Die Super League hat eine verrückte englische Woche erlebt. Die auffälligsten Figuren sind über 30-jährige Mittelfeldspieler und ein Trainer, der den FCB aus einer tiefen Krise nach oben geführt hat, das Double gewinnen kann und trotzdem intern in der Kritik stehen soll.

Es hat 31 Spieltage gedauert, bis in der Super League erstmals eine Mannschaft an der Tabellenspitze mehr als zwei Punkte vor dem ersten Verfolger liegt. Der FC Basel setzte sich am Sonntag 2:0 gegen Lugano durch und hat nun vier Punkte mehr als Servette und fünf mehr als YB.

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Als Fabio Celestini das Traineramt in Basel am 31. Oktober 2023 übernommen hat, lag der FCB mit fünf Punkten nach elf Spieltagen sensationell abgeschlagen am Tabellenende. Der Romand stabilisierte das Team, eineinhalb Jahre später tritt der FC Basel nicht immer meisterlich auf, aber er ist Leader – und kann in dieser Saison auch den Cup gewinnen: Im Halbfinal Ende April wartet das Heimspiel gegen Lausanne.

Der FCB-Sportchef stellt sich hinter Celestini

Und doch herrscht im FCB wieder einmal riesige Unruhe. In den letzten Tagen häuften sich die Medienberichte, wonach Celestini den Klub bald verlassen muss. Er habe Team und Spieler verloren, sei wenig empathisch, kommuniziere ungenügend, die Entwicklung sei negativ (obwohl sie zumindest auf dem Papier ausgezeichnet ist). Laut mehreren Quellen kommt es spätestens im Sommer zu einem Trainerwechsel, sogar eine frühere Trennung wird keineswegs ausgeschlossen.

Man könnte meinen, der FC Basel leide im Abstiegskampf und renne verzweifelt den eigenen Erwartungen hinterher – und stehe nicht ziemlich kurz davor, endlich wieder Titel zu gewinnen.

Verrückter FCB. Verrückte Super League.

Am Sonntag, rund um das Heimspiel gegen Lugano, waren die FCB-Verantwortlichen bemüht, die Wogen zu glätten. Der Sportchef Daniel Stucki stellte sich im TV-Interview hinter Celestini und sagte, was Sportchefs in solchen Situationen sagen müssen. Er stärkte dem Trainer den Rücken: Topjob, man sei stolz auf Celestini, es wäre seltsam, am Coach zu zweifeln. Die Geschichten und Gerüchte seien halt entstanden, weil der FCB medial am meisten interessiere.

Fassnacht hält YB fast im Alleingang auf Kurs

Diese Super-League-Saison ist unterhaltsam und endlich wieder einmal spannend, die Arenen sind an vielen Standorten prächtig besucht. Wobei keine Mannschaft restlos überzeugt, von den Top 6 gewann am Wochenende einzig der FCB, das Niveau der Begegnungen ist oftmals bescheiden.

In der letzten Woche fanden drei Runden statt, die wie ein Spiegelbild dafür standen. Als Leader in die englische Woche startete Servette, das vorletztes Wochenende in Lugano gewann. Der Trainer Thomas Häberli, vor kurzem ebenfalls noch stark in der Kritik, meldete aus Genf, dass man demütig bleiben müsse, es gehe schnell. Und wie: am Dienstag 0:1 gegen YB, am Sonntag 0:1 in St. Gallen. Wobei Servette gegen die Young Boys sehr unglücklich verlor: Miroslav Stevanovic traf Latte und Pfosten und erzielte ein Tor, das wegen Abseits aberkannt wurde.

Servette fehlt ein Goalgetter. Wie dem FCB. Wie YB. Wie dem FCZ. Wie Lugano. Wie allen anderen Mannschaften. Die auffälligen Figuren in der Liga sind offensive Mittelfeldspieler und über 30 Jahre alt: Servettes Stevanovic, Luganos Renato Steffen, Zürichs Steven Zuber, natürlich Xherdan Shaqiri in Basel, seit ein paar Wochen Christian Fassnacht wieder bei YB. Shaqiri ist mit 25 Scorerpunkten der klar torgefährlichste Fussballer, gegen Lugano schoss er das 1:0. Es gibt Menschen in Basel (offenbar auch in der FCB-Chefetage), die behaupten, Celestinis Bilanz sei nur wegen Shaqiris Klasse derart erfreulich.

Auch in Bern wird ein Rückkehrer gefeiert. Fassnacht ist wie sein Trainer Giorgio Contini erst seit der Winterpause bei YB. Und er hält seine Mannschaft fast im Alleingang halbwegs auf Kurs, die letzten fünf Tore für die Young Boys hat er erzielt: beim 2:1 in Basel, bei den 1:0 gegen St. Gallen und bei Servette, am Samstag beim enttäuschenden 1:1 gegen Yverdon. Es war ein sehr schwacher Vortrag von YB, während Yverdon deutlich besser spielte, Pfosten und Latte traf, das leere Tor verfehlte, einen Penalty verschoss. An der «Grenze zur Frechheit» sei der Auftritt seines Teams gewesen, sagte Fassnacht.

Und doch dürfen die Young Boys nach einer lange Zeit katastrophalen Saison ebenfalls vom Double träumen. Contini ist bereits der dritte YB-Trainer nach Patrick Rahmen und Joël Magnin. Seine Ausbeute wäre perfekt, würde es keine Begegnungen gegen die drei schwächsten Teams der Liga geben. Aber es gab eben auch diese rätselhaften Darbietungen: 0:0 gegen Winterthur, 0:0 und 0:1 beim Grasshopper-Club, 0:1 in Winterthur, jetzt dieses 1:1 gegen Yverdon.

Der FC Zürich hat schon den 42. Spieler eingesetzt

In dieser Liga ist fast alles möglich. Beim FC Zürich erst recht. Dort spielt mit Benjamin Mendy ein französischer Weltmeister mit, der in erster Linie für Negativschlagzeilen sorgt. Sein Transfer beschäftigt nach wie vor viele Menschen, und auch auf dem Rasen enttäuscht der 30-Jährige.

Im Derby gegen GC hätte Mendy vor einer Woche nach einer Unsportlichkeit die rote Karte sehen müssen, gegen Lausanne am Mittwoch verschuldete er erneut ein Gegentor – nach 86 Minuten wurde er ausgewechselt, danach holte der FCZ ein 0:2 auf und rettete wenigstens einen Punkt. Das dürfte genügen, um im Schneckentempo die Championship Group der Top 6 zu erreichen, selbst wenn es am Samstag in Winterthur wieder nur zu einem 0:0 reichte.

Vieles beim FC Zürich unter dem Sportchef Milos Malenovic bleibt fragwürdig, die Stimmungslage im Klub ist schlecht. Das gab am Wochenende auch der Trainer Ricardo Moniz zu. Er sagte, es sei angesichts der enormen Transformation im Klub nicht immer einfach. In Winterthur setzte Moniz mit dem 18-jährigen David Vujevic bereits den 42. Spieler in dieser Saison ein. Das Talent Junior Ligue musste zuletzt zuschauen, aus disziplinarischen Gründen, wobei unklar ist, warum der 20-Jährige intern gesperrt wurde. Irgendetwas ist immer beim FCZ.

Für die zwei anderen Zürcher Teams spitzt sich derweil die Lage im Abstiegskampf zu – selbst wenn Winterthur und die Grasshoppers in den letzten Tagen kräftige Lebenszeichen von sich gaben. Der junge GC-Stürmer Adama Bojang erzielte beim 3:1 gegen Luzern am Sonntag innerhalb von 58 Minuten drei Tore und traf damit so oft wie zuvor in zwanzig Einsätzen. Verrückt? Vielleicht ist das der Beginn einer grossen Goalgetter-Karriere.

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