Montag, November 25

Ein 23-jähriger Kanadier teilt auf Tiktok ein Rezept für einen Gurkensalat. Auf Island ist das Rezept angeblich so beliebt, das den Läden die Gurken ausgehen. Doch es gibt auch andere Gründe für die Knappheit.

«Manchmal muss man eine ganze Gurke essen.» Mit diesen Worten beginnt Logan Moffitt seine Videos. Auf Tiktok ist er bekannt als «Cucumber Guy», der Gurkentyp. Er zeigt Gurkenrezepte und erreicht damit ein Millionenpublikum.

Für ein besonders beliebtes Rezept von ihm braucht man: eine (ganze) in Scheiben geschnittene Gurke, Sesamöl, Knoblauch, Reisessig und Chili-Öl. Wie bei allen seinen Kreationen packt er alle Zutaten in einen Plastikbehälter, setzt den Deckel drauf und schüttelt alles kräftig durch. Fertig ist der Gurkensalat.

Dutzende von Rezepten hat Moffitt, der in Kanada lebt, auf seinem Kanal bereits geteilt. Seit Juli teilt er fast jeden Tag ein neues. Manchmal fügt er der Gurke Frischkäse hinzu, manchmal eine Avocado oder etwas Lachs. Inspiration für seine Gurkenkreationen holt er sich laut eigenen Angaben bei Maangchi, einer Köchin und Youtuberin aus Südkorea.

Knapp sechs Millionen Nutzerinnen und Nutzer folgen Moffitt auf Tiktok. Sie lassen sich von seinen Rezepten inspirieren und laden wiederum eigene Videos hoch. In Island soll es wegen der viral gegangenen Rezepte im August gar zu einer Gurkenknappheit gekommen sein. Davon zeugen Berichte in isländischen Medien.

Supermärkte melden erhöhte Nachfrage nach Gurken

Auch Daten von Kronan, einem der grössten Supermärkte Islands, deuten auf eine Gurkenknappheit hin. Demnach seien Gurken in Läden im ganzen Land im August teilweise ausverkauft gewesen. Die Verkäufe hätten so rasch angezogen, dass die Läden sich nicht darauf hätten vorbereiten können, sagte Gudrun Adalsteinsdottir, CEO von Kronan, der «New York Times».

Auch Hagkaup, eine andere isländische Supermarktkette, gab an, im August mehr Gurken zu verkaufen. Die Verkäufe hätten sich mehr als verdoppelt, sagte Vignir Por Birgisson, verantwortlich für Lebensmittel bei Hagkaup, der BBC. Der isländische Verband der Gemüseproduzenten spricht ebenfalls von einer erhöhten Nachfrage. Die Produzenten der Gurken könnten nicht mithalten, sagte Kristin Linda Sveinsdottir, die Marketingdirektorin des Verbands.

Ob der Gurken-Hype auf Tiktok für den Engpass verantwortlich ist, ist jedoch nicht ganz klar. Sveinsdottir denkt, dass das viral gegangene Gurkenrezept ein Faktor sein könnte. «Es ist das erste Mal, dass wir so etwas erleben», sagte sie der BBC. Dass in den Supermärkten von Kronan und Hagkaup die Nachfrage nach anderen Zutaten aus den Rezepten wie Sesamöl oder Reisessig gestiegen sind, deutet auf einen Zusammenhang hin.

Doch Sveinsdottir nannte eine Reihe von weiteren Faktoren, die ebenfalls eine Rolle spielen könnten. So würden einige Produzenten zurzeit gerade ihre Pflanzen auswechseln. Diese müssten erst noch wachsen. Gleichzeitig beginne auch wieder die Schule, und deren Küchen würden grosse Bestellungen platzieren.

Spezielle Gemüseproduktion auf Island

Laut dem Verband der Gemüseproduzenten gibt es auch einen leichten Mangel an Kohlendioxid. Für die Produktion von Gurken und anderem Gemüse auf Island ist Kohlendioxid sehr wichtig. Das hängt mit den speziellen Anbaubedingungen auf der kargen und abgelegenen Insel zusammen. Das Gemüse wächst in Treibhäusern, wobei das Kohlendioxid die Pflanzen beim Wachstum unterstützt. Sechs Millionen Gurken werden so auf Island jedes Jahr geerntet.

Möglich ist das dank der grossen vulkanischen Aktivität in Island. Die daraus gewonnene geothermische Energie liefert Wärme und Strom für die Treibhäuser. Mitunter ist das Gemüse deshalb in den Supermärkten auf Island frischer als bei uns, da die Transportwege kürzer sind. Umgekehrt führt das dazu, dass ein Engpass nicht rasch mit zusätzlichen Importen aufgehoben werden kann.

Tiktok-Trends sind oft kurzlebig

Bereits in der Vergangenheit haben viral gegangene Rezepte für einen Engpass gesorgt. 2021 sorgte ein Rezept auf Tiktok für gebackenen Feta dafür, dass der Käse in den Vereinigten Staaten knapp wurde. Im selben Jahr wurde eine bestimmte Mayonnaise rar, weil sie eine Zutat für eine Reis-Bowl mit Lachs war, die auf Tiktok viral ging. Oft sind solche Trends und damit der Engpass nach kurzer Zeit aber wieder vorbei.

In der Schweiz muss man sich wohl keine Sorgen machen, dass die Gurken wegen des Tiktok-Trends knapp werden. Coop teilt auf Anfrage zwar mit, dass in den vergangenen Wochen eine deutliche Zunahme bei der Nachfrage nach Gurken verzeichnet worden sei, führt das allerdings auf das warme Wetter zurück. Und bei der Migros heisst es, es sei kein Einfluss auf die Gurkenverkäufe erkennbar. Die Gurke sei unabhängig von Influencern einer der beliebtesten Artikel im Sortiment. Bei Früchten und Gemüse sei die Gurke im letzten Jahr gar der meistverkaufte Artikel gewesen.

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