Samstag, November 23

Eine Ära geht zu Ende: Der DBS 770 Ultimate markiert das Auslaufen des Topmodells von Aston Martin. Wir durften mit 770 PS die Fasane im Herzen Englands erschrecken.

Eigentlich sind die Cotswolds ein beschaulicher, fast romantischer Landstrich mitten in England. Bemooste Steinmauern säumen die engen Strassen, die kleinen Häuser sind so alt, wie sie aussehen, gefühlt heisst jeder zweite Pub «The King’s Arms». Und die Fasanen agieren hier genauso kopflos wie überall, sie sind nur viel zahlreicher als anderswo. Wenn es hier donnert, liegt es normalerweise an einem typisch englischen Gewitter. Es sei denn, es ist ein Aston Martin DBS 770 Ultimate unterwegs.

Den Abschied von seiner DBS-Baureihe als Coupé und Cabriolet feiert Aston Martin mit dem stärksten Serien-Modell, das je vom britischen Hersteller gebaut wurde. Der V12 des «normalen» DBS Superleggera wurde dafür überarbeitet und liefert im Ultimate 770 statt 725 PS – allerdings hat sich das maximale Drehmoment von 900 Nm nicht geändert. Die Mehrleistung erreichten die Ingenieure durch modifizierte Luft- und Zündkanäle sowie einen um sieben Prozent höheren maximalen Ladedruck der Turbolader.

Die Fahrleistungen bleiben erstaunlicherweise ähnlich wie bisher: Das Spitzentempo beträgt nach wie vor 340 km/h, das Coupé beschleunigt allerdings 0,2 Sekunden schneller von 0 auf 100 km/h als der Superleggera, also in 3,2 Sekunden. Der offene, 100 Kilogramm schwerere Volante benötigt 3,4 Sekunden. Das sind seltene Werte, die sonst oft nur gewisse Elektroautos erreichen.

Was einen vermuten lassen könnte, dass der DBS 770 Ultimate ein reines Sammlerstück wird, limitiert auf 300 Coupé- und 199 Volante-Exemplare. Das wäre allerdings schade, denn die Ingenieure haben den 770 Ultimate auch technisch aufgerüstet für angepasste Fahrbarkeit. So entwickelten sie eine neue Lenkung für ein besseres Lenkgefühl. Die Torsionssteife wurde durch einen neuen vorderen Querträger und einen verdickten Unterboden hinten um drei Prozent erhöht.

Noch flinkere Schaltvorgänge

Das adaptive Dämpfersystem wurde ebenfalls wegen der zusätzlichen Leistung neu abgestimmt. Die Achtgangautomatik arbeitet noch schneller als im Superleggera, ausserdem wurden die ersten fünf Gänge angepasst, um die Kraft optimal beim Beschleunigen nutzen zu können. Die Carbon-Keramikbremsen stammen dagegen unverändert vom Superleggera.

Natürlich unterscheidet sich die Last Edition auch optisch vom bisherigen Topmodell der Briten. Am auffälligsten sind die Änderungen bei der Motorhaube: Sie ist weiterhin als «Clamshell» ausgelegt, reicht also seitlich bis zu den Radläufen, besitzt nun aber eine Motorbelüftung im beeindruckenden Hufeisen-Stil. Ein neuer Frontsplitter integriert zwei neue äussere Belüftungsöffnungen. Sie sollen nicht nur die Motorkühlung verbessern, sondern auch – optisch dezent – vergangene DBS- und V12-Modelle von Aston Martin feiern.

Das modifizierte Design enthält zudem unter anderem eine andere Einfassung der Windschutzscheibe, neue Spiegelkappen, Kotflügel-Lamellen und Seitenschweller aus Carbon für ruhigere Luftströme sowie einen neuen Heckdiffusor, der für die aerodynamische Balance sorgt. Neue gestaltete 21-Zoll-Räder runden das Paket ab.

Innen gibt es nur wenige Überraschungen. Natürlich kann der Kunde alles haben, was er will – vor allem in Sachen Farbe, Kontraste und Nähte. Auf Carbon-Einstiegsleisten ist die Seriennummer eines jeden Sondermodells zu erkennen. Sie ruft noch einmal die Einzigartigkeit jedes Exemplars der Kleinserie in Erinnerung und steigert die Vorfreude auf die nächste Fahrt.

Auspuff ohne Klappe oder Elektronik

Und so lassen wir uns nieder in die Sport-Plus-Sitze, die den Körper perfekt aufnehmen, und starten den V12 in unserem tiefschwarzblauen DBS 770 Ultimate, der uns in Broadway zur Verfügung gestellt wird – einem typisch englischen Cotswolds-Nest im besten Sinne. Natürlich regnet es, und der Verkehr bewegt sich nicht nur auf der unpraktischen Seite (unser Testwagen hat Linkslenkung), er bewegt sich – ebenfalls typisch englisch – auch oft gar nicht.

Wir schleichen also über die Dörfer, bis tatsächlich eine Landstrasse zum Gasgeben einlädt. Langsam steigern wir die Gangart und klicken uns durch die diversen Fahrmodi, ab dem Fahrprogramm «Sport» gibt es den vollen Auspuffklang. Beim Durchdrücken des Gaspedals entwickelt er sich zu sonorem Donnern und Blubbern, beim Zurückschalten kann es auch einmal knallen – noch dürfen starke Sportler ihre Kraft auch akustisch vermitteln.

Für Puristen das Schönste: Aston Martin nutzt für die Klangkulisse keine Klappen oder elektronische Hilfsmittel, um die kraftvolle Überlegenheit akustisch zu inszenieren, sondern lässt den Verbrennungsvorgängen ihren natürlichen Lauf.

Zwar sind uns wegen schlechter Sicht nicht viele Überholvorgänge vergönnt. Aber die wenigen, die wir realisieren können, bestätigen die theoretischen Angaben. Das Getriebe arbeitet äusserst schnell, die Kraft beim Kickdown lässt auch in höheren Gängen die Hinterachse je nach gewähltem Fahrmodus mehr oder weniger tanzen, die Lenkung ist direkt ausgelegt und macht einen ausgewogenen Eindruck.

Es wäre bei so viel britischer Autobaukunst interessant zu erfahren, was der gut 1,8 Tonnen schwere Wagen auf einer Rennstrecke kann. Die Gewichtsverteilung ist beim Coupé mit 51 Prozent vorne und 49 Prozent hinten fast optimal, der Volante erreicht tatsächlich das optimale Verhältnis von 50:50.

Die Chancen dazu sind allerdings minimal. Denn alle Exemplare sind längst verkauft, und das zum Preis von mindestens 400 000 Franken. Wer sich nun aber Hoffnungen auf einen günstigen Jahreswagen der Serie macht, dürfte Pech haben: Wenn tatsächlich jemand seinen Ultimate verkaufen will, dann doch eher zu Sammlerpreisen jenseits der halben Million.

Aston-Martin-Verkäufe in der Schweiz

2013–2023, nach Modellen

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