen.

Die amerikanische Drohnenbasis in Niger

Russlands Afrika-Korps trifft ein

Auch in Niger sind nun russische Soldaten eingetroffen. Rund hundert landeten Mitte April in der Hauptstadt Niamey. Laut dem nigrischen staatlichen Fernsehen handelt es sich um Militärinstruktoren. Sie sollen Nigers Militär ausbilden, unter anderem an einem von Russland gelieferten Flugabwehrsystem. Die Russen gehören zum Afrika-Korps, einer neuen Truppe, die in mehreren afrikanischen Ländern an die Stelle der Gruppe Wagner treten soll. Moskau versucht, nach dem – vermutlich vom Kreml organisierten – Tod des Wagner-Chefs Jewgeni Prigoschin mehr direkte Kontrolle über die Aktivitäten in Afrika zu erlangen.

Mit der Ankunft der Russen scheint sich in Niger das Drehbuch zu wiederholen, das sich in Mali und Burkina Faso abspielte. Die USA hatten versucht, dies zu verhindern. Sie verhielten sich nach dem Putsch kooperativer gegenüber den Militärs als Frankreich und zögerten während Wochen, den Sturz von Präsident Mohamed Bazoum als Putsch zu verurteilen – weil dies automatisch den Stopp der Militärhilfe nach sich ziehen musste.

Die USA und die Junta überwarfen sich aber schliesslich, weil die Amerikaner Druck ausübten, dass Niger nicht mit Russland und Iran zusammenarbeiten solle. Iran interessiert sich für grosse Uranvorkommen in Niger. Nach dem Besuch einer amerikanischen Delegation im März warf die Junta den USA «herablassendes» Verhalten vor – und kündigte die militärische Zusammenarbeit.

Neue Strategie: die Küstenstaaten schützen

Die amerikanische Anti-Terror-Strategie in Afrika dürfte sich nach dem Bruch mit Niger stärker auf die südlich der Sahelzone gelegenen Küstenstaaten konzentrieren. Beobachter befürchten, dass die jihadistischen Gruppen in diese Länder vordringen könnten. Die USA hatten schon vor dem Entscheid zum Abzug aus Niger Gespräche darüber geführt, Aufklärungsdrohnen aus Niger in Küstenstaaten zu verlegen.

Manche Sahel-Experten glauben, dass der Abzug aus Niger für die USA verschmerzbar sei, weil die dortige Basis inzwischen strategisch weniger wichtig war als einst gedacht. Amerikanische Soldaten in Niger lieferten lokalen Truppen Informationen für Kampfoperationen gegen Jihadisten, die unter anderem von den Drohnen beschafft wurden.

Die Verlagerung Richtung Küste könnte zudem weiter beschleunigt werden, da den USA auch der Rauswurf aus Tschad, einem Nachbarland Nigers, droht. Die USA haben knapp hundert Soldaten in Tschad stationiert. Der Chef der tschadischen Luftwaffe hat den amerikanischen Verteidigungsattaché Anfang April in einem Brief aufgefordert, die amerikanischen Aktivitäten auf einer Luftwaffenbasis in der Nähe der Hauptstadt Ndjamena einzustellen. Es fehle eine rechtliche Grundlage. Im Fall von Tschad könnte der Angriff auf die amerikanische Präsenz mit einem Wahlkampf zu tun haben. Auch in Tschad regiert eine Junta. Deren Führer, Mahamat Déby, möchte sich am 6. Mai in einer Wahl zum Präsidenten küren lassen. Gut möglich, dass die Junta sich ausrechnet, bei der Bevölkerung zu punkten, wenn sie ausländische Truppen zum Abzug auffordert.

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