Erstmals ist belegt, dass Schimpansen in wiederkehrenden Rhythmen auf Baumstämme klopfen. Die Wurzeln des Musizierens könnten somit mehrere Millionen Jahre alt sein.

Klar, an den Grunge-Drummer Dave Grohl oder an Cindy Blackman, die bei Santana das Schlagzeug bedient, kommen sie nicht heran. Aber auch Schimpansen verstehen es, zu trommeln. Eine neue Studie zeigt, dass sie dabei nicht zufällig auf Bäume hauen, sondern in Rhythmen.

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Laut den beteiligten Forschern deuten die Resultate darauf hin, dass die ersten Bausteine der Musikalität schon bei einem gemeinsamen Vorfahren von Schimpansen und Menschen entstanden sind. «Wir hatten nicht erwartet, dass die Trommelrhythmen der Schimpansen so deutliche Ähnlichkeiten mit der menschlichen Musik aufweisen», wird die Hauptautorin der Studie, die Biologin Vesta Eleuteri von der Universität Wien, in einer Mitteilung zitiert.

Tief im afrikanischen Regenwald benutzen die Schimpansen die Stützwurzeln hoher Bäume zum Trommeln. Durch lautes Kreischen begleitet hauen sie mit Händen und Füssen kurze Schlagfolgen auf das Holz. Dadurch entsteht ein tiefes Klopfgeräusch, das kilometerweit zu hören ist. Mit den eindringlichen Klängen kommunizieren die Tiere über weite Strecken, um bei Wanderungen zu signalisieren, wo sie sich befinden. Die Trommelschläge kommen aber auch zum Einsatz, wenn sich die Schimpansen von Artgenossen bedroht fühlen.

Schimpansen haben individuellen Stil

Dasselbe Forschungsteam stellte schon vor drei Jahren bei Schimpansen in Uganda fest, dass jedes Individuum seinen eigenen Perkussionsstil pflegt. «Wir konnten oft erkennen, wer trommelte, wenn wir sie hörten», erzählte die Primatologin Catherine Hobaiter von der University of St. Andrews damals der BBC. «Es war eine phantastische Möglichkeit, die verschiedenen Schimpansen zu finden, die wir suchten.»

Chimps in Uganda have their own signature rhythms when drumming on trees

Aber erst jetzt konnten die Wissenschafter nachweisen, dass die Menschenaffen wirklich in Rhythmen trommeln. Dafür werteten sie 371 Aufnahmen von Trommelschlägen aus, die von zwei unterschiedlichen Schimpansen-Unterarten stammten: vom Westafrikanischen Schimpansen (Pan troglodytes verus) aus der Elfenbeinküste, Senegal und Guinea sowie vom Ostafrikanischen Schimpansen (Pan troglodytes schweinfurthii) aus Uganda und Tansania.

Dabei handelt es sich um den grössten Datensatz zu Trommelrhythmen von Schimpansen, der jemals zusammengestellt wurde. Weil es so schwierig ist, die Tiere zu beobachten, dauerte es bei manchen der untersuchten Populationen Jahrzehnte, um die Daten zu sammeln.

Das Team um Vesta Eleuteri stellte fest, dass die Schimpansen schneller und kürzer trommeln, als es bei Menschen üblich ist: Die Schlagfolgen dauern jeweils nur zwischen 0,1 und 5 Sekunden. Weitere Analysen belegten, dass das Klopfen der Tiere nicht zufällig war, sondern regelmässig aufeinanderfolgende Schläge als Kernelemente enthielt. «Die Schimpansen verwenden einen typischen Rhythmus, fast wie das Ticken einer Uhr, der auch in menschlichen Kulturen zu beobachten ist», erklärt Eleuteri im Wissenschaftsmagazin «New Scientist».

Im Westen klingt es anders als im Osten

Allerdings trommeln die beiden Unterarten auf verschiedene Weisen. Während die Westafrikanischen Schimpansen ihre Schläge sehr gleichmässig verteilen, unterbrechen sie die Ostafrikanischen Schimpansen mit kurzen und langen Pausen. Zudem hauen die westlichen Schimpansen schneller auf die Baumwurzeln und beginnen früher mit den kreischenden Rufen, die das Trommeln begleiten.

Die Forscher vermuten, dass die unterschiedlichen Trommelstile von den Lebensweisen der Tiere beeinflusst sind: Ostafrikanische Schimpansen sind öfter getrennt von ihren Artgenossen im Wald unterwegs. Ihnen biete die Variabilität der Pausen in den Rhythmen mehr Flexibilität, um Informationen an weit entfernte Gruppenmitglieder zu übermitteln, erklären die Forscher.

Valérie Dufour von der französischen Forschungsbehörde CNRS und der Universität Clermont Auvergne war nicht an der neuen Untersuchung beteiligt, begrüsst aber die Erkenntnisse: «Frühere Studien haben bereits darauf hingewiesen, dass Schimpansen in Gefangenschaft im Rhythmus trommeln. Aber dies ist nun die erste Arbeit, die ausführlich zeigt, dass dies auch wilde Schimpansen tun», sagt die Biologin in der Wissenschaftszeitschrift «Science».

Laut der Primatologin Catherine Hobaiter ist Musizieren ein grundlegender Bestandteil des Menschseins. Natürlich erreiche das Trommeln der Schimpansen nicht die Komplexität menschlicher Rhythmen, sagt sie. «Doch die Fähigkeiten der Tiere zeigen, dass die evolutionären Ursprünge der Musik wahrscheinlich mehrere Millionen Jahre zurückreichen.»

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