Seit dieser Woche können Nutzer in den USA «Apple Intelligence» verwenden. Erste Anzeichen deuten daraufhin, dass die KI tatsächlich das Geschäft mit dem 17 Jahre alten iPhone beflügeln könnte.
Es waren erfreuliche Nachrichten, die Apple am Donnerstag seinen Aktionären präsentieren konnte: Zwischen Juli und September hat der iPhone-Konzern 46,2 Milliarden Dollar allein mit Smartphones umgesetzt, in jeder Weltregion wurden mehr der Smartphones verkauft – insgesamt 6 Prozent mehr im Jahresvergleich.
Boomt das iPhone, boomt auch Apple, denn das Smartphone schultert fast den halben Konzernumsatz. Und tatsächlich wuchs der Umsatz um 6 Prozent auf ein Allzeithoch für das September-Quartal von knapp 95 Milliarden Dollar. Der Gewinn sank jedoch wegen einem jüngsten Gerichtsurteil der EU, das Apple zu Steuernachzahlungen in Irland von 14,3 Milliarden Dollar plus Zinsen zwingt. Somit lag der Gewinn nur bei knapp 15 Milliarden Dollar (minus 35 Prozent im Jahresvergleich).
Die Zahlen waren für Apple vor allem deswegen erfreulich, weil sie ein erster Indikator dafür sind, dass die KI-Strategie des Konzerns tatsächlich aufgehen könnte und von Kunden mit offenen Armen begrüsst wird.
Denn das Smartphone spielt eine Schlüsselrolle bei Apples hauseigener KI-Strategie, die der Konzern «Apple Intelligence» nennt. Diese soll aus unseren Smartphones einen klugen Assistenten machen, der mit uns natürlich redet, für uns schreibt und für uns Aufgaben erledigt.
Seit Montag dieser Woche können Apples Kunden in den USA die KI-Funktionen des Konzerns verwenden – vorausgesetzt, sie besitzen ein iPhone-Modell 15 Pro, 15 Pro Max oder 16. Nur diese Modelle haben die ultraschnellen Chips eingebaut, die man für KI-Berechnungen benötigt. Die KI-Funktionen sind Teil des neuen Betriebssystem iOS 18.1. So funktionieren sie auch auf den neusten Versionen von iPad und MacBook.
Laut der Marktforschungsfirma IDA haben die Konsumenten in freudiger Erwartung im letzten Quartal nicht nur das nagelneue iPhone 16 gekauft, sondern speziell auch das diskontierte iPhone 15 Pro und 15 Pro Max. Dies ist ein zweiter Indikator dafür, dass die Nachfrage nach «Apple Intelligence» tatsächlich gross sein dürfte.
Ein dritter Hinweis ist, dass die Nutzer in den USA sich am Montag offenbar regelrecht auf «Apple Intelligence» gestürzt haben: Wie Cook im Telefonat mit Investoren beschrieb, hätten bereits doppelt so viele Nutzer das neue Betriebssystem 18.1 installiert wie das vorherige.
Doch ist «Apple Intelligence» tatsächlich so viel besser? Es sind zurzeit alles Funktionen, die man bereits von den KI-Angeboten von Open AI, Google, Microsoft und anderen kennt: Die KI lässt die Nutzer ungewollte Objekte aus Fotos entfernen und generiert Video. Sie fasst E-Mails, Dokumente und ganze Konferenzanrufe zusammen und hilft beim Schreiben und Straffen von Texten.
Auch wurde Apples Sprachassistent Siri schlauer: Man kann neuerdings Folgefragen stellen und auch schriftlich mit Siri kommunizieren. Bis Siri aber mit Apps von Drittanbietern interagieren kann – und zum Beispiel für den Nutzer ein Taxi bestellt oder einen Tisch reserviert – wird es noch Monate dauern.
Keine der Funktionen ist revolutionär. Der Handyhersteller Samsung hat solche Angebote schon im Januar in seinem KI-Smartphone präsentiert. Doch dem CEO Cook geht es nicht darum, der Erste zu sein, sondern der Beste, wie er jüngst in einem grossen Interview mit dem «Wall Street Journal Magazin» betonte.
«Das ist erst der Anfang», verspricht Cook
Ob Apples KI-Funktionen tatsächlich die besten sein werden, bleibt abzuwarten. In den kommenden Monaten will der Konzern immer mehr neue hinzufügen. «Das ist erst der Anfang», wiederholte er am Donnerstag immer wieder.
Vor allem aber hebt sich Apple von den Angeboten der Konkurrenz ab, indem die Firma verspricht, die Privatsphäre und die Daten seiner Nutzer wesentlich besser zu schützen als die Konkurrenz. So sollen viele der Anfragen auf dem Gerät selbst und nicht in einer Datenwolke bearbeitet werden. Angesichts des Informationsschatzes, den wir alle auf unseren Smartphones haben, könnte dieses Versprechen tatsächlich Nutzer binden.
Kann KI das 17 Jahre alte iPhone beflügeln?
Die Schlüsselfrage bleibt jedoch, ob «Apple Intelligence» für den Konzern tatsächlich einen «Upgrade Cycle» einläutet – sprich dass die neuen Funktionen verlockend genug sind, dass Nutzer in Massen ihre alten iPhones für neue, KI-fähige Modelle eintauschen.
Dafür wird das laufende Quartal aufschlussreich sein, insbesondere der Dezember, Apples verkaufsstärkster Monat. Cook gab sich zuversichtlich, dass die KI das iPhone-Geschäft «gerade rechtzeitig vor der Feiertagssaison beflügeln» würde.
Denn im Dezember wolle man bereits weitere Funktionen von «Apple Intelligence» lancieren: Dann werde der Chatbot Chat GPT in das Betriebssystem integriert, und dann werde es weitere, noch mächtigere Schreibhilfen geben. Ebenso werde die KI dann in anderen englischsprachigen Weltregionen wie Kanada, Grossbritannien und Kanada verfügbar sein.
Die Investoren scheinen ähnlich zuversichtlich wie Cook: Seitdem der Konzern im Juni «Apple Intelligence» vorgestellt hat, ist der Aktienpreis um 18 Prozent oder kumuliert 500 Milliarden Dollar gestiegen. Mit einer Börsenbewertung von 3,4 Billionen ist Apple zurzeit wieder die wertvollste Technologiefirma der Welt. Zumindest das hat «Apple Intelligence» bereits geschafft.