Der 41-jährige Bündner möchte seine Karriere mit der 20. WM-Teilnahme krönen. Absagen aus Übersee verbessern seine Perspektiven.
Vorbereitungsspiele des Eishockey-Nationalteams sind Anlässe, die dem Publikum nur schwer zu verkaufen sind. Oft verlieren sich nur eine Handvoll Anhänger auf den Tribünen des jeweiligen Stadions. Am Donnerstag war die Klotener Swiss-Arena ausnahmsweise besser gefüllt, als sie das bei Länderspielen üblicherweise ist. 6576 Zuschauer sorgten beim letzten Vorbereitungsmatch vor dem WM-Start in der Schweiz für eine ansprechende Kulisse.
Der Grund dafür: Andres Ambühl zeigte sich zum letzten Mal vor heimischem Publikum. Der Davoser wird seine Karriere nach dieser Saison beenden. Ob in den kommenden zwei Wochen noch ein paar weitere Partien im Nationaldress dazukommen, entscheidet sich in den nächsten Tagen bis zum Turnierbeginn am kommenden Freitag.
Ambühl summiert 341 Einsätze für die Schweiz
Der Nationalcoach Patrick Fischer lässt sich nicht in die Karten blicken. Am Tag vor dem Match in Kloten hatte er gesagt: «Wir alle kennen Ambühls Fähigkeiten. Er ist ein unglaublich vielseitiger Spieler und auch ein Phänomen. Wann immer er auf dem Eis steht, ist er voll dabei.»
Im Test gegen Schweden absolvierte der Davoser seinen 341. Match für das Schweizer Nationalteam. Das ist längst ein Rekord. Im November 2003 hatte er noch unter dem Deutsch-Kanadier Ralph Krueger im Nationalteam debütiert. Patrick Fischer war damals einer seiner Mitspieler. Sollte Ambühl den letzten Kaderschnitt des Nationalcoachs überstehen und mit dem Team Richtung Dänemark aufbrechen, dann wäre es die 20. Weltmeisterschaft für den mittlerweile 41-jährigen Bündner. Er ist damit längst auch international eine Ausnahmeerscheinung. Weltweit hat kein anderer Spieler öfter an Weltmeisterschaften teilgenommen, niemand trug häufiger das Dress seines Landes.
Ambühl nimmt all diese Zahlen und Rekorde mit jener Gelassenheit, die ihn zeit seiner Karriere ausgezeichnet hat. Seit er im Februar das Karriereende angekündigt hat, befindet er sich auf einer monatelangen Abschiedstournee. Wo immer er auftritt, schlägt ihm die Sympathie des Publikums entgegen. Nach dem Match am Donnerstag in Kloten bedankte er sich beim Anhang für den emotionalen Abend. «Die grosse Wertschätzung, die ich erfahre, ist nicht normal und sehr speziell.» Am Ende war es ihm fast ein wenig peinlich: «Ich hatte gehofft, dass sie nach einer Minute aufhören.»
Doch das tat das Publikum nicht. Noch lange nach dem Match skandierte es seinen Namen. Wie der ehemalige ZSC-Captain Mathias Seger ist Andres Ambühl einer jener Spieler, die die Akzeptanz und Achtung sämtlicher Eishockeyanhänger geniessen. Es gibt kaum jemanden, der ein schlechtes Wort über ihn verliert. Trotzdem darf Ambühl bei der letzten Nomination von Patrick Fischer nicht mit einem Bonus rechnen.
Patrick Fischer sagt: «Der Fokus liegt immer auf der Mannschaft. Wir nehmen nicht einfach jemanden mit, von dem wir das Gefühl haben, er bringt nichts.» Der Coach sagte, anfänglich habe er selbst gezweifelt, ob es Ambühl noch einmal ins Team schaffen werde. Doch während der Saison sei dieser immer besser und konstanter geworden und habe zu seiner alten Stärke zurückgefunden. In den Play-offs war der Davoser einer der herausragenden Spieler im Team des Rekordmeisters.
Prominente Absagen aus Übersee
Ambühls Chancen, in Herning und Stockholm ein letztes Mal für die Schweiz zu spielen, stehen gut. Die Lücken im Kader sind diesmal grösser als auch schon. Nachdem vor einem Jahr praktisch alle Spieler zur Verfügung gestanden haben, zeichnen sich diesmal prominente Absenzen aus Übersee ab. Roman Josi (Hirnerschütterung) und Philipp Kurashev (Handgelenk) fehlen wegen Verletzungen. Pius Suter verzichtet, weil er ohne Vertrag in der NHL ist und das Risiko einer Verletzung vermeiden will.
Am Donnerstag und Freitag sind mit Nico Hischier, Timo Meier, Jonas Siegenthaler (alle New Jersey Devils) und Kevin Fiala (Los Angeles Kings) vier weitere Schweizer aus den NHL-Play-offs ausgeschieden. Fischer liesst durchblicken, dass er Hischier im Hinblick auf die kommende Saison, in der mit dem Olympiaturnier in Mailand und der Heim-WM in Zürich und Freiburg gleich zwei Grossanlässe anstehen, eine Pause gewähren will. Nach den letzten zwei Partien am Wochenende in Brünn gegen Finnland und Tschechien wird er sein Kader bekanntgeben.
Bei der 1:2-Niederlage am Donnerstag gegen das mit elf NHL-Spielern verstärkte schwedische Team in Kloten fehlte der Grossteil der Play-off-Finalisten aus Zürich und Lausanne noch. Die Mannschaft flog am Freitag nach Tschechien, von wo aus sie dann Anfang nächster Woche direkt an den WM-Spielort nach Herning in Dänemark weiterziehen wird. Zumindest für die beiden Partien in Tschechien wird Andres Ambühl die Schlittschuhe noch einmal schnüren. Es würde überraschen, stünde er danach nicht im WM-Team. Doch nach diesem Turnier wird endgültig Schluss sein für «Büeli».