Mittwoch, März 19

Peking, Phnom Penh oder Pjongjang hoffen, einen lästigen Beobachter loszuwerden. Was bringt der amerikanische Auslandsender Radio Free Asia den Bürgern?

Lügenfabrik, Propagandamaschine, Giftschleuder – in einem Leitartikel teilt die chinesische «Global Times» nochmals kräftig aus gegen die amerikanischen Auslandsender. An praktisch jeder bösartigen Unwahrheit, die über China verbreitet werde, klebten die Fingerabdrücke von Voice of America (VOA), ereifert sich das Sprachrohr der kommunistischen Partei. Mit hämischer Genugtuung kommentiert die «Global Times», der angebliche Leuchtturm der Freiheit werde gerade von der amerikanischen Regierung wie ein dreckiger Lumpen entsorgt und «auf den Abfallhaufen der Geschichte geworfen».

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Ins gleiche Horn stösst Kambodschas Langzeitherrscher Hun Sen. Auf Facebook lobt er Donald Trumps Anordnung, VOA und das ebenfalls mit Regierungsgeldern finanzierte Radio Free Asia (RFA) abzustrafen. Hun Sen erkennt in der Mittelkürzung einen «wichtigen Beitrag zur Beseitigung von Fake News, Desinformation, Lügen, Verzerrungen, Aufwiegelung und Chaos auf der ganzen Welt».

38 Jahre lang hatte Hun Sen mit eiserner Faust regiert, bis er die Staatsführung 2023 an seinen Sohn delegierte. Das Regime der Hun-Sen-Familie steht für systematische Menschenrechtsverletzungen. Oppositionelle landen im Gefängnis, Exilanten sterben bei Anschlägen, unliebsame Medien verschwinden von der Bildfläche. Seine Macht zementierte der Clan über Pseudowahlen, während er gleichzeitig das verarmte Land ausplünderte.

Zu einseitig?

RFA hat es sich zur Aufgabe gemacht, den asiatischen Despoten auf die Finger zu schauen und grobe Verletzungen der Menschenrechte aufzudecken. So berichtete RFA als eines der ersten Medien über die chinesischen Internierungslager in Xinjiang. Was Peking als Ausbildungszentren für Uiguren darstellte, erwies sich in vielen Fällen als Straf- und Zwangsarbeitslager für Angehörige der muslimischen Minderheit. Zum Ärger Chinas deckten RFA-Reporter später auf, wie die Kommunistische Partei die Opferzahlen der Covid-Pandemie manipulierte.

Mit ihrem weitverzweigten journalistischen Netzwerk leuchten Amerikas Auslandsender auch in wenig beachtete Länder wie Laos. Hartnäckig berichtete RFA etwa über das Verschwinden des Menschenrechtsaktivisten Sombath Somphone in Vientiane. Oder der Sender dokumentierte, wie Nordkorea, eines der grausamsten Regime der Welt, Jugendliche hinrichtet, die mit südkoreanischen Filmen geschnappt wurden. Trotz Trumps Verordnung vom Freitag wurde die Website von RFA am Dienstag weiterhin redaktionell betreut. RFA will vor Gericht gegen den angedrohten Kahlschlag vorgehen.

In den vergangenen Jahren erhielten zahlreiche Recherchen des Senders renommierte Medienpreise. Im Gegensatz zu den Staatsmedien asiatischer Autokratien wird RFA als Medium wahrgenommen, das sich um Ausgewogenheit bemüht. Vereinzelt gab es aber auch Kritik, dass RFA Dissidenten und Personen im Exil zu viel Gewicht beimesse.

Asiens Despoten ist RFA ein Dorn im Auge, weil der Sender trotz technischen Störmanövern von Chinesen, Kambodschanern oder Laotinnen gehört wird. RFA publiziert neben Englisch und Mandarin in verschiedenen tibetischen Dialekten, auf Khmer, Lao, Uigurisch und in weiteren Sprachen. Eine starke Präsenz hat in Asien zwar auch die BBC. Doch reduzierte der öffentlichrechtliche Sender sein asiatisches Programm wegen Sparmassnahmen.

Washington spart, Peking baut aus

Nach Angaben von RFA nutzen wöchentlich 60 Millionen Menschen das multimediale Angebot. Eine Hörerin aus der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh sagt, sie habe über den Auslandsender erfahren, was in ihrem Land wirklich geschehe. Ein myanmarischer Politologe – auch er besteht auf Anonymität – informiert sich auf RFA, wie sich das Kräfteverhältnis zwischen Regierungsarmee und den Aufständischen verändert. Nach einem Jahrzehnt demokratischer Öffnung putschte sich das Militär in Myanmar 2021 abermals an die Macht.

Geradezu pathetisch mutet der Post des chinesischen Dissident Du Wen an. In Reaktion auf Trumps Ankündigung schreibt er aus dem belgischen Exil: «Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass unzählige Exilanten, Rebellen, Intellektuelle und einfache Menschen dank den Stimmen von VOA und RFA in der Dunkelheit durchgehalten und durch deren Berichterstattung trotz Angst Hoffnung gefunden haben.»

Während sich die amerikanischen Auslandsender mit drastischen Mittelkürzungen abfinden müssen, nimmt China mehr Geld in die Hand. In Kambodscha, Malaysia und Thailand habe die Volksrepublik ein umfangreiches Ökosystem von Medien etabliert, die seine Botschaften verbreiteten, bilanziert etwa die deutsche Konrad-Adenauer-Stiftung. Die Pro-Peking-Berichterstattung in lokalen Medien mit Verbindungen zu China trage dazu bei, die Öffentlichkeit von der Wahrhaftigkeit der Botschaften der chinesischen Regierung zu überzeugen.

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