Dienstag, April 15

Eine vorübergehende Streichung von Zöllen auf Smartphones und Computer verschafft den Märkten wieder etwas Luft. Analysten sind jedoch skeptisch. Die Stimmung kann bald wieder kehren.

Im Moment herrscht der Eindruck, als wollten die Börsen die positiven Nachrichten auskosten, bevor die nächste Hiobsbotschaft aus dem Weissen Haus kommt. Sowohl die asiatischen als auch die europäischen Märkte sind mit einem Plus in die neue Handelswoche gestartet.

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Hier dürfte der Aufschub der «reziproken» Zölle von vergangener Woche nachwirken. Diesen hatte US-Präsident Donald Trump verkündet, nachdem es zu Turbulenzen an den Börsen und im Handel mit amerikanischen Staatsanleihen gekommen war. Zusätzlichen Schub hat eine überraschende Ankündigung vom Freitagabend gebracht: So schaffte die US-Regierung Zölle auf Elektronikartikel wie Smartphones oder Computer wieder ab, zumindest vorübergehend.

Von dieser Entwicklung dürfte zuvorderst der US-Konzern Apple profitieren, dessen Aktien vorbörslich schon deutlich zugelegt haben. Nun warten Investoren gespannt, wie sich der Titel nach der Börsenöffnung am Nachmittag verhält.

Doch wie lange die vorsichtig positive Stimmung an den Märkten hält, wagt niemand zu sagen. Denn so richtig trauen mögen die Anleger der vorübergehenden Entspannung nicht.

Kommt es zu Hamsterkäufen?

Jürgen Wagner ist Analyst für die Technologiebranche beim US-Brokerhaus Stifel. Er sagt: «Es ist noch zu früh für eine Entwarnung, da die Zölle ja Stand heute trotzdem kommen sollen, einfach später». Trotzdem sei der Aufschub grundsätzlich positiv und dürfte der Branche kurzzeitig etwas Luft verschaffen.

Nun stelle sich die Frage, wie sich die Konsumenten verhalten. Falls die USA in eine Rezession rutschen sollten, dürfte das auf die Verkäufe von Smartphones und Computer drücken, sagt Wagner.

Angesichts des Zollaufschubs schliesst er aber nicht aus, dass es zu Hamsterkäufen kommen könnte – also dass Leute jetzt noch Geräte kaufen, bevor sie durch hohe Zölle verteuert werden. Dies wäre kurzfristig für die Verkaufszahlen von Konzernen wie Apple positiv.

Der Analyst gibt aber zu bedenken, dass sich ein solches Phänomen später im Jahr in tieferen Umsätzen beim neuen iPhone niederschlagen könnte, das im September vorgestellt wird.

Positiv wertet Wagner den Aufschub auch für Zulieferer in der Halbleiterindustrie wie beispielsweise VAT oder Comet. Deren Erzeugnisse seien zwar bisher ohnehin von Zöllen verschont geblieben. Doch wenn es Zölle auf Endprodukte gebe, senke das jeweils auch die Nachfrage bei Firmen in der vorgelagerten Wertschöpfungskette.

Während VAT auch am Mittag noch im Plus lag, hatte der Titel von Comet die Gewinne vom Morgen bereits weitgehend wieder abgegeben. Einen Freudensprung machte hingegen der Kurs von Logitech. Der Hersteller von Computerzubehör war im Zuge des Zollstreits an der Börse deutlich unter Druck gekommen.

Wenige Ausweichmöglichkeiten

Doch auch über den Technologiesektor hinaus sind Analysten nach den Erfahrungen der letzten Tage zurückhaltend mit Prognosen.

«Die politische Unsicherheit bleibt hoch und eine erneute Eskalation ist nicht auszuschliessen», heisst es bei der Zürcher Kantonalbank. Dennoch rechnen die Analysten des Instituts in ihrem Basisszenario nicht mit einer globalen Rezession. Vor diesem Hintergrund scheint ihnen «der Ausverkauf am Schweizer Aktienmarkt übertrieben», wie sie in einer Einschätzung vom Montagmorgen schreiben.

Ein Fragezeichen machen sie bei der Pharmaindustrie. Diese erweist sich üblicherweise in turbulenten Zeiten als stabiler Wert. Doch von diesem Vorteil können die Titel der Branche im Moment nicht profitieren. Denn noch ist unklar, ob und in welchem Ausmass Konzerne wie Novartis oder Roche effektiv von Zöllen betroffen sein werden.

Zwar produzieren die Schweizer Pharmafirmen bereits einen beachtlichen Teil ihrer Medikamente für den US-Markt in den Vereinigten Staaten. Novartis hat überdies Grossinvestitionen in Milliardenhöhe angekündigt. Zudem dürften auch eine allfällige Preiserhöhung aufgrund von Zöllen die Nachfrage nach lebensnotwendigen Arzneimittel nicht allzu stark verringern. Trotzdem lastet die Unsicherheit in der Zollpolitik auf dem Sektor.

Das Problem der Versicherungen

Die Analysten der Bank Vontobel machen am Schweizer Aktienmarkt immer noch Bereiche aus, die von den neuen Zöllen nur geringfügig direkt betroffen sind. Denn «langweilig» zu sein, könne in diesen Zeiten durchaus attraktiv sein. Damit meinen sie Sektoren wie Versicherungen, Immobilien oder Telekom. Als weiteres Zückerchen böten diese Unternehmen darüber hinaus oft auch attraktive Dividenden, die in den nächsten Wochen ausgeschüttet würden.

Dass jedoch gerade die Versicherer von den ganzen Verwerfungen an den Finanzmärkten sehr wohl betroffen sind, macht Vontobel mit ihrem Aktien-Update vom Montag gleich selber deutlich. Aufgrund der erwarteten tieferen Anlageerträge und damit wohl tieferer Gewinne korrigierte die Bank ihr Kursziel bei Zurich, Swiss Life, Helvetia, Baloise und Vaudoise nach unten.

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