Samstag, November 23

Steigende US-Aktien, ein stärkerer Dollar und ein Bitcoin-Rekordhoch: Das sind die Reaktionen an den Börsen auf den Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen.

Die Investoren stellen sich auf eine neue Präsidentschaft von Donald Trump ein – viele sind Trump-Trades eingegangen. Damit sind Aktien und andere Vermögenswerte gemeint, die von seinem Sieg bei den Wahlen profitieren. Die Renditen amerikanischer Staatsanleihen legten indessen deutlich zu, und auch der Dollar zeigte sich stärker. Deutliche Verluste gab es beim Goldpreis, der in diesem Jahr Rekordhöhen erreicht hat.

«Aktieninvestoren mögen Trump»

Mit den Nachrichten über den Wahlsieg Trumps stiegen an den meisten Aktienbörsen zunächst die Kurse. Die US-Börsen starteten mit deutlichen Zugewinnen in den Handel. Das amerikanische Standardwerte-Barometer S&P 500 lag nach dem Börsenstart mit mehr als 2 Prozent im Plus.

Auch der Euro-Zonen-Aktienindex Euro-Stoxx-50 hatte am Mittwochmorgen Gewinne verbucht. Am Nachmittag fiel der Index dann noch deutlich ins Minus. Der Swiss-Market-Index, das Barometer der Schweizer Standardwerte, gab im Tagesverlauf seine anfänglichen Gewinne ab und ging leicht negativ aus dem Handel.

Von einer zweiten Präsidentschaft Trumps erwarten viele Investoren, dass er Steuern für Unternehmen senkt und bestehende Regulierungen aufweicht. Das könnte zu steigenden Gewinnen für Konzerne führen. «Aktieninvestoren mögen Trump, da sie sich von ihm eine unternehmensfreundliche Politik versprechen», sagte Michael Strobaek, globaler Anlagechef der Bank Lombard Odier. Zudem sei davon auszugehen, dass eine Rezession in den USA vermieden werde und sich die wirtschaftliche Expansion bis ins Jahr 2025 fortsetze.

Aktien von Tesla gehen durch die Decke

Viele Investoren dürften erleichtert sein, dass es nicht zu einer Hängepartie bezüglich des Ausgangs der US-Präsidentschaftswahlen kommt. «Unsicherheit ist immer schlecht für die Börse», sagt Sébastien Gyger, Anlagechef der Banque Cantonale Vaudoise. Interessant sei, zu sehen, dass Umfragen von Marktteilnehmern bereits seit Monaten den Wahlsieg Trumps prognostiziert hätten, während Meinungsforschungsinstitute von einem knappen Wahlausgang ausgingen.

Mit den erneuten Gewinnen spricht vieles dafür, dass 2024 vor allem für US-Aktien ein sehr starkes Jahr wird. Der S&P 500 liegt dieses Jahr bereits mit knapp 24 Prozent im Plus. Der Euro-Stoxx-50 hat bisher um etwas mehr als 6 Prozent zugelegt, der SMI um etwa ebenso viel.

Die Tesla-Aktien gewannen bei Börseneröffnung in New York zeitweise 15 Prozent. Der Gründer und Chef von Tesla, Elon Musk, hat Trump im Wahlkampf stark unterstützt. «Tesla dürfte dank einer erneuten Präsidentschaft von Trump der chinesischen Konkurrenz standhalten», sagt Gyger. Trump plane hohe Zölle auf chinesische Autos, was Tesla im Wettbewerb mit der chinesischen Konkurrenz helfen dürfte.

Dämpfer für Chinas Börse – bald auch für Europa?

Chinesischen Aktien versetzte das starke Abschneiden von Trump bei den Wahlen indessen einen Dämpfer. Der Hang-Seng-Index in Hongkong wie auch der chinesische CSI-300-Index gaben nach. Anleger rechnen mit einem härteren Auftreten von Trump gegenüber China. Im Wahlkampf hatte er zusätzliche Schutzzölle in Aussicht gestellt.

Auch in Europa könnte die ursprüngliche Erleichterung der Finanzmärkte darüber, dass es in den USA nicht zu einer politischen Pattsituation gekommen sei, von kurzer Dauer sein, sagt Matthias Geissbühler, Anlagechef bei Raiffeisen Schweiz. Je nachdem welche Zollpolitik Trump umsetzt, könnte das dazu führen, dass die europäische Wirtschaft im kommenden Jahr stagniert.

Schweiz als möglicher sicherer Hafen

Inländische Unternehmen sind laut dem Raiffeisen-Anlagechef unterschiedlich stark von Zöllen betroffen. Besonders exponiert sind industrielastige Firmen, die in der Schweiz für den Export in die USA produzieren. Aktuell könnte das Thema auch für die Uhren- und Luxusbranche werden. «Führt Trump flächendeckende Importzölle ein, wäre dies für die Swatch Group etwa sehr negativ», sagt Geissbühler.

Weniger stark schätzt er die Auswirkungen einer zweiten Amtszeit von Trump auf die Pharmabranche ein. Dies liege einerseits daran, dass Novartis und Roche bereits über eine Produktion in den USA verfügten. Andererseits wäre der Druck auf die Branche, die Gesundheitskosten zu senken, unter Kamala Harris stärker ausgefallen.

Der Schweizer Markt dürfte laut John Plassard, Senior-Makroökonomie-Experte bei der Privatbank Mirabaud, Anlegern zumindest kurzfristig nach wie vor als sicherer Hafen dienen. Trump sei unberechenbar. «Erst nach seiner Inauguration im Januar wird beispielsweise klar, welche zusätzlichen Zölle er tatsächlich einführen wird», sagt er. Dann werden auch die Auswirkungen auf die Luxus- und die Pharmabranche deutlich, die USA sind für diese Unternehmen ein wichtiger Exportmarkt.

Anleger positionieren sich für höhere Inflation

Auch am Anleihenmarkt hinterliess die bevorstehende Trump-Präsidentschaft ihre Spuren. Die Rendite von zehnjährigen US-Staatsobligationen legte am Mittwoch um 0,2 Prozentpunkte auf 4,47 Prozent zu. Die Finanzmärkte erwarten von Trump eine noch expansivere Finanzpolitik als unter Joe Biden. Steigen Haushaltsdefizite und Schulden, müssen Staaten höhere Zinsen bezahlen.

Die Anleger positionieren sich zudem für eine höhere Inflation unter Trump. Diese könnte durch höhere Zölle in der Handelspolitik angeheizt werden. Dies wiederum könnte dazu führen, dass die US-Notenbank die Leitzinsen weniger stark senkt. «Die geplante Handelspolitik von Trump könnte Zinssenkungen der Federal Reserve komplizierter machen», sagte Strobaek.

Starker Dollar und fallender Goldpreis

Auch der Dollar zeigte sich stärker und legte sowohl gegenüber dem Franken als auch dem Euro zu. Noch deutlicher war die Entwicklung des Dollars gegenüber dem Euro. Am Vorabend hatte ein Euro noch 1,0903 Dollar gekostet, am Mittwochabend waren es 1,0731 Dollar. Eine protektionistische US-Handelspolitik unter Trump könnte negative Folgen für die Wirtschaft der Euro-Zone haben.

Der starke Dollar belastete indessen den Goldpreis. Dieser fiel bis Mittwochabend deutlich um rund 3 Prozent auf 2666 Dollar pro Unze. Der Preis für das Edelmetall hat in diesem Jahr ein langes Rally hingelegt und einen Rekordstand bei 2790 Dollar erreicht. Seit Anfang Jahr liegt der Goldpreis immer noch mit 29 Prozent im Plus.

Rekordhoch beim Bitcoin

Von Trumps Sieg ebenfalls profitiert hat der Bitcoin. Der Preis der Krypto-Leitwährung ist um 8 Prozent gestiegen und erreichte mit über 75 000 Dollar ein neues Rekordhoch. Im Wahlkampf hatte Trump eine leichtere Regulierung für die Krypto-Branche in Aussicht gestellt und den Aufbau einer strategischen Währungsreserve in Bitcoin vorgeschlagen. Er positionierte sich als erster Krypto-freundlicher Präsident und versprach, aus den USA die «Krypto-Supermacht der Welt» zu machen.

Dafür hat er die Unterstützung von Investoren aus dem Silicon Valley erhalten. Diese versprechen sich viel von seiner Präsidentschaft. So hat Trump in Aussicht gestellt, den Krypto-kritischen Chef der Börsenaufsicht SEC, Gary Gensler, zu entlassen. «Wir stehen am Anfang einer neuen amerikanischen Renaissance», schrieb der Krypto-Unternehmer Tyler Winklevoss auf dem Kurznachrichtendienst X.

Ein Schweizer Krypto-Experte geht von einem deutlich freundlicheren Umfeld für digitale Assets in den USA aus, mit weniger Regulierung und tieferer Steuerlast. Damit erhöhe sich der Druck auf Staaten, die Krypto weniger offen gegenüberständen, sagt Leon Curti, Forschungsleiter bei Digital Asset Solutions. Die Schweiz habe sich früh mit einer progressiven Regulierung positioniert. Doch sollte Trump schnell Fortschritte machen, werde der Balanceakt schwieriger.

Auch die Papiere der Trump Media & Technology Group, der Muttergesellschaft von Donald Trumps Social-Media-Plattform Truth Social, machte bei Handelsstart in New York einen Kurssprung. Die volatilen Aktien hatten in den Tagen vor den Wahlen geschwächelt. Sie galten als Stimmungsbarometer für die Wahlaussichten Trumps und die Motivation seiner Anhänger. Eine neue Präsidentschaft verleiht der Plattform neue Wachstumsaussichten.

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