Viele Anleger scheinen den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl abzuwarten, was eher zu fallenden Kursen und wenig Bewegung im Momentum Screen von The Market geführt hat. Ausreisser nach oben und vor allem nach unten gab es unter den stärksten Aktien trotzdem.
Die Aktienmärkte und damit die Tabellen des The Market Momentum Screens könnten Mittwochfrüh, wenn die ersten Resultate der US-Präsidentschaftswahl eintreffen und die Tage darauf ordentlich durcheinandergewirbelt werden. Der darauffolgende Zinsentscheid der US-Notenbank (Fed) dürfte zwar nicht für grosse Überraschungen sorgen. Der Markt geht fest von einer Zinssenkung von 0,25 Prozentpunkten auf dann 4,5 bis 4,75% aus. Ein simples Drehbuch, wonach Donald Trump gut für den Ölsektor und die Pharmabranche und Kamala Harris gut für Anlagen aus der Solar- und Windenergie wäre, gibt es aber nicht.
The Market hat verschiedene Szenarien zur Wahl vorgestellt, bis zum Ergebnis scheinen sich aber viele Marktteilnehmer zurückzuhalten. Abzulesen ist dies auch am Risk Barometer von The Market, das nur noch geringfügig über dem langjährigen Mittelwert liegt. Die bevorstehenden Ereignisse haben den Risikoappetit der Marktteilnehmer eindeutig gedämpft.
Verglichen mit den Daten des Momentums Screens vor zwei Wochen fällt auf, dass deutlich mehr Indizes unter ihrem 200-Tage-Durchschnitt notieren. Waren es vor zehn Handelstagen noch fünf, sind es jetzt dreizehn der vierzig beobachteten Aktienindizes. Während sich einige der Indizes immerhin seitwärts bewegten, schwächeln vor allem die Schwachen – wie der dänische KFX, der französische CAC, der polnische WIG, der südkoreanische Kospi oder auch der SDax, der die deutschen Nebenwerte umfasst. Denn nicht nur ein Aufwärtstrend setzt sich oft fort, eben auch ein Abwärtstrend.
Mit dem Momentum Screen identifiziert The Market, die Titel, die Kursmomentum aufweisen, sprich zuletzt gestiegen sind, und zugleich attraktiv bewertet sind. Ihrem sich häufig fortsetzenden Trend zu folgen, kann sich auszahlen, wenn denn das gesamte Umfeld für ein Aktienengagement spricht. Dies ist die Grundvoraussetzung und gegenwärtig (noch) der Fall.
Übergeordnete Trends behalten ihre Gültigkeit. So sind insbesondere Automobilaktien weiterhin am Ende der nach relativer Stärke sortierten Listen des Momentum Screens zu finden. Eines der Schlusslichter im deutschen Leitindex Dax ist VW. Der angezählte Wolfsburger Autobauer erwägt nach Angaben des Betriebsrates nun mindestens drei Werke in Deutschland zu schliessen. Er will zudem die Tariflöhne um 10% senken und liebäugelt damit, die Jubiläumsgratifikationen für langjährige Mitarbeiter zu streichen. Im September hatte VW bereits die seit mehr als dreissig Jahre geltende Beschäftigungssicherung aufgekündigt, die den Autobauer daran gehindert hatte, Stellen abzubauen. Anleger machen vorerst einen grossen Bogen um die VW-Titel, Trendfolger sowieso.
Im Automobilsektor kann nur der Lkw-Hersteller Daimler Truck eine gewisse relative Stärke vorweisen, wird also höher gehandelt als im Durchschnitt der vergangenen sechs Monate. Das mag nicht nur am geplanten Joint Venture mit Volvo für eine gemeinsame Software liegen, sondern auch daran, dass der Nutzfahrzeughersteller einen Teil seiner Forderungen in China zwar abschreiben musste, die Wertberichtigung von 180 Mio. € aber keine Auswirkungen auf die Jahresprognose habe, heisst es aus Leinfelden-Echterdingen. Schon im zweiten Quartal mussten die Schwaben 120 Mio. € auf Anteile am Gemeinschaftsunternehmen BFDA (Beijing Foton Daimler Automotive) in den Wind schreiben. Die Zahlen zum dritten Quartal präsentiert Daimler Truck am 7. November. Mit grossen Überraschungen ist nicht zu rechnen, dementsprechend wenig dürfte sich der Kurs bewegen.
Softwareriese SAP weiter stark
Weiter stark sind die Aktien der Softwareschmiede SAP, deren Höhenflug scheinbar nur die Börsenregeln aufhalten können. Denn die Titel dürfen maximal 15% des Dax ausmachen. Der Softwarekonzern veröffentlichte solide Zahlen und hob den Ausblick für 2024 abermals leicht an. Die Marktkapitalisierung der Walldorfer lag am Montagabend bei 263 Mrd. €. Zum Vergleich: Siemens, die Nummer 2 im Dax, kommt auf 145 Mrd. €. Der Aufwärtstrend bei SAP ist intakt, einen grossen Sprung gab es bei den Aktien zuletzt aber nicht.
Einen solchen Satz kann dagegen Heidelberg Material vorweisen – und ist damit im Dax gerade auf weiter Flur ziemlich allein. Die Aktien hatte The Market im Juni empfohlen. Sie notierten am Montagabend mit 102.35 € nahe ihres 52-Wochen-Hochs von 103.60 €. Sollten sie die Marke in den nächsten Tagen oder Wochen übertreffen, wäre dies im Sinne der Trendfolge ein zusätzliches Kaufsignal.
Munich Re langfristig attraktiv
Deutlich eingebüsst haben der Versandhändler Zalando, der aber weiterhin sehr weit oben im Ranking zu finden ist, und teils Versicherer wie Hannover Rück, Munich Re und Allianz. Bei Munich Re sieht The Market langfristig jedoch sehr gute Chancen auf Kursgewinne.
In der zweiten Reihe, im MDax, prescht der Kochboxenversender Hellofresh weiter voran, während der Finanzdienstleister Hypoport teils enttäuschende Zahlen lieferte und deutlich an Boden verlor.
Im Swiss Leader Index (SLI) gaben die Aktien vom Zahnimplantatehersteller Straumann besonders nach, aber auch die Titel von Partners Group, Swisscom, Novartis und UBS verloren. An Stärke gewonnen hat neben Swatch Group (auf niedrigerem Niveau) vor allem Sandoz. Nach rund einem Jahr an der Börse haben sich Investoren für das Geschäftsmodell von Sandoz erwärmen können.
Die Aktien aus den USA laufen derweil gut, ungeachtet der Präsidentschaftswahlen. In der laufenden Berichtssaison überwiegen die positiven Überraschungen: Von den knapp 350 der S&P-500-Unternehmen, die bis gestern ihre Bücher offengelegt haben, übertrafen 77% die Gewinn- und 59% die Umsatzerwartungen. Besonders Technologie- und Kommunikationsunternehmen lagen deutlich über den Schätzungen der Analysen. Energie- und Industriefirmen schnitten hingegen schlechter ab.
Für das vierte Quartal rechnet der Markt mit 10,7% höheren Gewinnen und 2025 mit einem Plus von 15%. Das dürfe den S&P 500 stützen, ist man sich bei der Deutschen Bank sicher, wenngleich aufgrund der Entscheidungen in dieser Woche mit Kursschwankungen gerechnet werden muss.
Unter den US-Unternehmen, die positiv überraschen konnten, ist Amazon. Der Onlinekonzern aus Seattle hat den Umsatz im dritten Quartal 11% auf 158,9 Mrd. $ gesteigert und damit die Analystenschätzungen von 157,2 Mrd. $ übertroffen. Die operative Marge auf Stufe Ebit erreichte mit 11% den höchsten Wert in der fast dreissigjährigen Unternehmensgeschichte. Im Momentum Screen liegt der Dow-Titel nach relativer Stärke allerdings nur an 13. Stelle.
Nvidia ersetzt Intel im Dow Jones
Am Ende der Tabelle ist der Chiphersteller Intel, der den KI-Boom schlichtweg verschlafen hat. Er wird per 8. November im US-amerikanischen Leitindex Dow Jones durch Nvidia ersetzt. Ein Ritterschlag für den KI-Pionier und einstigen Grafikkartenhersteller sowie eine Wachablösung.
Noch-Dow-Mitglied Intel hat im abgelaufenen Quartal wegen schleppender Nachtrage 16,6 Mrd. $ Verlust geschrieben und will nun rund 15’000 Arbeitsplätze streichen sowie Investitionen stoppen oder zumindest verzögern. Davon betroffen ist auch das geplante Werk in Magdeburg, für dessen Bau die deutsche Bundesregierung 9,9 Mrd. € Subventionen zugesagt hat.
Den Platz im preisgewichteten Dow-Jones-Index müssen auch die Aktien des Chemieunternehmens Dow räumen. Nachfolger ist Sherwin-Williams. Das Unternehmen aus Cleveland stellt Lackfarben und Beschichtungen her und ist beispielsweise Lieferant des Formel-1-Teams Mercedes AMG Petronas.
Abschreiben sollten Anleger die beiden aussortierten Titel nicht. Untersuchungen etwa von Research Affiliates haben gezeigt, dass Aktien, die aus einem bedeutenden Index wie dem S&P 500, Russell 1000 und Nasdaq 100 geworfen wurden, zwar im Folgejahr schlechter als der jeweilige frühere Index abschnitten, ihren alten Index aber auf Sicht von fünf Jahren deutlich schlugen.
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