Dienstag, April 1

Der CDU-Chef Friedrich Merz führt gemäss Zeitungsberichten geheime Asylverhandlungen mit Deutschlands Nachbarländern zur Eindämmung der Migration. Doch in der Schweiz dementiert man solche Gespräche.

Am Montag wollen die Spitzenpolitiker von CDU, CSU und SPD ihre Koalitionsverhandlungen in Berlin fortsetzen. Im Mittelpunkt dürften dabei die Themen stehen, bei denen die Regierungsparteien in spe weit auseinanderliegen. Neben der Finanzpolitik entzweit vor allem die Migrationspolitik die Gemüter von Christlichdemokraten und Sozialdemokraten.

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Nachdem der CDU-Chef Friedrich Merz der SPD durch die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und den 500 Milliarden Euro schweren kreditfinanzierten Infrastrukturfonds weit entgegengekommen ist, erwartet die Basis der CDU, dass er sich in der Migrationsfragen durchsetzt und seiner Ankündigung, die illegale Einwanderung nach Deutschland einzudämmen, Taten folgen lässt.

Zwar befürwortet auch die SPD eine Korrektur bei der unkontrollierten Zuwanderung, die die Aufnahmekapazität und -bereitschaft der Gesellschaft in Deutschland zunehmend erschöpft. Doch haben sich die Sozialdemokraten bisher gegen die Forderung von Merz ausgesprochen, die Grenzen dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle illegal Einreisenden zurückzuweisen, einschliesslich jener, die Asyl in Deutschland begehren.

Dominoeffekt gegen Masseneinwanderung

In dem Papier der Facharbeitsgruppen, das den Spitzenpolitikern vorliegt, heisst es zum Thema Migration: «Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den 423 gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.» Strittig zwischen SPD und den Unionsparteien ist, wie die Formulierung «in Abstimmung» zu interpretieren ist. Während die SPD darauf pocht, dass die Nachbarländer Deutschlands einer Abweisung von Immigranten an den deutschen Grenzen ausdrücklich zustimmen müssen, ist die Union auch zu Alleingängen bereit und will die Nachbarländer lediglich informieren.

Um den Streit zu entschärfen und somit eine entscheidende Hürde für eine Koalition mit der SPD aus dem Weg zu räumen, führt Merz nach Berichten der «Bild»-Zeitung Geheimgespräche mit Polen, Tschechien, Österreich, der Schweiz und Frankreich. Ziel der Gespräche sei es, die Nachbarländer dazu zu bewegen, illegale Einwanderer an ihren Grenzen abzuweisen.

Das würde andere EU-Staaten etwa in Südosteuropa unter Druck setzen, ihre Grenzen für illegale Einwanderer ebenfalls zu schliessen. Die Erstankunftsländer von Migranten wie Spanien, Griechenland und Italien könnte die EU bei der Kontrolle ihrer Aussengrenzen unterstützen, so die Idee. Durch die Migrations-Allianz entstünde ein Dominoeffekt, der die Masseneinwanderung nach Europa eindämmen könnte.

Dementi aus der Schweiz

Laut «Bild» begrüssen die Nachbarländer den Plan und zeigen sich grundsätzlich zur Zusammenarbeit mit Deutschland bereit. Doch ein Bericht der Schweizer Zeitung «Blick» nährt Zweifel daran. Auf Anfrage von «Blick» dementierten die Schweizer Behörden Geheimverhandlungen mit Deutschland. Es fänden «keine Verhandlungen mit Deutschland statt», zitiert das Blatt einen Sprecher des Schweizer Staatsekretärs für Migration. Auch seitens der Botschaft in Berlin seien «keine solchen Gespräche bekannt», sagte der Sprecher gegenüber «Blick». Die Zusammenarbeit fände auf Grundlage bestehender Abkommen statt.

Auch eine Sprecherin der CDU in Deutschland wollte «Blick» zufolge nicht sagen, mit wem Friedrich Merz in der Schweiz in Kontakt steht. Die Boulevardzeitung schreibt, es würde inhaltlich überraschen, wenn der schweizerische Asylminister Beat Jans dauerhaften Grenzkontrollen zur Zurückweisung illegaler Einwanderer zustimmt.

Im vergangenen Jahr registrierte die deutsche Bundespolizei nach Angaben des Portals «Mediendienst Integration» 13 000 illegale Grenzübertritte von der Schweiz nach Deutschland. Auf die Schweiz entfielen damit rund 15 Prozent aller unerlaubten Grenzübertritte nach Deutschland. Die meisten illegalen Grenzübertritte (16 000) gab es an der Grenze zu Polen.

Insgesamt kam es im vergangenen Jahr zu 83 000 illegalen Grenzübertritten nach Deutschland. Hingegen stellten rund 250 900 Personen einen Aslyantrag in Deutschland, darunter 229 800 Erstantragsteller. Damit fiel die Anzahl der Asylanträge mehr als drei Mal so hoch aus wie die Anzahl der illegalen Grenzübertritte. Der Grund dafür ist, dass nicht alle unerlaubten Grenzübertritte erfasst werden.

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