Mit Arizona strengt ein vierter US-Gliedstaat einen Prozess wegen versuchter Wahlfälschung an. Zu den Beschuldigten gehört auch New Yorks Ex-Bürgermeister Rudy Giuliani. Am Dienstag wurde ihm die Anklage verlesen.

Rudy Giuliani wurde einst als «Amerikas Bürgermeister» verehrt. Den inoffiziellen Titel verdankte er seiner Führungsstärke nach den Terroranschlägen auf New York am 11. September 2001. Doch das ist lange her. Nun versuchte Giuliani sich während dreier Wochen wie ein kleiner Gauner zu verstecken, damit ihm die Justizbehörden in Arizona keine gerichtliche Vorladung für die Verlesung der Anklage gegen ihn überreichen konnten. Am Freitag hatte das Katz-und-Maus-Spiel jedoch ein Ende. Beamte aus Phoenix fanden Giuliani an einer Feier zu seinem 80. Geburtstag in Florida und überreichten ihm den Brief. «Niemand steht über dem Gesetz», schrieb Arizonas Justizministerin Kris Mayes auf dem Kurznachrichtendienst X.

Am Dienstag verlas ein Gericht in Phoenix elf Beschuldigten die Anklage. Giuliani nahm per Videoschaltung an der Verhandlung teil. Er wird aber in den nächsten 30 Tagen auch noch persönlich in Arizonas Hauptstadt erscheinen müssen. Der eigentliche Prozessbeginn ist erst auf den 17. Oktober angesetzt – wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl im November. Arizona ist damit neben Michigan, Nevada und Georgia der vierte amerikanische Gliedstaat, der strafrechtlich gegen die versuchte Wahlfälschung vorgeht.

Gezielter Plan mit gefälschten Elektorenstimmen

Mit Giuliani sind insgesamt 18 Personen angeklagt. Ihnen wird eine Verschwörung vorgeworfen, die zum Ziel gehabt habe, nach Joe Bidens Wahlsieg 2020 einen friedlichen Machtwechsel zu verhindern und Donald Trump im Amt zu halten. Gemäss der Anklageschrift rekrutierten der abgewählte Präsident und seine Gehilfen auch in Arizona «falsche Elektoren». Diese stimmten in einer alternativen Versammlung am 14. Dezember 2020 für Trump, obwohl Biden die Wahl in dem Gliedstaat knapp gewonnen hatte und der Gouverneur den Sieg des Demokraten zertifizierte. Danach wurde eine gefälschte Liste mit elf Elektorenstimmen für Trump nach Washington geschickt.

Gemäss der Anklageschrift verfolgten die Verschwörer einen gezielten Plan. Einerseits zogen Trump und seine Helfer das Wahlresultat mit haltlosen Lügen in Zweifel. Giuliani wurde im Dezember zu einer Schadenersatzzahlung von 148 Millionen Dollar verurteilt, weil er zwei Stimmenzählerinnen in Georgia verleumdet hatte. Andrerseits setzten die Verschwörer den Vizepräsidenten Mike Pence unter Druck. Als Vorsitzender der versammelten Kongresskammern sollte er die gefälschten Elektorenlisten aus Arizona und sechs weiteren Gliedstaaten am 6. Januar 2021 als valable Dokumente akzeptieren und die echten Elektorenlisten infrage stellen. Die Angeklagten hätten von Pence gewollt, dass er Trump entweder zum Sieger erkläre oder die Zertifizierung der Wahl anderweitig verzögere und verhindere, heisst es in der Anklageschrift. «Der Plan scheiterte, als Pence alle Stimmen für Biden zertifizierte.»

Kein Urteil vor der Wahl im Herbst

Wie in Michigan wird Trump auch in Arizonas Anklageschrift als «nicht angeklagter Mitverschwörer» genannt. Über die Gründe, warum er vorerst nicht angeklagt wurde, lässt sich nur spekulieren. Klar scheint, dass sich Trump an den Manipulationsversuchen in Arizona persönlich beteiligte. Gemeinsam mit Giuliani rief er 2020 den Vorsitzenden des Repräsentantenhauses in Phoenix, Rusty Bowers, an. Sie verlangten von ihm, eine Parlamentsversammlung einzuberufen, um das offizielle Wahlresultat zu annullieren.

Da Trump bereits in Georgia und in einem weiteren Strafverfahren auf Bundesebene im Zusammenhang mit der versuchten Wahlmanipulation angeklagt ist, sahen die Justizbehörden in Arizona womöglich davon ab. Vielleicht geht es der demokratischen Justizministerin Mayes aber auch darum, das bald fällige Urteil des Supreme Court zu Trumps präsidialer Immunität abzuwarten. Vielleicht wollte sie auch zuerst schauen, ob Trump im Herbst für eine zweite Amtszeit ins Weisse Haus gewählt wird.

Unabhängig davon dürfte aber auch dieses Strafverfahren zu Trumps «Putschversuch» nicht vor dem Wahltag im November entschieden sein. Der Prozessbeginn ist zwar für Oktober angesetzt. Aber dieser kann sich wie in den übrigen Fällen noch öfters verzögern.

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