Mittwoch, Oktober 9

Die Reaktionen auf ein Werbung für das neue iPad sind heftig. Apple vernichte damit die Kunst, hiess es.

Apple wirbt für ein neues iPad, und das mit einer ziemlich dystopischen Szenerie. Im Werbespot, der diese Woche erschienen ist, sieht man einen Haufen Gegenstände. Farbtuben, eine Büste, Gemälde, eine Gitarre. Dinge, die für Kunst, Kultur, Kreativität stehen. Und man sieht, wie all diese Dinge von einer immensen hydraulischen Presse zerstört werden.

Kameras zersplittern in zig Teile, Bücher zerbröseln, ein Klavier wird zerdrückt. Am Ende liegt da noch ein einziges Gerät: das neue iPad. Im Hintergrund läuft ein Song aus dem Jahr 1971 von Sonny und Cher mit dem Titel: «All I Ever Need Is You».

Mensch gegen iPad

Der Werbespot wurde seither auf Youtube schon 1,3 Millionen Mal angesehen. Und er wird von Marketingexperten, Fans und Feinden von Apple rauf und runter diskutiert. Die allermeisten sind empört. Der Werbespot sei ein Affront gegen alles Kreative, was der Mensch je erschaffen habe, so der Tenor.

Das amerikanische Tech-Magazin «The Verge» schrieb: «Es macht wütend zu sehen, wie ein Klavier, das bei guter Pflege etwa fünfzig Jahre halten kann, zerquetscht wird, um für ein Gerät zu werben, das in weniger als zehn Jahren veraltet sein wird.» Auf Social Media hiess es, der Spot zeige, wie das Silicon Valley die Symbole menschlichen Schaffens zerstöre. Die amerikanische Filmemacherin Justine Bateman fragte auf X: «Warum macht Apple eine Werbung, die Kunst vernichtet?»

Der Kreativdirektor der britischen Marketingagentur Inkling Culture, Christopher Slevin, schrieb in einem Beitrag, er wolle nicht in einer Welt leben, in der Spass und Kreativität nur noch auf einem kleinen, viereckigen Gerät zugänglich seien, in der alles Körperliche allmählich von der Technologie zerdrückt werde.

Viele sehen in dem Spot auch die Abkehr Apples von seiner ursprünglichen Vision, Konformität zu zerstören. Sie erinnern dabei an einen Werbespot aus dem Jahr 1984, in dem Apple für den ersten Macintosh warb. Er zeigt eine düstere, eintönig-graue Welt und eine Frau, die mit einem Hammer auf diese Welt einschlägt. In Anlehnung an den dystopischen Roman «1984» von George Orwell hiess es in dem Spot: Sie werden sehen, warum 1984 nicht wie «1984» sein wird.

Apple entschuldigt sich

Der neue Werbespot, der übrigens den Titel «Crush» trägt, sollte wohl eine Metapher sein für all das, was in dem iPad steckt. Doch der Spot wurde zur Metapher dafür, wie Maschinen die menschliche Kreativität auslöschen. Als wäre das nicht genug, ist dieses neue iPad das erste mit einem Chip, der die Nutzung von künstlicher Intelligenz unterstützt. Und vor KI, die innert Sekunden Texte, Bilder, Filme kreieren kann, fürchtet sich die Kreativbranche ohnehin schon.

Für Apple, das sich stets als Verbündete der Kreativbranche sah, ist das Echo auf den Spot bitter. Viele Menschen in kreativen Berufen lieben Apple-Produkte, Grafiker nutzen sie, Musikerinnen, Fotografen, Künstlerinnen. Jetzt fühlen sie sich verraten. Steve Jobs hätte so etwas nie veröffentlicht, schrieben viele auf X.

Am Donnerstag folgte dann tatsächlich eine Entschuldigung. Tor Myhren, Vizepräsident von Apples Marketingabteilung, sagte dem amerikanischen Marketing-Magazin «Ad Age», Apple habe mit dem Spot das Ziel verfehlt. «Das tut uns leid», sagte er. Kreativität sei in der DNA von Apple, und es sei unglaublich wichtig, Produkte zu entwickeln, die Kreative unterstützten.

Apple kündigte ausserdem an, den Werbespot nicht wie geplant im Fernsehen zu zeigen. Auf Youtube bleibt der Spot aber abrufbar.

Der amerikanische Regisseur Reza Sixo Safai schlug Apple indes eine produktive Antwort auf das Debakel vor. Auf X schrieb er: «Hey Apple, ich habe das für euch repariert.» Er postete ein Video, in dem der Spot rückwärts abgespielt wird. Man sieht das iPad, die hydraulische Presse. Sie öffnet sich, und plötzlich ist alles wieder da: die Farbe, die Musik – die Kreativität.

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