Sonntag, September 29

Warren Buffett, Stanley Druckenmiller, Seth Klarman und andere Ausnahmekönner der Investmentbranche geben einen raren Einblick in ihr Portfolio. Gemäss den neusten SEC-Unterlagen sind das ihre Aktienfavoriten.

In der Investmentbranche lässt man sich nicht gern in die Karten blicken. Mit umso mehr Spannung werden jeweils die Unterlagen erwartet, die professionelle Anleger einmal pro Quartal zu ihren Positionen am amerikanischen Aktienmarkt gegenüber der Börsenaufsicht SEC offenlegen müssen.

Am Mittwochabend nach Börsenschluss war es wieder soweit. Anhand der sogenannten «13F-Filings» lässt sich ein rarer Einblick ins Portfolio von Top-Investoren wie Warren Buffett, Stanley Druckenmiller, Seth Klarman und anderen Ausnahmekönnern erhaschen. The Market hat analysiert, in welchen Unternehmen sie neue Beteiligungen aufgebaut haben und wo Engagements reduziert oder vollständig veräussert worden sind.

Dazu vorab einige Hinweise genereller Natur. Die 13F-Unterlagen entsprechen einer Momentaufnahme per Ende Juni. Das Geschehen an den Börsen in den USA war zu diesem Zeitpunkt von der Rally im Tech-Sektor geprägt. Die grosskapitalisierten Namen aus dem Nasdaq 100 erreichten zehn Tage später den bisherigen Zenit des Aufwärtstrends.

Vergleicht man verschiedene Anlagestrategien, verspürten Wachstumsaktien gegen Ende des zweiten Quartals neuen Auftrieb. Im Gegensatz dazu setzten Titel mit hohem Momentum den Seitwärtstrend fort, während Unternehmen mit günstigen Bewertungen und kleinkapitalisierte Gesellschaften zusehends unter Druck gerieten.

Wie sich die Starinvestoren während der Turbulenzen der vergangenen Wochen verhalten haben, lässt sich den SEC-Dokumenten leider nicht entnehmen. Dennoch lässt sich daraus ein guter Eindruck gewinnen, welche Sektoren, Branchen und Einzelunternehmen nach Ansicht der Wallstreet-Profis am meisten Potenzial versprechen.

Wichtig ist ebenso, dass die 13F-Daten nur einen Teil ihrer Investments berücksichtigen. Call- und Put-Optionen müssen gegenüber den Aufsichtsbehörden deklariert werden. Angaben zu Leerverkäufen oder zu anderen Anlagen wie Bonds und Rohstoffen lassen sich den Daten hingegen nicht entnehmen.

Die folgende Analyse der Portfolios konzentriert sich zudem ausschliesslich auf echte Stock Picker. Investoren also, die sich zumeist aus einer Momentum- oder Value-Perspektive in einer beschränkten Anzahl Aktien engagieren, für die sie besonders zuversichtlich sind. Ihr Depot ist folglich stark konzentriert, die zehn grössten Positionen machen in der Regel rund 60 bis 70% der Gewichtung aus.

Andere prominente Investoren wie zum Beispiel George Soros, Mario Gabelli oder Paul Tudor Jones mit einem breit ausgerichteten Ansatz werden nicht berücksichtigt. Dies, weil sich ihr Portfolio aus Hunderten oder sogar Tausenden verschiedener Titel zusammensetzt und der fundamentale Investment Case zu individuellen Positionen weniger eine Rolle spielt.

Warren Buffett, Berkshire Hathaway

Wenn die 13F-Formulare veröffentlicht werden, richtet sich stet sein spezieller Fokus auf Warren Buffett. Allein das US-Aktiendepot seiner Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway umfasst 280 Mrd. $. Kein anderer Stock Picker kommt damit auch nur annähernd an das «Orakel von Omaha» heran.

Die brisanteste Nachricht zum Berkshire-Portfolio ist bereits seit einigen Tagen bekannt: Buffett hat seine Beteiligung an Apple um die Hälfte getrimmt. Dies, nachdem er bereits im ersten Quartal rund 13% der Aktien am iPhone-Konzern verkauft hatte.

Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Einerseits macht Apple mit 84 Mrd. $ noch immer fast ein Drittel des Depots aus. Andererseits hat sich Berkshire aber auch schon oft relativ schnell vollständig von grossen Positionen getrennt, wenn der Abbau einmal begonnen hat. Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sind Goldman Sachs und Wells Fargo oder Delta Air Lines, American Airlines und United Airlines nach dem Ausbruch der Pandemie.

Spannend wird vor allem, was mit dem Erlös aus dem Teilverkauf der Apple-Beteiligung passiert. Gemäss dem Geschäftsbericht zum ersten Halbjahr hat sich der Cash-Bestand von Berkshire Hathaway seit Ende Dezember 2023 von rund 168 auf 277 Mrd. $ massiv erhöht. Rechnet Buffett, der am 30. August seinen 94. Geburtstag feiert, bald mit grösseren Kaufgelegenheiten?

Ansonsten gibt es nur vereinzelte Retuschen. Die Beteiligung an Chevron wurde leicht reduziert, wofür sie beim Rivalen Occidental Petroleum etwas erweitert wurde. Zugekauft hat Berkshire ferner beim Assekuranzkonzern Chubb, der per Ende März erstmals in den SEC-Dokumenten erschienen ist. Ausserdem gab es beim Satelliten-Radiosender Liberty Sirius XM zusätzliche Arrondierungen.

Neu sind marginale Engagements in der Kosmetik-Gruppe Ulta Beauty sowie im Raumfahrt- und Elektronikkonzern Heico. Verantwortlich dafür ist vermutlich Todd Combs oder Ted Weschler, einer der beiden Investmentmanager, die das Berkshire-Portfolio zusammen mit Buffett verwalten. Abgestossen wurden währenddessen der Medienkonzern Paramount Global und die Daten-Softwarefirma Snowflake.

Stanley Druckenmiller, Duquesne Family Office

Stanley Druckenmiller beweist oft ein besonders feines Gespür für die Märkte. «Investiere niemals in die Gegenwart. Es kommt nicht darauf an, was ein Unternehmen verdient, oder was es verdient hat», umschreibt er seine Strategie. «Man muss sich die Situation in achtzehn Monaten vorstellen. Dort wird der Kurs dann sein; nicht dort, wo er heute ist.»

Dazu passt, dass «Druck» den Hype um künstliche Intelligenz früh antizipiert und Nvidia zu einer seiner grössten Positionen gemacht hatte. Doch wie sich den 13F-Dokumenten seines Duquesne Family Office entnehmen lässt, traut er dem Spezialisten für KI-Chips künftig offenbar weniger Potenzial zu. Im zweiten Quartal hat er 88% der Aktien verkauft, nachdem er die Beteiligung bereits per Ende März deutlich trimmte.

Allgemein hat der frühere Portfoliomanager von George Soros sein Exposure an den amerikanischen Börsen deutlich reduziert. Sein Portfolio umfasst per Ende Juni noch 2,9 Mrd. $, wogegen es für die vorangegangene Berichtsperiode 4,4 Mrd. $ waren. Grössere Abstriche hat er auch bei Microsoft, beim südkoreanischen Online-Marktplatz Coupang, beim Rohstoffkonzern Teck Resources sowie beim IT-Ausrüster Arista Networks vorgenommen, der wie Nvidia momentan zu den populärsten KI-Wetten zählt.

Ausgestiegen ist Druckenmiller bei prominenten Namen wie General Electric, Meta Platforms, Eli Lilly und dem Uranförderer Cameco. Aus seinem Depot verschwunden sind ebenso der Industriekonzern Vertiv (ein Zulieferer für Rechenzentren), der Halbleiterkonzern Marvell Technology und sowie Call-Optionen auf den Russell 2000. Vermutlich war der Ausstieg im letzteren Fall verführt, zumal der Small-Cap-Index in der ersten Juli-Hälfte eine imposante Rally hingelegt hatte.

Demgegenüber gibt es eine Reihe Neuzugänge. Darunter befindet sich die Immobiliengruppe Mid-America Apartment Communities, die in Wohnungen im Südosten sowie Südwesten der USA investiert. Eine grössere Position hat Druckenmiller ausserdem im Tabakkonzern Philip Morris International eröffnet, auf dessen Aktien er auch Call-Optionen gekauft hat.

Deutlich erhöht wurde das Engagement im Industriekonzern Coherent, der neu an erster Stelle im Depot rangiert. Das Unternehmen ist auf Equipment zur Datenübertragung spezialisiert und wird seit Anfang Juni mit Jim Anderson von einem Branchenveteran aus der Halbleiterindustrie geführt. Zugekauft wurde ebenso beim Gentest-Unternehmen Natera, beim Computer-Festplatten-Hersteller Seagate Technology sowie beim Pipeline-Betreiber Kinder Morgan.

David Tepper, Appaloosa Management

Eine vorsichtigere Haltung nimmt ebenfalls David Tepper ein. Sein Hedgefonds Appaloosa Management hat 26 von insgesamt 47 Positionen im US-Aktienportfolio reduziert und zwei geschlossen. Das ist deshalb bemerkenswert, weil der Besitzer des NFL-Football-Teams Carolina Panthers in der Investmentbranche eigentlich als Draufgänger bekannt ist.

Wie ein Blick auf die SEC-Unterlagen zeigt, hat Tepper zwar nach wie vor ein hohes Exposure im Tech-Sektor. Von Alibaba und Amazon über Microsoft, Meta Platforms und Alphabet bis hin zu Oracle und AMD hat er seine grössten Engagements aber jeweils um 7 bis 17% getrimmt. Wie Druckenmiller hat er bedeutende Abstriche bei Nvidia (–84%) vorgenommen.

Neuzugänge gibt es bei Appaloosa überraschenderweise keine. Dafür wurden verschiedene Beteiligungen an chinesischen Unternehmen erhöht. Dazu zählen die in New York kotierten Titel des E-Commerce-Konzerns JD.com. Aufgestockt wurden zudem die Positionen im iShares China Large-Cap ETF (FXI) und im KraneShares CSI China Internet ETF (KWEB).

Etwas mehr Gewicht in Teppers Aktiendepot kommt auch dem Softwarehaus Adobe und den Taxidiensten Uber und Lyft zu. Weitere Zukäufe meldet er beim Logistikkonzern UPS und beim Halbleiterzulieferer ASML, bei dem er über die Zweitkotierung in New York investiert ist.

Seth Klarman, Baupost

Seth Klarman gehört in der Zunft der Value-Investoren zu den strengsten Puristen. Wenn sich der Chef des Hedgefonds Baupost in einem Unternehmen engagiert, ist die Bewertung in der Regel derart günstig, dass selbst bei gröberen Problemen ein ausreichendes Sicherheitspolster besteht.

Wie andere Value-Investoren sieht sich Baupost seit Jahren mit einem schwierigen Umfeld konfrontiert. Gemäss «Bloomberg News» wurde Ende Juni beim Investment-Team eine Personalkürzung von fast 20% vorgenommen, die grösste Entlassung in der 42-jährigen Geschichte der Firma. Betroffen sind die Bereiche Aktien und Immobilien. Der Fokus soll sich fortan stärker auf Kredite notleidender Unternehmen und Spielsituationen richten. Bisher machten Aktien 21% des Portfolios aus, Immobilien 14%.

Wie aus den SEC-Unterlagen hervorgeht, hat Klarman im Berichtszeitraum eine Position im Krankenversicherer Humana aufgebaut. Zu den neuen Beteiligungen zählen ebenso WillScot, ein Anbieter mobiler Büros, Lagercontainer und Schulzimmer, sowie Solventum, die vormalige Gesundheitssparte des Industriekonglomerats 3M.

Unter den grössten Zukäufen befindet sich Wesco International, ein Spezialist für Equipment und Dienstleistungen zur Stromversorgung, der früher zu Westinghouse Electric gehörte. Nennenswert ausgebaut wurden ausserdem die Positionen beim Biotech-Konzern Jazz Pharmaceuticals und beim Baumaterialienhersteller CRH. Rund ein Viertel des Aktienportfolios bleibt in der Medien- und Telecom-Gruppe Liberty Global von John Malone investiert.

Gekürzt hat Klarman derweil sein Engagement beim Fintech-Unternehmen Fidelity National Information Services, beim Google-Mutterkonzern Alphabet sowie beim Satelliten-Radiosender Liberty Sirius XM, der lange zu den Kernpositionen zählte und bei dem inzwischen auch Buffett investiert ist. Nicht mehr im Baupost-Portfolio anzutreffen sind die KI-Software-Firma SoundHound und die kriselnde Mediengruppe Warner Bros. Discovery, die Investoren vor wenigen Tagen mit einem milliardenschweren Abschreiber schockte.

Dan Loeb, Third Point

Einige auffällige Transaktionen gibt es im Portfolio von Dan Loeb. Der Gründer des Hedgefonds Third Point hat sich neu an Apple beteiligt, womit er auf der Gegenseite von Buffetts Verkäufen steht. Mit einem Marktwert von 410 Mio. Mrd. $ gehört der iPhone-Konzern zu den zehn grössten Positionen.

Ausgebaut Loeb das Engagement in der taiwanischen Chipschmide TSMC, in die er über die US-Zweitkotierung investiert. «In den nächsten Jahren sehen wir eine Kombination aus zyklischer Erholung und strukturellem Wachstum der KI-Nachfrage, die dem Konzern ein erhebliches Gewinnwachstum ermöglichen wird», hielt Leob bereits in seinem Investorenbrief zum ersten Quartal fest. «Wir glauben, dass TSMC über erhebliche Preissetzungsmacht verfügt, die genutzt werden kann, um die bereits beachtlichen Kapitalrenditen zu erhalten (wenn nicht sogar zu steigern).»

Kleinere Neuzugänge sind der Verbindungstechnik-Spezialist Amphenol, der Häuserbauer KB Home, das Softwareunternehmen Roper Technologies, der Halbleiterzulieferer ASML (wie bei David Tepper) und der Event-Veranstalter Live Nation Entertainment. Auf eine Arbitrage-Wette setze Loeb beim Ölkonzern Hess Energy, dessen auf 53 Mrd. $ veranschlagte Übernahme durch Chevron wegen Einsprachen von Exxon Mobil noch einige Zeit im Raum stehen dürfte.

Gemäss den 13F-Formularen hat sich Third Point demgegenüber vom Finanzdienstleister S&P Global, Goldman Sachs und Marvel Technology getrennt. Reduziert wurde die Beteiligung am kalifornischen Versorger PG&E. Getrimmt wurden ebenfalls die Beteiligungen an Microsoft, Meta Platforms und Alphabet, wie sich das auch bei den Tech-Positionen anderer Top-Investoren beobachten lässt.

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