Dienstag, Oktober 8

Nicht nur in der Ukraine, auch im Gazastreifen leiden Tiere unter den Kriegshandlungen.

Zwei Weisswale aus der ostukrainischen Stadt Charkiw haben in Spanien ein neues Zuhause gefunden. Die beiden Tiere, das 14-jährige Weibchen Miranda und das 15-jährige Männchen Plombir, kamen am Montag im Oceanogràfic in Valencia, dem grössten Aquarium Europas, an. Sie wurden evakuiert, weil sie in Charkiw russischen Raketenangriffen ausgesetzt waren und sich ihr Gesundheitszustand stark verschlechtert hatte.

Den beiden Weisswalen geht es wie vielen Tieren in der Ukraine – und in Zoos in anderen Kriegsgebieten. Explosionen sowie Angriffe mit Drohnen und Raketen traumatisieren nicht nur Menschen und treiben sie in die Flucht, sondern auch die Tiere. In Zoos ist es unter den widrigen Bedingungen schwierig, Affen, Löwen, Bären oder Wale artgerecht zu versorgen.

In Holzkisten durch die Ukraine

Oft kommt es zu spektakulären Rettungsaktionen wie bei Miranda und Plombir. Die beiden Weisswale haben eine lange Reise in zerbrechlichen Holzkisten hinter sich. Sie erlebten einen zwölfstündigen Roadtrip von Charkiw in die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer, wo sie von ukrainischen Betreuern an ein Team aus Veterinären des Oceanogràfic in Valencia, des Georgia Aquarium in Atlanta sowie des Sea-World-Themenparks übergeben wurden.

Nach einer medizinischen Überprüfung ging die Reise weiter über die Grenze in die Republik Moldau. Von der Hauptstadt Chisinau wurden die Wale mit einem fünfstündigen Flug nach Valencia gebracht.

Der Regionalpräsident Valencias, Carlos Mazón, lobte die Aktion als «eine historische Leistung des Tierschutzes auf globaler Ebene». Weisswale können bis zu 5,5 Meter lang und 1,6 Tonnen schwer werden. Der Direktor des Oceanogràfic, Daniel Garcia-Párraga, bezeichnete den Gesundheitszustand der Wale als «suboptimal» für eine solche Reise. «Aber wären sie in Charkiw geblieben, hätten sie nur sehr geringe Überlebenschancen gehabt», sagte er.

Die Heimat von Miranda und Plombir in Charkiw, das Nemo-Dolphinarium, war nur 800 Meter von einem Ort entfernt, der regelmässig beschossen wurde. Die dabei ausgelösten Schockwellen hatte bei den Walen, die ein sehr empfindliches Gehör haben, grossen Stress ausgelöst.

Am Mittwoch, zwei Tage nach der Ankunft in Valencia, waren die Tiere laut dem Direktor des Oceanogràfic schon in deutlich besserer Verfassung, als es die Veterinäre erwartet hatten. Sie hätten sich rasch an ihr neues Zuhause gewöhnt. Plombir esse bereits wieder, was bei Weisswalen nach einem Transport sehr ungewöhnlich sei. Miranda hingegen müsse ihren ersten Bissen erst noch probieren, sagte Garcia-Párraga.

Tiere und Zoo-Mitarbeiter starben bei Beschuss

Wie Miranda und Plombir erging es vielen Tieren in der Ukraine. Bei Beginn des russischen Angriffskrieg machte der Privatzoo Eko-Park Schlagzeilen. Er liegt ebenfalls in Charkiw und hielt 5000 Tiere. Das Gelände des Zoos wurde wiederholt von russischen Geschossen getroffen. Nebst Tieren starben auch sechs Mitarbeiter. Ein Grossteil der Infrastruktur wurde zerstört.

Die überlebenden Tiere wurden evakuiert und in anderen ukrainischen Zoos untergebracht. Zwei Löwen haben in Odessa Unterschlupf erhalten. Der Privatzoo wird derzeit wieder aufgebaut, 700 Tiere sind wieder zurückgekehrt. Weil die Russen die Angriffe auf Charkiw wieder verstärkt haben, droht jedoch erneut eine Evakuierung.

Löwen stecken in Rafah fest

Doch nicht nur in der Ukraine, auch im Gazastreifen gibt es Tiere, die unter den Kriegshandlungen leiden. Weil es an Freizeitangeboten mangelte, waren Zoos im Küstenstreifen lange ein beliebter Ausflugsort für Familien. Die Tiere waren durch die unterirdischen Tunnel von Ägypten in den Gazastreifen geschmuggelt worden.

Betroffen ist auch der Zoo in der Grenzstadt Rafah im Süden des Gazastreifens. Der Besitzer, Fathy Gomaa, floh mit einigen seiner Tiere vor der Rafah-Offensive der israelischen Armee aus der Stadt. Drei Löwen musste er zurücklassen, die in ihren Käfigen in der Kampfzone verblieben sind und zu verhungern drohen, wie der amerikanische Sender NPR vergangene Woche berichtete. Gomaa bat die Tierschutzorganisation Vier Pfoten um Hilfe.

Die Organisation hatte den Zoo in Rafah bereits 2019 evakuiert. Als der Besitzer des Zoos kein Geld mehr für Futter und Medikamente hatte, kaufte Vier Pfoten ihm die Tiere – darunter auch fünf Löwen – ab und brachte sie aus dem Gazastreifen. Im Gegenzug versprach Gomaa, den Zoo geschlossen zu lassen. Doch schon einige Monate später war der Zoo wieder offen. Nun brauchen die Tiere wieder Hilfe.

Mit Agenturmaterial.

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