Die CEO Monika Jänicke erklärt, wie das trotz roten Zahlen gehen soll.
Viele Spitäler stecken in der Krise. Wie ernst die Lage auch in Zürich ist, wurde letzte Woche klar. Die Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli gab bekannt, dass der Kanton das Kinderspital mit 135 Millionen Franken retten muss. Diese Woche haben das Universitätsspital, das Kantonsspital Winterthur und das Stadtspital Zürich die Jahresergebnisse für 2023 veröffentlicht. Alle drei verzeichnen hohe Defizite.
Im Falle des Unispitals beträgt der Fehlbetrag fast 50 Millionen Franken. Gleichzeitig will das Spital seine gesamte Infrastruktur erneuern. Allein die zwei Gebäude, die sich derzeit im Bau befinden, kosten 950 Millionen Franken. Kann sich das Spital das leisten? Darüber haben wir mit der CEO Monika Jänicke gesprochen.
Frau Jänicke, der Kanton hat letzte Woche bekanntgegeben, dass er das Kinderspital retten muss. Hat Sie das überrascht?
Ja, ich denke, das hat uns alle überrascht. Aber es ist natürlich nicht an mir, die Sache zu kommentieren.
Ich frage deshalb, weil es vor allem der Neubau war, der dem Kinderspital zum Verhängnis wurde. Auch das Universitätsspital Zürich (USZ) baut derzeit im grossen Stil. Werden auch Sie Geld vom Kanton brauchen?
Wir sind derzeit in Gesprächen mit der Gesundheitsdirektion und der Finanzdirektion des Kantons. Bei diesen Gesprächen geht es aber nicht um den Neubau, sondern um die bestehenden Bauten, die uns im Zug der Verselbständigung vom Kanton übertragen wurden. Wir mussten alleine im vergangenen Jahr 52 Millionen Franken in die Renovation und Sanierung der Bestandesbauten investieren, die zu 40 Prozent unter Denkmalschutz stehen. Das Geld fehlt uns für unsere zukunftsweisenden Investitionen.
Sie bezeichneten die Gespräche mit dem Kanton vor wenigen Monaten in den Tamedia-Zeitungen als «konstruktiv». Was meinten Sie damit?
Dass wir im Dialog sind, in einer Atmosphäre, in der beide Seiten ihre Argumente vorbringen können. Es geht um die Frage, in welchem Zustand die Altbauten vom Kanton ans USZ übertragen wurden. Die Gesundheitsdirektion lässt dazu ein Gutachten erstellen. Was dabei herauskommt, wissen wir noch nicht. Es ist also noch völlig unklar, ob der Kanton einen Beitrag leisten wird und, falls ja, in welcher Form. Ganz klar ist für uns aber, dass wir unsere Neubauten selbst finanzieren wollen.
Beim Kinderspital wurden die Neubauten teurer als geplant. Es musste deshalb Wertberichtigungen machen, was einen Grossteil des Eigenkapitals vernichtet hat. Besteht diese Gefahr auch im USZ? Immerhin wird ihr derzeitiger Neubau 150 Millionen teurer als geplant.
Wir hatten es mit einer Bauteuerung zu tun, die niemand in diesem Ausmass erwartet hat. Covid oder auch der Krieg in der Ukraine haben zu dieser Teuerung beigetragen.
Gibt es ein Potenzial, um Kosten bei den Neubauten zu senken?
Daran arbeiten wir ständig. Wir müssen immer wieder hinterfragen, was wir brauchen und worauf wir vielleicht verzichten können. Wir müssen zudem flexibel bauen, denn der medizinische Fortschritt schreitet schnell voran. Wir bauen heute etwas, das 2030 eröffnet wird und dann 50 Jahre halten sollte. Und das Ganze soll zweckmässig werden, das ist mir ganz wichtig.
Sie wollen also keine Architekturpreise gewinnen?
Nein, wir sind ein Spital.
Sie haben gesagt, Sie wollen die Neubauten selbst finanzieren. Heute sind Sie von der dazu notwendigen Gewinnmarge weit entfernt. Wie wollen Sie Ihr Ziel erreichen?
Wir müssen unsere Effizienz steigern und unsere Prozesse optimieren. Zentral ist dabei die Digitalisierung.
Können Sie konkrete Beispiele nennen?
Heute wird unsere hochkomplexe Dienstplanung im Dreischichtbetrieb oft noch von Hand auf Excel-Tabellen gemacht. Ich bin zwar beeindruckt, dass das jemand hinbekommt, aber dazu könnten wir gut auch künstliche Intelligenz einsetzen. Und es gibt viele weitere Beispiele: Die Terminbuchung sollte digital erfolgen. Ärztinnen und Ärzte könnten ihre Berichte diktieren und diese automatisch transkribieren lassen. Das sind viele kleine Arbeitsschritte, die wir beschleunigen können und die in der Summe viel ausmachen. Nicht nur finanziell. Es entlastet auch unser Personal, das damit mehr Zeit für die Patienten hat.
Ihr Personalaufwand ist gegenüber dem Vorjahr um 100 Millionen Franken gestiegen. Warum?
Der Fachkräftemangel treibt derzeit in allen Spitälern die Kosten hoch. Wir haben 62 Millionen Franken in Personalmassnahmen investiert, um zum Beispiel flexiblere Arbeitsmodelle zu ermöglichen. Oder wir haben Schichtzulagen erhöht. Uns ist es damit gelungen, vermehrt Personen fest anzustellen, die vorher nur temporär für uns gearbeitet haben.
In den nächsten Jahren müssen die Spitäler auch die Pflegeinitiative umsetzen. Geht es also weiter mit den Kostensteigerungen?
Wir werden sehen, wie die Pflegeinitiative ausgestaltet wird. Da gibt es noch viele offene Fragen. Aber ja, es ist davon auszugehen, dass die Ausgaben steigen werden, nur schon aus demografischen Gründen. Wenn der Anteil der Betagten in der Bevölkerung steigt, dann steigt auch der Pflegeaufwand.