Donnerstag, Mai 15

Grossbritannien hat sich bereit erklärt, die Zölle auf Rindfleisch zu senken. Auch der Bundesrat steht vor der Grundsatzfrage, ob er bereit ist, den Schutz der Bauern zu lockern.

In den nächsten ein bis zwei Wochen will der Bundesrat eine unverbindliche Absichtserklärung für eine Zoll-Vereinbarung mit Donald Trump verabschieden. Die Landesregierung hat am Mittwoch das Finanz- sowie das Wirtschaftsdepartement beauftragt, die Gespräche mit den USA weiterzuführen, wie Bundesratssprecherin Ursula Eggenberger am Mittwoch sagte. Die Schweiz will die USA überzeugen, die im April eingeführten, aber während 90 Tagen auf Eis gelegten Zusatzzölle von 31 Prozent dauerhaft aufzuheben.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter hatte am Freitag noch mutiger getönt und sogar die Abschaffung der derzeit geltenden 10-Prozent-Schranke in den Raum gestellt: «Das Ziel muss sein, die Zölle ganz wegzubringen», sagte sie nach den Gesprächen mit den amerikanischen Vertretern in Genf. Doch sie weiss selbst, dass das ein hochgestecktes Ziel ist. Nicht einmal der britische Premierminister Keir Starmer hat die 10-Prozent-Schranke weggebracht. Und das, obwohl das Vereinigte Königreich aufgrund des Brexits bei US-Präsident Donald Trump besondere Sympathien geniesst. Grossbritannien hat es als erstes Land geschafft, sich auf eine Handelsvereinbarung mit der amerikanischen Regierung zu einigen, die Details werden noch verhandelt.

Die Abmachungen der USA mit dem Vereinigten Königreich gelten als eine Art Vorbild für die Schweiz. Gerade in landwirtschaftsnahen Kreisen lösen die Ankündigungen von Trump und Starmer aber keine Begeisterung aus. Denn Grossbritannien hat den USA offenbar ein Zugeständnis gemacht, das bei den hiesigen Landwirten gar nicht gut ankäme: Es geht unter anderem um Rindfleisch, eines der wichtigsten Exportprodukte der USA. In Zukunft dürfen die Vereinigten Staaten mehr Rindfleisch und andere Landwirtschaftsprodukte nach Grossbritannien liefern, dafür senken die USA unter anderem die Zölle auf britische Autoexporte von 25 auf 10 Prozent.

Reservierte Kontingente

Da die Schweiz die Industriezölle bereits abgeschafft hat, gehören die Landwirtschaftszölle zu den wenigen von den USA kritisierten Handelshemmnissen, bei denen es – rein sachlich – Spielraum gäbe. In Bundesbern wird daher seit Wochen spekuliert, der Bundesrat werde anbieten, in der Landwirtschaft die Zölle auf wenig heikle Produkte wie beispielsweise Zitrusfrüchte zu senken. So könnte er Trump Verhandlungsbereitschaft signalisieren, ohne die Bauern nachhaltig zu verärgern.

An die heilige Kuh der heiklen Produkte haben sich dagegen nur wenige getraut. Einer von ihnen war der FDP-Präsident Thierry Burkart, der bereits Anfang Monat tiefere Zölle für Rindfleisch gefordert hatte. Diese Massnahme käme in der Schweiz einem Paradigmenwechsel gleich. Für die Importe von Rindfleisch vergibt die Schweiz Kontingente, um die sich ausländische Anbieter bewerben können. Dabei spielen auch Preis und Qualität eine Rolle. Bislang hatte amerikanisches Rindfleisch in der Schweiz daher einen schweren Stand, Stichwort: Hormonfleisch. Würde man den USA eine Vorzugsbehandlung geben, müsste die Schweiz für sie bilateral Kontingente reservieren.

In der amerikanischen Wirtschaft dürfte so eine Vereinbarung mit einem kleinen Absatzmarkt wie der Schweiz kaum ins Gewicht fallen. Die Schweizer Viehzüchter hingegen fürchten sich vor Preisdruck. Der Widerstand des Bauernverbands und allenfalls auch von weiteren Verbänden (Tier- und Naturschutz) wäre daher sicher. Nicht zuletzt, weil der Schutz der Fleischproduzenten bereits in Zusammenhang mit den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten unter Druck ist.

Neben den Landwirtschaftszöllen gibt es eine Handvoll weiterer Handelshemmnisse, welche die USA auf dem Radar haben. Dazu gehören die Lex Netflix, deren Aufhebung aufgrund des erst 2022 gefällten Volks-Jas demokratiepolitisch schwierig wäre, sowie das Gentech-Moratorium, welches gemäss Nationalrat bis 2027 verlängert werden soll. Dazu kommen die Vorwürfe der – entkräfteten – Währungsmanipulation. Der Bundesrat dürfte kaum bereit sein, die Unabhängigkeit der Nationalbank zur Diskussion zu stellen.

Die Argumentationslinie der Schweiz als wichtige Investorin in den USA liegt daher auf der Hand – und provoziert innenpolitisch kaum Widerstand. So wird Keller-Sutter nicht müde zu betonen, die Schweiz sei die sechstgrösste Investorin in den USA. Ausserdem haben hiesige Unternehmen kürzlich angekündigt, in den nächsten fünf Jahren 150 Milliarden Franken in den USA zu investieren. Allerdings überdenkt das Pharmaunternehmen Roche seine Pläne bereits wieder, seit Trump angekündigt hat, die Medikamentenpreise in den USA zu senken.

Exit mobile version