Freitag, Januar 31

Die Nasa hat erste Ergebnisse der Asteroiden-Mission Osiris-Rex vorgestellt. Sie machen Hoffnung, Leben auch ausserhalb der Erde zu finden.

Nur 120 Gramm Staub und Gestein brachte die Sonde Osiris-Rex im September 2023 von ihrer Mission zum Asteroiden Bennu zur Erde zurück. Aber diese 120 Gramm haben es in sich. Wie die Nasa am Mittwoch an einer Pressekonferenz bekanntgegeben hat, enthält die Probe Tausende von kohlenstoffbasierten Molekülverbindungen, darunter die wesentlichen Bausteine von Proteinen und DNA-Molekülen.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Die Untersuchung zeige, dass das Potenzial für die präbiotische Chemie in unserem Sonnensystem weit verbreitet sei, sagt die Astrophysikerin Kathrin Altwegg von der Universität Bern, die an der Analyse nicht beteiligt war. «Das erhöht die Chance, Leben auch anderswo zu finden.»

Annäherung an einen potenziell gefährlichen Asteroiden

Die Osiris-Rex-Mission war im September 2016 gestartet. Zwei Jahre später erreichte sie den etwa 500 Meter grossen Asteroiden Bennu, einen um die Sonne kreisenden Schutthaufen, der immer wieder die Bahn der Erde kreuzt. Nach einer ausgiebigen Untersuchung des Asteroiden aus der Ferne begann am 20. Oktober 2020 der heikle Teil der Mission.

Die Sonde näherte sich der Oberfläche des Asteroiden bis auf wenige Meter. Ein ausfahrbarer Arm sammelte Material ein, das zuvor aufgewirbelt worden war. So konnten Proben aus einer Tiefe von bis zu 50 Zentimetern eingesammelt werden. Sie wurden luftdicht in einer Kapsel versiegelt und im September 2023 über der Erde abgeworfen.

Seither werden die Proben von zahlreichen wissenschaftlichen Institutionen untersucht. Die ersten Ergebnisse sind diese Woche in den Fachzeitschriften «Nature» und «Nature Astronomy» vorgestellt worden.

Eine Gruppe um Daniel Glavin vom Goddard Space Flight Center der Nasa hat ihr Augenmerk auf organische Moleküle in Bennu gerichtet. Von Meteoriten wussten sie bereits, dass Asteroiden reich an organischen Verbindungen sind. Doch die Vielfalt, die nun auf Bennu entdeckt wurde, hat die Forscher überrascht.

Fossile Hinweise auf Leben haben sie in den Proben zwar keine entdeckt. Sie konnten jedoch 14 der 20 Aminosäuren nachweisen, aus denen die Proteine in unseren Zellen aufgebaut sind. Auch die Bausteine unserer Erbsubstanz sind auf Bennu vorhanden. Die Forscher konnten alle fünf Nukleinbasen nachweisen, die ein wesentlicher Bestandteil von DNA- und RNA-Molekülen sind. Zudem fanden sie 19 weitere Aminosäuren, für die es auf der Erde keine Verwendung gibt.

Der Schlüssel für diese Vielfalt könnte das reichlich vorhandene Ammoniak sein. Die Konzentration dieser Stickstoffverbindung ist auf Bennu hundertmal so hoch wie auf der Erde. Das sollte die Synthese von Aminosäuren und anderen organischen Molekülen begünstigen.

Unter welchen Bedingungen das geschehen sein könnte, ist Gegenstand der zweiten Untersuchung. Sie wurde von Tim McCoy vom National Museum of Natural History in Washington und Sara Russell vom Natural History Museum in London geleitet.

Man geht heute davon aus, dass Bennu von einem sehr viel grösseren Mutterkörper abstammt, der vor ein bis zwei Milliarden Jahren durch eine Kollision zerstört wurde. Dieser Mutterkörper entstand vermutlich bereits vor 4,5 Milliarden Jahren in den kalten Gefilden unseres Sonnensystems. Deshalb bestand er zu grossen Teilen aus Eis. Davon ist heute nichts mehr vorhanden.

Die Gruppe um McCoy und Russell hat rekonstruiert, wie das Eis verschwunden sein könnte. Der Schlüssel dafür sind die Mineralien, die in den Proben von Bennu gefunden wurden. Die Forscher entdeckten verschiedene Salze, darunter natriumhaltige Phosphate und natriumreiche Karbonate. Solche Salze entstehen, wenn eine salzhaltige Flüssigkeit verdampft.

Aufgrund dieser Entdeckung gehen die Forscher davon aus, dass das Eis im Inneren des Mutterkörpers durch die Zerfallswärme von kurzlebigen radioaktiven Elementen verflüssigt wurde und in die Poren des Gesteins eindrang. Dort vermischte sich das Wasser mit Mineralien und organischen Substanzen. Als das Wasser verdampfte, blieb eine Salzlake zurück. Diese könnte ein günstiger Ort für die Bildung präbiotischer Moleküle sein, sagt Paola Caselli vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik. Das müsse nun durch Laborexperimente bestätigt werden. Caselli ist eine der Co-Autorinnen der Publikation in «Nature Astronomy».

Die Vorläufermoleküle des Lebens sind weit verbreitet

Die Erkenntnisse der beiden Forschergruppen belegen, was schon frühere Untersuchungen von Meteoriten angedeutet hatten. Damit die Vorläufermoleküle des Lebens entstehen können, braucht es nicht unbedingt Bedingungen wie auf der frühen Erde. Allerdings scheint der entscheidende Schritt zum Leben nur auf der Erde stattgefunden zu haben. Die Gründe dafür kennt man noch nicht. Möglicherweise liegt es daran, dass der Mutterkörper von Bennu nicht lange genug existierte.

Bessere Aussichten, Leben zu finden, bieten der Zwergplanet Ceres und der Saturnmond Enceladus. Auf diesen Himmelskörpern hat man ebenfalls natriumreiche Karbonate nachgewiesen. Das könnte bedeuten, dass es auf ihnen heute noch ähnliche Salzlaken gibt.

Die Untersuchung des Asteroidenstaubs lieferte noch eine weitere Überraschung. Viele Biomoleküle existieren in zwei spiegelbildlichen Formen, die sich zueinander verhalten wie die linke zur rechten Hand. Merkwürdigerweise kommen in unseren Zellen aber nur linkshändige Aminosäuren vor. Man vermutet, dass diese Asymmetrie nicht auf der Erde entstanden ist. Die Untersuchung von Meteoriten zeigt, dass es schon im frühen Sonnensystem eine Vorliebe für linkshändige Aminosäuren gegeben haben könnte. Diese könnten mit Meteoriten auf die junge Erde gelangt sein.

Die Proben von Bennu passen nicht in dieses Bild. Bei ihnen ist das Verhältnis von links- und rechtshändigen Aminosäuren ausgeglichen. Die Forscher rätseln noch, was das bedeutet. Der Vorläufer von Bennu könnte ein untypisches Objekt gewesen sein. Es könnte aber auch sein, dass Meteoriten beim Einschlag mit irdischen Aminosäuren kontaminiert werden und deshalb eine Asymmetrie zeigen. Bei Bennu ist das weitgehend ausgeschlossen. Vor der Öffnung der Kapsel kam das Probenmaterial nie mit der irdischen Biosphäre in Berührung.

Exit mobile version