Mittwoch, November 27


The Market Risk Barometer

Die Anzeichen mehren sich, dass die US-Wirtschaft an Schwung verliert. Die Aussicht auf eine baldige Zinssenkung durch das Fed beflügelt die Börse und treibt das The Market Risk Barometer in die Höhe.

Die Zinssenkungsphantasie ist zurück. Zwar wurden in den USA ausserhalb der Landwirtschaft im Juni etwas mehr Stellen geschaffen als vorhergesagt (206’000 vs. 190’000), dafür stieg die Arbeitslosenrate leicht von 4 auf 4,1%. Zudem hat sich das Lohnwachstum verlangsamt, und die Anzahl neu geschaffener Stellen in den Vormonaten wurde nach unten korrigiert. Insgesamt fiel der Bericht damit leicht schwächer aus als erwartet, was die Hoffnung auf eine erste Zinssenkung durch die US-Notenbank an ihrem übernächsten Treffen vom 18. September nährte.

Das gilt umso mehr, als am Mittwoch bereits der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor überraschend auf 48,8 und damit in den Kontraktionsbereich abgesackt ist. Damit mehren sich die Anzeichen, dass die US-Wirtschaft an Schwung verliert. Für die Finanzmärkte sind Bad News aber einmal mehr Good News. Die Rendite zehnjähriger Treasuries ermässigte sich von ihrem Höchst bei 4,49% und schloss die Woche bei 4,28%, während die Aktienmärkte ihren Höhenflug fortsetzten.

Der von MSCI berechnete Weltaktienindex legte 1,9% zu. Am stärksten avancierte der technologielastige Nasdaq 100, gefolgt vom Nikkei 225, der schon in der Vorwoche deutlich gestiegen ist und am Freitag im Tagesverlauf mit 41’100 ein neues Allzeithöchst setzte. Wenig gefragt waren der britische FTSE 100, was indes nicht nur am erdrutschartigen Wahlsieg der Labour-Partei liegen dürfte, sondern an der eher defensiven Sektorzusammensetzung. Dafür spricht auch das schwache Abschneiden des Swiss Market Index, der von defensiven Werten dominiert wird:

Noch besser zeigt sich die fehlende Dynamik bei defensiven Werten auf Sektorebene, wo Gesundheitsvaloren als einzige die Woche sogar mit Verlust abgeschlossen haben. Doch auch die Bereiche Versorger und Basiskonsum blieben hinter dem MSCI World zurück.

An der Ranglistenspitze finden sich die Branchen Technologie (Apple, Microsoft), Kommunikation (Alphabet, Meta Platforms) und zyklischer Konsum (Amazon, Tesla), die vom fortgesetzten Höhenflug der «glorreichen Sieben» profitieren konnten. Aus der Reihe tanzte einzig Nvidia, die sich «nur» im Gleichschritt mit dem S&P 500 bewegte.

Die gute Stimmung zeigt sich auch im Risk Barometer von The Market, das von 51 auf 55 gestiegen ist. Es liegt damit leicht über dem langjährigen Mittel von 50.

Von den neun Indikatoren, aus denen das Barometer zusammengesetzt ist, haben sich fünf verbessert. Am stärksten zur Stimmungsaufhellung beigetragen hat die implizite Volatilität in Europa, die trotz des kaum absehbaren Wahlausgangs in Frankreich zurückgegangen ist. Gesunken ist auch das Absicherungsbedürfnis, was sich an einem niedrigeren Put-Call-Ratio ablesen lässt.

Den Anstieg begrenzt hat einmal mehr das schwache Abschneiden der klein- und mittelkapitalisierten Werte, die zumindest in den USA den Börsenlieblingen das Wasser nicht reichen konnten. So hat der Russell 2000 letzte Woche 1% abgegeben, während der S&P 500 um 2% gestiegen ist. Die schrumpfende Marktbreite könnte dereinst zum Problem werden, sofern der Aufschwung nicht bald auch die vernachlässigten Segmente erfasst.

Trotz des Anstiegs bleibt das Risk Barometer im neutralen Bereich. Es lässt damit weitere Avancen zu. Da die Saison der Halbjahresabschlüsse erst langsam Fahrt aufnimmt – am Freitag stehen die Ergebnisse der Grossbanken Citigroup, JPMorgan und Wells Fargo an –, dürften diese Woche vor allem die Inflationsdaten vom Donnerstag im Fokus der Anleger stehen.

Erwartet wird, dass die Konsumentenpreise im Juni in den USA zum Vorjahr 3,1% gestiegen sind, nach 3,3% im Vormonat. Bei der Kernteuerung ohne Energie- und Lebensmittelpreise sind es 3,4%. Sollte sich der Rückgang der Inflation fortsetzen und damit die Zinssenkungsphantasie weiter nähren, dürften die Börsen erfreut reagieren. Umgekehrt dürfte ein unerwartet hoher Teuerungsdruck zur Belastung werden.

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